Vorgezogene Wahl in Venezuela: Maduro will schnell gewählt werden
Die Verfassunggebende Versammlung beschließt eine Präsidentschaftswahl bis Ende April. Wichtige Oppositionelle dürfen nicht kandidieren.
In Venezuela hat die umstrittene Verfassunggebende Versammlung am Dienstag beschlossen, Neuwahlen zur Präsidentschaft bereits bis Ende April abzuhalten. Die Wahlen waren ursprünglich erst für die zweite Jahreshälfte vorgesehen. Der Nationale Wahlrat muss jetzt noch einen genauen Wahltermin bekannt geben. Unmittelbar nach der Entscheidung verkündete Staatschef Nicolás Maduro, er werde erneut für die Präsidentschaft kandidieren.
Die Verfassunggebende Versammlung, in der die Opposition nicht vertreten ist, war von der chavistischen Regierung unter Präsident Maduro installiert worden, als die regierende Sozialistische Einheitspartei Venezuelas Ende 2015 die Parlamentswahlen deutlich verloren hatte und die Opposition dort über eine Zweidrittelmehrheit verfügte.
Die Opposition hat diese Entmachtung des Parlaments nie anerkannt, sondern vielmehr versucht, über den verfassungsmäßigen Weg des Volksentscheids vorgezogene Neuwahlen zur Präsidentschaft zu erzwingen. Das hat die Regierung erfolgreich verhindert – und darüber auch die Opposition in der Frage gespalten, ob die Teilnahme an Wahlen überhaupt Sinn hat.
Bei den letzten Regionalwahlen konnte dann plötzlich trotz allgemeiner Krise in Venezuela wieder die Regierungspartei gewinnen. Wenn sie jetzt rasche Neuwahlen zur Präsidentschaft will, dann deshalb, weil sie sich stark genug fühlt, diese gegen eine zumindest in Teilen boykottierende Opposition zu gewinnen. Die hat außerdem keinen Kandidaten: Ihren bekanntesten Vertretern ist das passive Wahlrecht entzogen worden.
Vermittler ziehen sich zurück
Der Vorsitzende der Organisation Amerikanischer Staaten, Luis Almagro, verurteilte die geplanten Neuwahlen als „Farce“. „Um aus der Krise herauszukommen, brauche es freie Wahlen und ein glaubwürdiges Wahlsystem, Garantien für alle, internationale Beobachtung und keine politischen Gefangenen“, sagte Almagro. Auch die 14 Staaten der sogenannten Lima-Gruppe, die derzeit in Chile tagt, um über Venezuela zu sprechen, kritisierten die Entscheidung. Unter diesen Umständen genössen die Wahlen weder Legitimität noch Glaubwürdigkeit, hieß es aus der Staatengruppe, der unter anderen Argentinien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien und Mexiko angehören. Mexikos Vertreter in der Dominikanischen Republik, der dort auch als Vermittler bei Gesprächen zwischen der venezolanischen Regierung und Opposition tätig ist, erklärte, seine Regierung ziehe sich mit sofortiger Wirkung aus diesem Dialogprozess zurück.
In Venezuela selbst kontrolliert der Chavismus alle Instanzen – auch den Nationalen Wahlrat und den Obersten Gerichtshof. Und so werden die Wahlen wohl in den nächsten zweieinhalb Monaten tatsächlich stattfinden – faire Bedingungen hin oder her. Die auf diese Situation unvorbereitete Opposition kann so nicht gewinnen; Präsident Nicolás Maduro wird im Amt bestätigt werden. Venezuelas Krise aber wird das nicht beenden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht