Vorfall in Frankfurt am Main: AfD-Wahlkämpfer zieht Schusswaffe
Die Polizei ermittelt wegen eines Schusswaffeneinsatzes eines AfD-Wahlkämpfers in Frankfurt. Ein Zeuge berichtet von Todesdrohungen.
Die Junge Welt zitiert den Zeugen Güven O., der den AfD-Wahlkämpfer dazu aufgefordert habe, das Verteilen der Flyer zu unterlassen. „Ich werde dich erschießen“, habe der Mann daraufhin gedroht. Die taz konnte ebenfalls mit Güven O. sprechen. „Als ein Mann in meiner Siedlung Flyer verteilte, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung. Dann hat er eine scharfe Waffe gezogen, durchgeladen und auf mich gerichtet“, berichtet O. der taz.
Der Flyerverteiler habe ihm mit dem Tod gedroht und ihn als „Teufel“ beleidigt. „Ich fühle mich gar nicht gut. Das ist auch gar nicht möglich, wenn man in den Lauf einer Waffe eines richtig aggressiven Manns schauen musste“, so O. weiter.
Der taz liegt ein Handyvideo vor, auf dem die Beleidigungen zu hören sind, die Drohungen allerdings nicht, auch die Waffe ist nicht sichtbar. „Pack deine Waffe weg“, hört man O. auf dem Video sagen. Der Vorfall geschah am vergangenen Sonntag. Am nächsten Sonntag wird der Hessische Landtag gewählt, die AfD kommt in der letzten „HessenTrend“-Umfrage auf 12 Prozent.
Keine Pressemitteilung der Polizei
Der hessische AfD-Landesvorsitzende Robert Lambrou schildert den Vorfall anders. „Zu dem Vorfall am Sonntag wurde mir von einem AfD-Mitglied folgendes zugetragen, an dem ich keinerlei Zweifel habe“, sagt er gegenüber der taz. „Ein AfD-Wahlkämpfer, der selbst kein Mitglied der AfD ist, wurde beim Flyerverteilen von sehr aggressiven jungen Männern körperlich angegriffen. Aus Sicherheitsgründen ist der Mann berechtigt, eine Schusswaffe zu tragen, da er eine gefährdete Person ist. Um sich in Sicherheit zu begeben, hat er diese Schusswaffe gezeigt und dies zuvor mehrfach kommuniziert. Es stimmt nicht, dass der Mann Todesdrohungen ausgesprochen hat und jemandem eine Waffe an den Kopf gehalten hat.“
Lambrou weist zudem darauf hin, „dass es grundsätzlich gilt, das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten.“ Die berichteten Vorwürfe der Todesdrohung sowie der an den Kopf gehaltenen Waffe bezeichnet er dennoch als „ehrabschneidende, diffamierende Lüge, mit dem Ziel, der AfD zu schaden“.
Er verweist darauf, dass AfD-Wahlkämpfer immer wieder körperlich attackiert werden würden. Dies sei im Landtagswahlkampf bereits über fünf Mal geschehen und auf Politiker anderer Parteien zurückzuführen, die der AfD absprechen, eine demokratische Partei zu sein. „Das ist eine neue Eskalationsstufe.“ Das Polizeipräsidium Frankfurt am Main hat über den Vorfall nicht informiert. Auf eine Anfrage zu dem Thema reagierte die Polizei nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken