Vormarsch auf russisches Kursk: Kyjiw setzt Moskau unter Druck
Der ukrainische Präsident Selenskyi will den Krieg auf russisches Territorium verlegen. Russland reagiert mit Luftschlägen auf die Zivilbevölkerung.

Im Gebiet Cherson wurde eine Person getötet, elf weitere erlitten Verletzungen, teilte die zuständige Militärverwaltung mit. Bei einem Luftschlag gegen Kramatorsk wurden am Sonntagmorgen vier Menschen verletzt. Bereits am Samstag waren in Kramatorsk und zwei umliegenden Orten drei Menschen getötet worden. Auch im Rayon Kupjansk bei Charkiw starb am Samstag eine Person nach einem Luftangriff. Das Gebiet Saporischschja hat einen Toten und einen Verletzten an diesem Wochenende zu beklagen.
Auch aus Krywyj Rih und Poltawa wurden Luftangriffe gemeldet. Der Telegram-Kanal von strana.news zeigt Bilder der Ortschaft Tschassiw Jar, die durch den russischen Angriff der letzten Wochen praktisch dem Erdboden gleichgemacht wurde.
Zum ersten Mal hat Präsident Wolodymyr Selenskyi die ukrainische Offensive auf russischem Territorium öffentlich angesprochen. Kyjiw wolle den Krieg auf russisches Territorium verlagern, sagte er. Die Ukraine beweise, dass sie wirklich weiß, wie man Gerechtigkeit wiederherstelle. Man übe genau die Art von Druck aus, die bei einem Aggressor nötig sei, so Selenskyi. Im russisch besetzten Gorlivka sind bei einem Beschuss am Wochenende 14 Personen verletzt worden.
Ukraine macht offenbar etliche Kriegsgefangene
Auch das russische Kursk wurde mit Raketen angegriffen. Es habe Verletzte gegeben, aber glücklicherweise keine Toten, zitiert die russische rbc.ru Gouverneur Alexej Smirnow. Auf ukrainischen Kanälen sind Videos im Umlauf, die eine Einnahme der russischen Dörfer Oleshnya und Goncharovka im Bezirk Sudscha belegen sollen. Der Militärjournalist und Chefredakteur von Censor.net, Juri Butusow, postete auf seinem Telegram-Kanal ButusovPlus lachende ukrainische Soldaten, die in der russischen Ortschaft Guevo auf einer russischen Fahne herumtrampeln und gleichzeitig eine ukrainische Fahne hissen mit den Worten: „Ukrainische Verteidiger bringen Demokratie und Ordnung in das Dorf Guevo, Bezirk Sudscha, Volksrepublik Kursk.“
Russische Fahnen hätten auf „historischem ukrainischen Boden“ nichts zu suchen. Offensichtlich machte die Ukraine zahlreiche Kriegsgefangene. So zeigt der ukrainische Telegram-Kanal Trucha eine Gruppe russischer Kriegsgefangener, die gezwungen werden „Slawa Ukraini“ zu rufen.
Wenig berichtet wird über die Lage in der Atomstadt Kurtschatow, in der sich das AKW Kursk befindet. Die IAEO beobachte die Ereignisse um das AKW Kursk sehr genau, hatte ihr Chef Rafael Grossi am Freitag verlauten lassen. Ebenfalls am Freitag hatte die Stadtverwaltung von Kurtschatow auf ihrem Telegram-Kanal die Bevölkerung aufgerufen, keine Fotos „von der Arbeit der Flugabwehr“ zu machen, und auch Truppenbewegungen nicht zu fotografieren.
Spannungen zwischen Belarus und der Ukraine
Zudem verlieren auf beiden Seiten der Front immer mehr Menschen ihre Häuser und Wohnungen. So sollen alleine aus dem Gebiet Sumy 20.000 Menschen evakuiert werden, berichtet strana.news unter Berufung auf die Polizei auf seinem Telegram–Kanal. Und im Gebiet Kursk sind 76.000 Menschen evakuiert worden, schreibt die Novaja Gaseta auf ihrem Telegram-Kanal. Für viele von ihnen baut der russische Katastrophendienst Zeltstädte auf.
Unterdessen nehmen die Spannungen zwischen Belarus und der Ukraine wieder zu. Nachdem Diktator Alexander Lukaschenko noch Mitte Juli einen Rückzug von Truppen von der gemeinsamen Grenze angeordnet hatte, hat er nun erneut eine Verstärkung der belarussischen Truppen an der Grenze zur Ukraine angeordnet und eine Verlegung der ballistischen Iskander-Raketen in die Grenzregion befohlen. Ukrainische Drohnen seien in den Luftraum von Belarus eingedrungen, teilte Lukaschenko mit.
Das belarussische Außenministerium bestellte daraufhin die Geschäftsträgerin der ukrainischen Botschaft ein und überreichte ihr eine Protestnote. Derartige „kriminelle Handlungen“, so das Außenministerium in Minsk, könnten zu einer Eskalation der Lage führen. Belarus werde sein Recht zur Selbstverteidigung nutzen und angemessen reagieren.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!