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Vor dem Start der Tour de FranceAuf die alte Tour

In Kopenhagen startet am Freitag die Frankreich-Rundfahrt. Die Vorfrede ist groß – wäre da nicht eine Razzia beim Radteam Bahrain Victorious.

Dänische Radsportfans bejubeln die Fahrer von Bahrain-Victorious Foto: Daniel Cole/dpa

Ohne Superlative kommt die Menschheit nicht aus. „Das größte Radrennen der Welt kommt zur weltgrößten Radsportnation. Das ist fantastisch“, sagte Kopenhagens Bürgermeisterin Sophie Hæstorp Andersen auf der Bühne des Kopenhagener Tivolis während der Präsentation der Tour-de-France-Teams vor einem ekstatischen Publikum. Natürlich wurde sie dafür gefeiert. Erst recht, als sie noch einmal den Bewerbungsspruch ihrer Stadt für die Ausrichtung des Grand Departs unter die Massen brachte: „Für uns Kopenhagener ist Rad fahren nicht nur ein Sport oder eine Möglichkeit, von A nach B zu kommen, sondern ein Lebensstil.“

Neben ihr strahlte durch die gelbe Coronamaske Tour-Chef Christian Prudhomme wie ein Honigkuchenpferd. Denn die allgemeine Begeisterung bestätigte ihn. Den Grand Depart nach Kopenhagen zu geben war, wenn man allein das Applausometer zum Maßstab macht, die genau richtige Entscheidung.

Einen Tag später, am Donnerstagmorgen um 5.30 Uhr geschah im Kopenhagener Stadtteil Brøndby allerdings etwas, das die Begeisterung von Prudhomme deutlich gedämpft haben dürfte. Die Polizei durchsuchte die Hotelzimmer und Autos vom Team Bahrain Victorious. Grund für die frühe Störung sei eine Anfrage der französischen Polizei gewesen, erklärten die dänischen Kollegen.

Das Team teilte mit, man habe vollständig mit den Behörden kooperiert und es seien keine Gegenstände beschlagnahmt worden. Bereits am Montag räumte Bahrain Victorious polizeiliche Durchsuchungen von Wohnungen von Fahrern und Teammitgliedern ein. Laut Europol fanden sie in drei Ländern statt.

Während der Präsentation der Fahrer am Tivoli schienen die finsteren Zeiten des Radsports dagegen ferner denn je. Die dänischen Radsportler wurden natürlich besonders gefeiert. Magnus Cort Nielsen, Etappenjäger in Diensten des US-amerikanischen Rennstalls EF, heizte die Massen noch mit lustigen Sprüchen an. Altmeister Jakob Fuglsang wurde mit Sprechchören empfangen.

Überwältigende Stimmung

Und als Jonas Vingegaard, letztes Jahr Tour-Zweiter, mit seinem Team Jumbo-Visma einrollte, löste er eine Woge der Begeisterung aus. Angetreten mit Schutzmaske, riss sich der 25-Jährige das lästige Textil aus dem Gesicht. Die Augen waren feucht vor Rührung. Und dass er kaum einen geraden Satz herausbringen konnte – außer, dass er sich freue, hier zu sein –, nahm ihm niemand übel. Vingegaard, Teil der Jumbo-Doppelspitze mit dem Tour-de-France-Zweiten von 2020 Primož Roglič, war einfach von der Stimmung überwältigt. Und mit ihm waren es die Abertausende vor der Bühne.

Man wird sehen, wie weit ihn die Begeisterung trägt. Er und Roglič sind die härtesten Herausforderer von Titelverteidiger Tadej Pogacar. Sie haben das stärkere Team an ihrer Seite. In Pogacars Lager sorgte Corona schon für Alarmstimmung. Aus dem Touraufgebot wurde im letzten Moment der positiv getestete Italiener Matteo Trentin herausgenommen. Ihn ersetzt der gerade genesene Schweizer Marc Hirschi.

Auch der von einer Covid-Infektion freigetestete Däne Mikkel Bjerg gehört zu seinem Team. Die Helferriege ist also angeschlagen. Bei Jumbo-Visma traf das bisher nur den Sportlichen Leiter Merijn Zeeman. „Corona hat leider auch mich erwischt. Keine andere Möglichkeit, als das Team bei der Tour hinter meinem Laptop zu begleiten, bis ich vollständig genesen bin“, twitterte er.

Immerhin müssen die Teams nicht mehr fürchten, dass sie bei zwei positiven Fällen im Kader automatisch aus dem Rennen genommen werden. In dem Wettstreit zwischen Gesundheitsvorsorge und wirtschaftlichen und sozialen Aspekten setzte sich beim Weltverband UCI Team Risiko durch. Die neuen Hygieneregeln sehen zwar mehr Tests während des Rennens vor. Verpflichtend sind Tests alle drei Tage statt vorher nur jeweils an den Ruhetagen, empfohlen wird ein Test täglich. Positiv Getestete können bei Symptomfreiheit und nach Entscheidung von Rennarzt und UCI aber sogar im Rennen bleiben.

Diese Entscheidung war schwer umstritten in der medizinischen Kommission der UCI. Denn sie nimmt eine Ansteckungsgefährdung im Peloton in Kauf. Zugleich weist die Entscheidung aber auch den Weg, Corona aufgrund der in letzter Zeit leichteren Verläufe und der hohen Impfquote eher als normale Krankheit zu begreifen und nicht mehr als tödliche Bedrohung. Ob das pragmatisch ist oder unverantwortlich, wird die Zukunft zeigen.

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