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Vorfall beim Fasching in VolkmarsenMann fährt in Karnevalszug

Beim Rosenmontagsumzug Volkmarsen fährt ein Mann in eine Menschenmenge. 52 Menschen werden verletzt. Die Polizei spricht von absichtliche Tat.

Im nordhessischen Volkmarsen ist ein Auto in einen Rosenmontagsumzug gefahren Foto: Uwe Zucchi/dpa

Volkmarsen dpa/taz | Im nordhessischen Volkmarsen ist ein Auto in einen Rosenmontagsumzug gefahren und hat dabei 51 Menschen verletzt. Die Polizei geht davon aus, dass der Fahrer sein Auto absichtlich in die Menge steuerte. Hinweise auf eine politisch motivierte Straftat lagen aber zunächst nicht vor.

Ein Sprecher der hessischen Innenministeriums sagte am Montagabend, ein Anschlag könne nicht ausgeschlossen werden „aufgrund der Situation vor Ort“. Zuvor hatte ein Polizeisprecher in Volkmarsen gesagt: „Wir gehen nicht von einem Anschlag aus. Wir gehen von einem vorsätzlichen Tatgeschehen aus.“ Der ebenfalls verletzte Fahrer wurde festgenommen, er ist nach Informationen der Ermittler deutscher Staatsbürger, 29 Jahre alt und kommt aus Volkmarsen.

Laut der Polizei sind unter den 52 Verletzten 17 Kinder. Insgesamt 35 Menschen waren am Dienstagmorgen noch in stationärer Behandlung.

Zu den Hintergründen gab es zunächst keine Informationen. Nach den bisherigen Erkenntnissen des hessischen Innenministeriums fuhr der Mann mit hoher Geschwindigkeit. Aus Sicherheitskreisen heißt es, der Fahrer sei nach ersten Erkenntnissen den Behörden nicht als Extremist bekannt. Allerdings war der Mann der Polizei in der Vergangenheit durch Beleidigung, Hausfriedensbruch und Nötigung aufgefallen. Laut hessischem Innenministerium war er am Montag nicht vernehmungsfähig

Polizeipräsenz in ganz Hessen verstärkt

Am Montagabend sprach CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer den Betroffenen ihr Mitgefühl aus. „Meine Gedanken & Gebete sind bei den Verletzten des schlimmen Vorfalls in Volkmarsen. Ich wünsche allen Verletzten eine schnelle Genesung“, schrieb Kramp-Karrenbauer bei Twitter. „Ich habe Vertrauen darin, dass die Polizei die Hintergründe schnell aufklärt. Mein Dank gilt allen Helfern vor Ort, die im Einsatz sind.“

Die Polizei war nach dem Vorfall mit einem großen Aufgebot vor Ort. Es wurde umgehend eine „Besondere Aufbauorganisation“ im Polizeipräsidium Frankfurt eingesetzt, von dort wird die Lage geführt. Aus Sicherheitsgründen sollten am Montag keine weiteren Faschingsumzüge mehr stattfinden. Die polizeiliche Präsenz wurde hessenweit verstärkt.

Bereits kurz nach dem Vorfall kursierten angebliche Fotos des Fahrers. Die Polizei warnte vor deren Verbreitung. „Bei der abgebildeten Person handelt es sich definitiv nicht um den Täter“, schrieb die Polizei Nordhessen am späten Montagabend bei Twitter über ein Foto, das den Angaben zufolge kursierte. „Teilen Sie keine Falschnachrichten!“

Die Zeitung Hessische/Niedersächsische Allgemeine berichtet, Zeugen hätten geschildert, dass der Fahrer die Absperrung umgangen habe und dann mit Vollgas auf die Menschenmenge zugerast sei. Die Zeugen hätten den Eindruck gehabt, dass der Fahrer es vor allem auf Kinder abgesehen hatte. Von der Polizei gab es dazu keine Angaben.

Ein Zeuge berichtete laut Bild-Zeitung, erboste Menschen seien am Tatort mit erhobenen Fäusten auf den Fahrer zugelaufen, die Polizei habe ihn schützen müssen.

Weitere Festnahme

Unklar blieb zunächst, was es mit einer weiteren Festnahme auf sich hatte. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen soll der zweite Festgenommene hinter dem Auto gefilmt haben. Demnach war aber noch unsicher, ob als Schaulustiger oder ob er eingeweiht war.

Das Polizeipräsidium Frankfurt bezeichnete die Absage der laufenden Umzüge als Vorsichtsmaßnahme. Wie viele Umzüge betroffen seien, sei derzeit unklar. Ob die für morgen geplanten Veranstaltungen im Straßenkarneval stattfinden können, sei noch nicht entschieden, sagte ein Sprecher.

Unterdessen soll der beliebte Frankfurter Fastnachtszug im Stadtteil Heddernheim („Klaa Paris“) am Faschingsdienstag dennoch starten. Der Vorstand habe einstimmig beschlossen, „wir werden Fastnacht feiern“, sagte der Vorsitzende der Zuggemeinschaft, Ulrich Fergenbauer, am Montag dem „Hessischen Rundfunk“.

Bereits am Sonntag gab es einen Zwischenfall

Die Polizei Nordhessen hat nach dem Zwischenfall ein Hinweisportal eingerichtet. Man appelliere an alle, die Bilder und Videos aus Volkmarsen haben, sich mit Spekulationen zurückzuhalten und keine dieser Aufnahmen zu verbreiteten, teilte die Polizei Nordhessen am Montag auf Twitter mit.

Volkmarsen ist eine Kleinstadt im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg mit rund 6800 Einwohnern. Sie ist rund 30 Kilometer von Kassel entfernt.

Bereits am Sonntag hatte es nach Angaben der örtlichen Feuerwehr einen Zwischenfall bei einer Karnevalsveranstaltung in einer Halle in Volkmarsen gegeben: Wegen eines Feueralarms seien der Veranstaltungsort geräumt und der betroffene Bereich kontrolliert worden, schrieb die Feuerwehr auf Facebook. Der Grund für den Alarm sei nicht feststellbar gewesen, anschließend sei die Veranstaltung nach einer kurzen Unterbrechung fortgesetzt worden. Ob es einen Zusammenhang zwischen den Vorfällen gibt, ist unklar.

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6 Kommentare

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  • Hessen kommt derzeit irgendwie gar nicht mehr zur Ruhe. Gut möglich, dass man den Mann an Ort und Stelle gelyncht hätte, wenn die Polizei nicht so schnell vor Ort gewesen wäre.



    Hessen ist vermutlich nicht umsonst das letzte Bundesland gewesen, das die Todesstrafe aus seiner Landesverfassung genommen hat. Das war im Jahre 2018 (!)

    de.wikipedia.org/w..._des_Landes_Hessen

    • @Rainer B.:

      Der wäre auch in jedem anderen Bundesland fast gelyncht worden.

      • @Sven Günther:

        „Fast gelyncht“ ist wie „ein bisschen schwanger“ geworden (,-))

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Ach ja, der tumbe Hesse. Vor allem die aus dem Norden. Uij juij juij. Ich mag Klischees.

      • @80576 (Profil gelöscht):

        Das wundert mich bei Ihnen doch auch gar nicht. Wo wollen Sie denn bei mir was von „der tumbe Hesse“ gelesen haben? Ich hab viele Freunde in Hessen, aber „tumb“ ist von denen keiner.

    • @Rainer B.:

      Hmm, der schrille Todesstrafenartikel ist zum Glück Geschichte.



      Andererseits steht in der Landesverfassung immer noch der Sozialisierungsartikel 41 (Roland Kochs Schwarzgeld-CDU wollte den schon abschaffen). Die LV von 1946 ist insgesamt eher progressiv-sozialdemokratisch geprägt.



      de.wikipedia.org/w..._des_Landes_Hessen