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Vor Sparpaket-Abstimmung in GriechenlandGeneralstreik angekündigt

Am Mittwoch soll das Parlament über das neue Sparpaket abstimmen. Die Opposition – Konservative wie Kommunisten – glaubt nicht, dass Europa den Geldhahn zudreht.

Nein zum Sparpaket: So denken viele. Doch kann dann der Staatsbankrott verhindert werden? Bild: dapd

ATHEN taz | Aufruhr in Athen: Am Dienstag und Mittwoch rufen die Gewerkschaften zu einem zweitägigen Generalstreik auf, während Demonstranten das Parlament umzingeln und damit verhindern wollen, dass die Regierung ein neues Sparpaket beschließt. 78 Milliarden will sie damit zwischen 2012 bis 2015 sparen.

Nach bisher von Finanzminister Evangelos Venizelos veröffentlichten Details zum Sparprogramm sollen die Griechen je nach Einkommensklasse eine Solidaritätssteuer von einem bis vier Prozent des Jahreseinkommens zahlen.

Freiberufler wie Rechtsanwälte, Klempner oder Elektriker werden außer den normalen Steuern zusätzlich 300 Euro an den Staat zahlen müssen. Betroffen sind davon rund 550 000 Menschen. Insgesamt ist es wegen der grassierenden Steuerhinterziehung schwer zu ermessen, wer wie sehr von den Steuererhöhungen betroffen sein wird. Der Steuerfreibetrag soll von bisher 12 000 Euro auf 8000 Euro gesenkt werden, und Hausbesitzer eine Extra-Immobiliensteuer zahlen, sobald ihr Besitz mehr als 200 000 Euro wert ist.

Opposition glaubt nicht, dass Europa ernst macht

Die Annahme des Sparpakets gilt als Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche von EU und IWF in Höhe von zwölf Milliarden Euro noch im Juli. Die auflagenstärkste griechische Sonntagszeitung Proto Thema glaubt daran aber nicht. Es sei ein abgekartetes Spiel, wenn die Troika dies fordere, schrieb sie. Schließlich wollten die Europäer vor allem sich selbst und ihren Banken helfen. Aus diesem Grund liege eine schnelle Auszahlung in ihrem eigenen Interesse.

Diese Auffassung breitet sich aus, mit Unterstützung linker Splitterparteien, aber auch der konservativen Opposition: Trotz Schelte von europäischen Schwesterparteien lehnt Oppositionsführer Antonis Samaras neue Sparmaßnahmen weiter ab und fordert stattdessen Steuererleichterungen für den Mittelstand.

Bankrott und Balkanisierung des Landes

Die Gegenmeinung ist gleichermaßen stark vertreten: Die Alternative zum Sparprogramm sei der Bankrott und die Balkanisierung des Landes, warnt der sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou, der mittlerweile politische Unterstützung auch bei einzelnen Abgeordneten des konservativen Lagers zu finden scheint. Doch zunächst muss er die eigenen Reihen schließen. Noch verfügt er über eine Fünfstimmenmehrheit im Parlament, aber mindestens zwei Abgeordnete der regierenden Sozialisten haben deutlich signalisiert, dass sie am Mittwoch nicht für das neue Sparpaket stimmen würden. Weitere Volksvertreter äußern Bedenken, etwa gegen Privatisierungen von Staatsbetrieben in ihrem Wahlkreis.

Bis zur Abstimmung am Mittwoch sollen alle Abweichler einer "Massage" unterzogen werden, wie es im Parteijargon der griechischen Sozialisten heißt. Mit anderen Worten: Etablierte Parteigrößen sollen die Quertreiber in die Mangel nehmen und ihnen klarmachen, dass auch ihre eigene politische Zukunft von der Abstimmung abhängt.

Derweil steigt der Druck der Straße. Tausende empörte Bürger demonstrieren nach spanischem Vorbild vor dem griechischen Parlament. Zudem drohen die Gewerkschaften mit einem noch nie da gewesenen Streik: Ab Dienstag früh wollen sie ganz Griechenland 48 Stunden lang lahmlegen und somit ein deutliches Signal an die Regierung senden. (mit dpa)

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5 Kommentare

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  • BP
    BRUNO (NICHT PROBLEM BÄR)

    Anzugträger in Spee, aus deinem Kommentar entnehme ich, dass du womöglich die andere Seite kennen tust, und gar schon in großer Sorge lebst viel Geld zu verlieren !?!?

    Wenn das so ist, wünsche ich dir, dass deine Verluste verkraftbar bleiben und du nicht daran kaputt gehen tust.

    Keine Währung der Welt wäre das Wert.

    In diesem Sinne, mit besten Grüßen :-)

  • Z
    zombie1969

    Offenbar junge Griechen die es nicht mehr aushalten immer zuzusehen wie die Ausländer ihr die guten Jobs vor der Nase wegschnappen oder hohe Sozialleistungen und eine komfortable Wohnung eralten von der sie nur träumen kann. Vielleicht sollten sie die Staatbürgerschaft ändern, dann würde es ihnen auch glänzend gehen wie den Wirtschaftsasylanten und Migranten und sie müssten nicht mehr ein verkorktes Dasein fristen.

  • A
    Anzugträger_in_Spee

    Bruno ich beneide dich sehr.

  • BP
    BRUNO (NICHT PROBLEM BÄR)

    Meine Wenigkeit gibt dem ganzen Euro Gedönse noch maximal 4 Jahre, dann können wir uns auf eine neue Währung einstellen. Also mir würde dann die Einführung, des Talers, sehr gut gefallen.

     

    Ich persönlich lebe, momentan zumindestens ;-) mit der Einstellung, so wenig Bargeld wie möglich zu haben und habe mir die Dinge angeschafft die ich längerfristig in Gebrauch haben kann. Und wenn ich etwas nicht mehr benötige wird es in Form eines Tauschhandel umgewandelt.

     

    Die Zeit des Euros ist mir zu schnell vergänglich, und für meine Verhältnisse, benötige ich, zum Glück, so wenig wie möglich davon.

    Dadurch kann ich mich entspannt zurück lehnen und den Dingen ausharren die da so kommen werden.

     

    Ich Persönlich weiß nicht was es heißt, viel Geld zu verlieren, ich habe noch nie viel gehabt, und da kann meine Wenigkeit, sich nur so dazu äussern, es geht mir auch ohne Reichtümer eigentlich, SAU GUT, :-)

  • J
    Jonathan

    Linke Splitterparteien? Eine KP, die mit 7,54 Prozent im Parlament sitzt und eine Massenbasis besitzt, hat den Zustand einer "Splitterpartei" meines Erachtens längst überwunden.