Vor dem Referendum in Griechenland: Varoufakis spricht von „Terrorismus“
Vor der Abstimmung über den weiteren Kurs der griechischen Regierung ist das Land gespalten. Syriza kämpft um die Nein-Stimmen gegen die Gläubiger.

Ministerpräsident Alexis Tsipras am Freitag Abend in Athen. Foto: reuters
ATHEN afp | Einen Tag vor dem Referendum in Griechenland hat Finanzminister Giannis Varoufakis den internationalen Geldgebern „Terrorismus“ vorgeworfen. „Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen – Terrorismus“, sagte Varoufakis der spanischen Zeitung „El Mundo“ vom Samstag.
Auch Ministerpräsident Alexis Tsipras warf den Europartnern vor, seine Landsleute zu „terrorisieren“. In Umfragen zeigten sich die Griechen gespalten in zwei nahezu gleich große „Ja“- und „Nein“-Lager.
„Warum haben sie uns gezwungen, die Banken zu schließen? Um Angst unter den Leuten zu schüren“, sagte Varoufakis „El Mundo“. „Und wenn es darum geht, Angst zu verbreiten, dann nennt man dieses Phänomen Terrorismus.“ Mit Blick auf die Volksabstimmung am Sonntag sagte der Minister, die internationalen Geldgeber wollten, „dass das ‚Ja‘ gewinnt, damit sie die Griechen weiter erniedrigen können“.
Ministerpräsident Tsipras warb am Freitagabend bei einer Kundgebung vor dem Parlament in Athen erneut für ein „Nein“ zu den Forderungen der Gläubiger. „Wir entscheiden am Sonntag nicht nur darüber, in Europa zu bleiben“, sagte er vor rund 25.000 Menschen. „Wir entscheiden über ein Leben in Europa in Würde.“ Die Bürger sollten „Nein zu Ultimaten sagen und denjenigen den Rücken zuwenden, die euch terrorisieren“, sagte der linke Ministerpräsident.
Patt in den Umfragen
Nur wenige hundert Meter von der „Nein“-Kundgebung entfernt demonstrierten am Freitagabend in Athen 22.000 Menschen für ein „Ja“ zu den Vorschlägen der Geldgeber Griechenlands. Sie fürchten im Fall eines „Nein“ den Bankrott des Landes. Zuvor hatte das Oberste Verwaltungsgericht des Landes das Referendum gebilligt. Die Griechen können damit am Sonntag über die Reformforderungen der Gläubiger abstimmen. Das Votum gilt vielen auch als Abstimmung über Griechenlands Zukunft in der EU und im Euro.
Die elf Millionen Einwohner Griechenlands sind Umfragen zufolge praktisch gleichmäßig geteilt zwischen „Ja“ und „Nein“. Eine Umfrage von GPO ergab 44,1 Prozent für „Ja“ und 43,7 Prozent für „Nein“, während laut einer Alco-Umfrage 44,5 Prozent für die Annahme der internationalen Vorschläge sind und 43,9 Prozent dagegen. Die „Ja“-Seite hat dazugewonnen, da seit Montag die Banken weitgehend geschlossen und Abhebungen begrenzt worden sind.
Varoufakis wies am Samstag einen Zeitungsbericht über die Einführung einer Zwangsabgabe für Kontoinhaber zurück. Bei dem Bericht der „Financial Times“ handle es sich um ein „böswilliges Gerücht“, erklärte Varoufakis. Die britische Zeitung hatte berichtet, Bürgern mit mehr als 8000 Euro Guthaben könnte eine Zwangsabgabe zur Stützung der Banken drohen. Im Gespräch sei eine Abgabe von mindestens 30 Prozent der Einlagen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Banker und Geschäftsleute. In Zypern war angesichts der drohenden Staatspleite 2013 ebenfalls eine Zwangsabgabe für Sparer eingeführt worden.
Wie es nach dem Referendum weitergeht, ist offen. Im Fall eines Siegs für das „Ja“-Lager könnte die Regierung zurücktreten und das Land auf Neuwahlen zusteuern. Ob es im Fall einer Mehrheit für ein „Nein“ neue Verhandlungen gibt, ist unklar. Während Tsipras im diesem Fall hofft, gestärkt zurück in die Verhandlungen mit den Geldgebern zu gehen, warnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, ein „Nein“ werde die „griechische Position deutlich schwächen“.
Leser*innenkommentare
bouleazero
Am Anfang wars mir fast egal, aber jetzt steht mein Entschluss fest: "Ja"
Pfanni
„Terrorismus“ – Kleiner geht’s wohl nicht?
Wenn einer nur noch „starke Worte“ zu bieten hat, dann zeigt er damit nur, dass er ansonsten am Ende ist.
Mit Terroristen verhandelt man nicht, das ist doch bekannt.
Also erklärt Herr Varoufakis die derzeit unterbrochenen Verhandlungen für beendet, und das, obwohl sein Chef Tsipras noch gestern eine „sofortige Wiederaufnahme der Verhandlungen“ gefordert hatte.
Was gilt denn nun?
Ash
@Pfanni Zuspitzung ist ein rhetorisches Stilmittel. Es dient nicht der Sachlichkeit, aber der Verständlichkeit und darauf kommt es in dem vorliegenden Fall an. Varoufakis ist nicht am Ende sondern weiß wie er verständlich ausdrückt.
Questor
Sie meinen wenn die Bild von den "Pleite-Griechen" spricht und ihnen allen "Faulheit" diagnostiziert dann ist das keine billige Hetze sondern eine Zuspitzung, ein rhetorisches Stilmittel und dient der Verständlichkeit?
Für mich ist die Bild immer ein populistisches Hetzblatt gewesen und Varoufakis... naja, spätestens jetzt ein populistischer Hetzer
anton philips
wer nimmt diese Clown und seine unseriöse verbale randalen noch war?
Er führt mit diese Unsinn sein Land ins Ruine - unnötige Weise.
Ash
Varoufakis macht keinen Unsinn. Er verwenndet krasse Worte, um seinen Standpunkt deutlich zum Ausdruck zu bringen. Der Sachlichkeit dient dies nicht, aber er artikuliert damit unmissverständlich seinen Standpunkt. Seine Wortwahl entspricht dem, was in Rhetorik-Seminaren gelehrt wird.
Und nur mal so am Rande: Griechenland ist seit Jahren in der Krise und steht ständig kurz vor dem Kollaps. Syriza ist erst seit kurzem an der Macht, das heißt das Land haben ganz andere in den Ruin getrieben. Mitverantwortlich dafür ist in jedem Fall die Sparpolitik (Austerität), die bisher betrieben wurde. Diese Sparpolitik weiter zu betreiben ist also völlig hirnrissig.
Peter Meisel
Die Neo-liberale Wende hat leider auch zum Verlust der humanistischen Bildung geführt. Sonst wüssten
die Medien die griechischen Erkenntnisse der Antike besser zu schätzen.
Es gibt heute noch den HOMER mit der ILIAS und der Odyssee. Der Kampf um Troja und die fantastischen
Irrfahrten des Odysseus sind nicht nur die ältesten Epen Europas, sie faszinieren bis heute durch die Virtuosität,
mit der sie zeitlose menschliche Fragen in Handlung verwandeln.
Die Ilias
"Singe den Zorn, o Göttin des Peliaden Achilles,
Ihn, den entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte"
folgt das Ende des des mächtigen Troja und die Odyssee:
"Hör, Kyklope! Sollte dich einst von den sterblichen Menschen
Jemand fragen, wer dir dein Auge so schändlich geblendet;
Sag' ihm: Odysseus, der Sohn des Laertes, der Städteverwüster," https://www.dropbox.com/s/8sqyde2gv1gdh8l/Screenshot%202015-07-04%2016.40.51.png?dl=0
Kairos (griechisch Καιρός) ist ein religiös-philosophischer Begriff für den günstigen Zeitpunkt einer Entscheidung, dessen ungenütztes Verstreichen nachteilig sein kann.
Europa Werte-Gmeinschaft sind welche Werte?
Ich wünsche Europa viel Glück und einen Herkules, der den Augias Stall säubert!
Trango
@Peter Meisel Diese schwärmerische Sicht auf Griechenland liest man derzeit alle Tage. Das Griechenland des Perikles liegt allerdings 2.500 Jahre zurück, das der Militärjunta erst 40 Jahre...
Reinhold Schramm
Nein, zum kapital-imperialistischen Terrorismus der herrschenden Finanz- und Monopolbourgeoisien und deren EU-Administrationen -- im 21. Jahrhundert -- in EU-Europa!
Es handelt sich um (modernisierten) sozial- und gesellschaftspolitischen Terrorismus. Wirtschafts-Terrorismus der EU-Administrationen der Wohlstands-, Reichtums und Wirtschaftsmetropolen. Nicht nur gegen die Werktätigen und Armen Griechenlands, sondern auch gegen die Werktätigen, Arbeitslosen und Armen Spaniens, Bulgariens, Rumäniens. Aber auch gegen die Erwerbslosen (ca. 2,7 Mio.) und differenzierten Opfer im deutschen Hartz-IV-Strafvollzug (mehrere Mio.) und vielen Millionen Armen (ca. 17 % der Bevölkerung) in der Bundesrepublik Deutschland.
Der EU-Administration der differenzierten europäischen Bourgeoisie und Aktionäre, ihnen geht es nicht um (fortschrittliche) sozialpolitische, bildungs- und gesellschaftspolitische Reformen, sondern um weiteren massiven Sozialabbau in Europa. Es geht ihnen auch nicht um die Auslieferung der griechischen Steuerhinterzieher und Reichtumsflüchtlinge, u. a. aus Großbritannien/London, Germania/Berlin oder der Schweiz. Hier steht die materiell gut-geschmierte EU-Administration auf deren Seite: Jacke wie Hose, Buckeln nach oben und zertreten nach unten; so in Brüssel, London, Paris oder Berlin.
Die demokratischen und werktätigen Völker in der Europäischen Union müssten sich von diesen Kapital-, Monopol-, Überwachungs-, Konzern- und Bankenvertretern nachhaltig lösen und ihre eigene sozial-ökonomische und sozial-ökologische Agenda -- für progressive Reformen -- auf die europäische Tagesordnung setzen. Für eine nachhaltige Umverteilung des von der Mehrheit der Bevölkerungen erwirtschafteten materiellen Reichtums, von oben nach unten!
Lowandorder
Korrekt -
Auf einen groben Klotz - gehört ein
Grober Keil!
Varoufakis befindet sich damit in
bester Gesellschaft!
Es war kein geringerer als
Willy Brandt - der angesichts der
schwarz-braunen AxelSpringer getunten
Kampagnen gegen - vor allem ihn -
(auch der braun-unverdächtige O'l Conny hatte schon
auf dem Klavier erfolgreich gespielt -
"Brandt - oder Frahm!")
Ja - Willy wars - der angesichtsdessen
die Parole ausgab:
" Jetzt wird notfalls - Geholzt!"*
Ein mindestens ebenso lautstarker
Schleimaufschrei wie damals -
Steht heute zu erwarten -
Nur weil endlich mal mit dickem Stift
klargestellt wird -
Was Sache ist!
Massel tov!
(ps*ich habe noch gut das Protestgejammer
meiner weichgespülten Prof-combo im Ohr;
Pseudodemokraten - die gleichzeizig beim
Bund Freiheit der Wissenschften - ihr
eklig-bräunlich Pfründesüpplein köchelten!)
Hie wie da - Asoziales Rat Pack!