Vor dem Bundesliganeustart: Diener des Fußballs
Die Bundesliga bereitet sich auf die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor. Die Politik ist zu Diensten – wie immer, wenn der Fußball ruft.
D ie Bundesliga macht sich bereit. Möglichst bald soll der Ball wieder rollen. Ohne Zuschauer im Stadion, versteht sich. Die Fernsehfans sollen versorgt werden, damit die Millionen der Rechteverwerter in die Klubhaushalte fließen können. Es gibt ein ausgeklügeltes Hygienekonzept, das vorsieht, dass nicht mehr als 300 Leute ein Stadion betreten, wenn ein Spiel ansteht. Es sollen keine Hände geschüttelt werden und die Spieler sollen vorsorglich getestet werden. Hört sich gut an, oder?
Die Politik jedenfalls ist begeistert, auch wenn das Robert-Koch-Institut es eigentlich gar nicht witzig findet, dass dem Profifußball hier Privilegien zuteil werden. Über die Bewegtbildschleuder der Bild-Zeitung haben die Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen beinahe schon hochheilig versprochen, dass am 9. Mai wieder gespielt werden kann.
Dieses Vorpreschen von Markus Söder und Armin Laschet ist nicht allein mit einer ihrer üblichen populistischen Anwandlungen zu erklären. Natürlich inszenieren sie sich als diejenigen, die dem Volk sein liebstes Spiel zurückgeben wollen. Doch da ist noch mehr. Die Politik ist eng verwoben mit dem Profifußball. Politiker von heute und einst besetzen Stühle in wichtigen Klubgremien. Bayerns ehemaliger Landeschef Edmund Stoiber sitzt im Aufsichtsrat des FC Bayern, Digitalministerin Dorothee Bär ist im selben Klub im Verwaltungsbeirat.
Politiker, die Volksnähe zeigen wollen, schmusen traditionell mit dem Fußball. Angela Merkel lässt sich in der Kabine der deutschen Nationalmannschaft fotografieren. Politiker, die Verantwortung übernehmen wollen im Fußball, müssen sich um einen Posten bei einem Klub nicht groß bemühen. Die Klubs wissen, was sie an den Politiker haben. Der ehemalige Grünen-Chef Cem Özedmir könnte bald in den Aufsichtsrat des VfB Stuttgart einziehen. Und FDP-Chef Christian Lindner, der am Dienstag via Twitter seine Vorfreude auf den Bundesliganeustart zum Ausdruck gebracht hat, ist bei Borussia Dortmund Mitglied des Wirtschaftsrats.
Es wäre naiv, von der Politik zu erwarten, dass sie dem Fußball auf die Finger klopft, dass sie die Liga ausbremst in ihren Restart-Fantasien. Politik und Fußball sind zu sehr verzahnt. Der Fußball will eine Extrawurst. Er wird sie bekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist