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Vor dem BundesliganeustartDiener des Fußballs

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Die Bundesliga bereitet sich auf die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor. Die Politik ist zu Diensten – wie immer, wenn der Fußball ruft.

Hier kommt nur der Schal ins Stadion: Die Bundeliga startet und die Politik ist begeistert Foto: Uwe Anspach/dpa

D ie Bundesliga macht sich bereit. Möglichst bald soll der Ball wieder rollen. Ohne Zuschauer im Stadion, versteht sich. Die Fernsehfans sollen versorgt werden, damit die Millionen der Rechteverwerter in die Klubhaushalte fließen können. Es gibt ein ausgeklügeltes Hygienekonzept, das vorsieht, dass nicht mehr als 300 Leute ein Stadion betreten, wenn ein Spiel ansteht. Es sollen keine Hände geschüttelt werden und die Spieler sollen vorsorglich getestet werden. Hört sich gut an, oder?

Die Politik jedenfalls ist begeistert, auch wenn das Robert-Koch-Institut es eigentlich gar nicht witzig findet, dass dem Profifußball hier Privilegien zuteil werden. Über die Bewegtbildschleuder der Bild-Zeitung haben die Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen beinahe schon hochheilig versprochen, dass am 9. Mai wieder gespielt werden kann.

Dieses Vorpreschen von Markus Söder und Armin Laschet ist nicht allein mit einer ihrer üblichen populistischen Anwandlungen zu erklären. Natürlich inszenieren sie sich als diejenigen, die dem Volk sein liebstes Spiel zurückgeben wollen. Doch da ist noch mehr. Die Politik ist eng verwoben mit dem Profifußball. Politiker von heute und einst besetzen Stühle in wichtigen Klubgremien. Bayerns ehemaliger Landeschef Edmund Stoiber sitzt im Aufsichtsrat des FC Bayern, Digitalministerin Dorothee Bär ist im selben Klub im Verwaltungsbeirat.

Politiker, die Volksnähe zeigen wollen, schmusen traditionell mit dem Fußball. Angela Merkel lässt sich in der Kabine der deutschen Nationalmannschaft fotografieren. Politiker, die Verantwortung übernehmen wollen im Fußball, müssen sich um einen Posten bei einem Klub nicht groß bemühen. Die Klubs wissen, was sie an den Politiker haben. Der ehemalige Grünen-Chef Cem Özedmir könnte bald in den Aufsichtsrat des VfB Stuttgart einziehen. Und FDP-Chef Christian Lindner, der am Dienstag via Twitter seine Vorfreude auf den Bundesliganeustart zum Ausdruck gebracht hat, ist bei Borussia Dortmund Mitglied des Wirtschaftsrats.

Es wäre naiv, von der Politik zu erwarten, dass sie dem Fußball auf die Finger klopft, dass sie die Liga ausbremst in ihren Restart-Fantasien. Politik und Fußball sind zu sehr verzahnt. Der Fußball will eine Extrawurst. Er wird sie bekommen.

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Andreas Rüttenauer
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3 Kommentare

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  • Ich muss leider sagen, dass ich kein großer Freund davon bin, dass die Meinung vom Robert Koch Institut auf diese Art und Weise missachtet wird.

    Hier werden neue Verbreitungswege geschaffen, die gerade in einer Krise wie dieser, schnell zu einer zweiten Welle führen können.

    Bisher sind wir täglich auf einem neuen Höhepunkt, was die aktuellen Infektionszahlen angeht. Dementsprechend sollte weiter so vorsichtig wie möglich vorgegangen werden. Hier wird mit Leben gespielt. Ich glaube nicht, dass jemand bereit ist, Teile der Verwandtschaft zu opfern, nur weil der ein oder andere wieder Fußball schauen möchte.

  • Wenn sie denn unbedingt wollen. Aber die Fläche auf der sie verkaufen wollen, darf 800qm nicht überschreiten.

  • Die angesprochenen Verbindungen zwischen Politikern und Fußballinstitutionen stimmen und sind definitiv kritisierbar. Trotzdem finde ich es falsch, von einer "Extrawurst" oder "Privilegien" zu sprechen.

    Nüchtern betrachtet sind (zumindest die meisten) Fußballvereine der höheren Ligen sowie die DFL Wirtschaftsunternehmen und Arbeitgeber. Das einzige, was sie von Automobilkonzernen, IT-Dienstleistern usw. unterscheidet ist das angebotene Produkt - Unterhaltung in Form von Fußball (was natürlich von diversen Fanszenen kritisiert wird, Stichwort Kommerzialisierung, aber halt der Realität entspricht).







    Warum sollten Automobilunternehmen ihre physische Produktion unter Sicherheitsvorkehrungen wieder aufnehmen dürfen, aber Fußballvereine ihr Produkt nicht wieder anbieten dürfen? Für die beteiligten Personen (Spieler, Mitarbeiter der Fernsehsender usw.) gelten strenge Hygienevorschriften und das Risiko, am Virus zu erkranken, ist nicht höher (wahrscheinlich sogar geringer) als anderswo.

    Einzig möglicher Kritikpunkt wäre, dass durch den Fußball Testkapazitäten in Anspruch genommen würden, die dann anderswo fehlen. Dies ist aber laut diversen Experten und den betroffenen Laboratorien nicht der Fall. Hier finde ich es journalistisch äußerst nachlässig (tendenziös?), als einzige Quelle das RKI anzuführen. Warum die Einschätzung des RKI relevanter sein sollte, als die der betroffenen Institutionen, erschließt sich mir nicht. Kennt das RKI die Kapazitäten und die Auslastung besser als die Laboratorien? Wohl kaum. Zudem wäre es kein Problem, bei einem steigenden Bedarf an Tests, die Ligen wieder zu pausieren.

    Eine halbwegs objektive Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile einer Wiederaufnahme der Bundesligen sieht anders aus. Nicht die Empfehlungen der Politiker, sondern dieser Kommentar ist Populismus.