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Vor Merkels Besuch bei ObamaUS-Medien spüren bad vibrations

Am Freitag ist Kanzlerin Merkel erstmals bei US-Präsident Obama in Washington. Doch auch führende US-Zeitungen halten das Verhältnis der beiden für angespannt.

Gute Partnerschaft sieht anders aus: Obama und Merkel Anfang Juni in Dresden. Bild: dpa

WASHINGTON taz | Ein Graben habe sich still, aber deutlich aufgetan zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland, sind sich US-Medien, allen voran die New York Times, sicher. Offiziell trage man Harmonie zur Schau, doch hinter verschlossenen Türen gäbe es Grummeln. Grund für die bad vibrations zwischen US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel sei die Palette von Themen, die von der Finanzkrise über Afghanistan bis zu Guantanamo reiche.

Die US-Amerikaner sehen es so: Obama mag zwar der in Deutschland beliebteste Politiker sein, doch politische Funken konnte er daraus bislang nicht schlagen. Die Washington Post findet sogar, dass der neue US-Präsident seit seinem Einzug ins Weiße Haus von der deutschen Kanzlerin und ihren Parlamentariern nicht weniger als eine "Reihe von Rüffeln und Vorhaltungen" kassiert habe. Klar, in Berlin wollte die Große Koalition Obama weder mit mehr Truppen für Afghanistan aushelfen, noch die als unbedenklich deklarierten Guantanamo-Insassen aufnehmen.

Das alles stehe in einem "gewissen Kontrast zu der jubelnden Begrüßung", die Obama als Kandidat im Sommer 2008 in Berlin erhalten habe, ist ein ums andere Mal in US-Medien zu hören, als wäre besonders Germany ein trauriges Beispiel für ein missratenes Vorher-Nachher. Einzelne Washingtoner Beobachter wollen festgestellt haben, dass Merkel, die zu Obamas Vorgänger George W. Bush einen bemerkenswert guten Draht gefunden hatte, mit Obama nicht so schnell warm geworden sei.

Bevor Kanzlerin Merkel am Freitag zu ihrem Antrittsbesuch bei Obama ankommt, sind deutsche Institutionen und Politiker daher zunächst mit Imagekorrektur beschäftigt. Allen voran beeilte sich der ebenfalls nach Washington gereiste CDU-Vize Roland Koch um gute Stimmung. "Medienberichte über ein schwieriges Verhältnis stimmen nicht" befand Koch in einem TV-Interview. Ganz im Gegenteil sehe er bei beiden Politikern "einen gleichgelagerten, nüchtern-rationalen Arbeitsstil", analysierte der Hesse. Außerdem hätten sich seit Amtsantritt Obamas beide häufiger gesehen als andere Politiker.

Ein Sturm im Wasserglas also? Nicht ganz. Zwar sind Mitarbeiter von in Washington agiernden deutschen politischen Stiftungen entzückt darüber, dass sie seit dem Amtsantritt Obamas erstmals von US-amerikanischer Seite regelmäßig um Rat und Einschätzungen gebeten werden – unter Bush undenkbar. Doch Anfang Juni hatte Merkels explizite Kritik an der US-Zentralbank Fed am Potomac für hochgezogene Augenbrauen gesorgt. Merkel hatte in einer Rede am 2. Juni in Berlin die Fed für ihre lockere Geldpolitik gerügt. “Ich sehe das mit ziemlicher Skepsis” hatte die Kanzlerin gesagt und soll mit einer stillschweigenden Tradition gebrochen haben, die unabhängigen Zentralbanken nicht zu kritisieren.

Kurz zuvor waren aus Berlin entnervte Töne hinsichtlich der General Motors-Tochter Opel zu hören gewesen. Die hatte in der Tat bei dem US-internen Gefeilsche um die Zukunft GMs keine Rolle gespielt, was deutsche Politiker, zumal im Wahlkampf, verständlicher Weise zur Verzweiflung trieb. Doch besonders übel stieß in der US-Hauptstadt die Wahrnehmung auf, dass man in Deutschland ohne zu Zögern den “Amis” die alleinige Schuld an dem Debakel der Finanzkrise gegeben hatte – so lange, bis unübersehbar wurde, wie sehr deutsche Banken sich in der US-Immobilienblase verspekuliert hatten. Laut Angaben des Internationalen Währungsfonds sollen deutsche Banken heute mehr Giftpapiere in ihren Büchern haben, als US-Banken. Ein Fakt, der in Washington gerne erwähnt wird.

Erstaunlich leise Kritik provozierte hingegen Deutschlands Weigerung, einige der als unschuldig erklärten und auf ihren Transfer wartenden Uiguren aufzunehmen, die knapp sieben Jahre im Militärgefängnis Guantanamo eingesessen hatten. Hier stellt die Bundesregierung gegenwärtig auf stur und verlangt, die USA müssten zunächst selbst Häftlinge aufnehmen und mehr Informationen rausrücken. Verärgerte Obama-Unterstützer sind in dieser Frage von Europa als Ganzem enttäuscht, da auch die anderen großen EU-Länder kaum mit Kooperationswillen und praktischer Anwendung der Menschenrechte glänzen.

Ganz aufgegeben hat die Washingtoner Führung offensichtlich Versuche, aus Deutschland mehr Truppen für Afghanistan herauskitzeln zu wollen. Freundliche Europaexperten sagen, man verstehe die besondere Rolle Deutschlands und seine historisch bedingte Haltung zu militärischen Einsätzen. Die anderen, wie Obamas Staatssekretär für Europa, Phil Gordon, halten Europa und mit ihm Deutschland als stärkste Macht, für eine mühsame und zähe Angelegenheit mit der man besser nicht allezu viel Zeit verlieren sollte. Kooperationspartner sei man ja in den meisten Fragen schon qua Weltanschauung. Hoffnungslos sei es zudem, mit Deutschland über eine aktive Rolle beim dräuenden Pakistan-Problem reden zu wollen.

Unter Washingtons Europamüden gibt es, und das nicht seit gestern, ein beliebtes Bonmot: Deutschlands Außenpolitik sei wie ein “schwarzes Loch”. Da falle viel hinein und nichts komme raus.

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10 Kommentare

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  • IN
    Ihr Namedieter niemann

    Aus welchem Grund wählen Sie ein einziges von Millionen Fotos aus, welches Merkel mit einem nachdenkliches Gesicht zeigt, um damit eine angebliche Feindschaft zwischen Obama und Merkel zu belegen? Das krampfhafte suchen nach Mängeln an der Kanzlerin kann sicherlich nur Ihre Leser begeistern; aber sicherlich nicht alle- die sind doch nicht blöd!!

  • L
    L.A.WOMAN

    Noch nie habe ich so einen eiskalten Blick voller Verachtung gesehen, der auf einen Menschen gerichtet war wie der von Merkel auf Obama.

    Das ist das endlich einmal ihr wahres Gesicht. Nur, in den Medien wird es genau anders kolportiert, es wäre Obama, der mit ihr nicht klar käme. Er wäre derjenige, der es an Freundlichkeit vermissen ließe. Diese Bild sagt alles und anders. Gutes Bild, die taz.

  • E
    Erstaunen

    Ich lese vielmehr mit Erstaunen die Kommentare hier. Nur weil Obama beliebt ist, soll A.Merkel den Kotau machen? Jahrelang haben die USA in Guantanamo Menschen misshandelt. Das wird diese sehr verändern. JETZT sollen die Europäer diese Menschen für die USA aufnehmen? Das wäre ja glatt noch ok, wenn sie wenigstens mit den ganzen Daten und Infos rausrücken würden für die Beurteilung. Aber das machen die USA nicht. Aus Freundschaft sollen wir also die Katze im Sack kaufen und die Obama-Fans schelten dafür Merkel. DAS ist erstaunlich. Auch ich finde Obama Lichtjahre voraus gegenüber Bush, aber das ist kein Grund, weshalb wir Europäer nun den Mist aufräumen sollten, den die USA hintelassen haben.

     

    Cem Özdemir macht progressive Politik. Allerdings nur, wenn es seinem Opportunismus nützt. Ich fand ihn jahrelang herausragend positiv. Inzwischen sehe ich den Mann dann doch deutlich schwächer...

     

    Zusammenfassend kann man sagen, dass es nicht Frau Merkels Aufgabe ist, Herrn Obama unterwürfig zu sein. Dass auch ihr diplomatische Fehler unterlaufen (FED), ist nur natürlich. Beim Krieg 2003 hat Frau Merkel seinerzeit ja auch nicht gefordert, dass dt. Soldaten in den Irak sollten, sondern dass Herr Schröder das mal unter 4 Augen mit Bush besprechen sollte, bevor er außenpolitisches Porzellan auf dem Marktplatz von Goslar zerdeppert. Das ist ein deutlicher Unterschied, den Merkel-Kritiker gerne verdrehen.

     

    Eine Lösung könnte sein, dass die EU Staatschef-Runde Obama kurzfristig zu ein paar Treffen einlädt, damit man als Amerikaner und Europäer wieder Seite an Seite schreitet ohne ständige gegenseitige Vorwürfe. Da kann Deutschland dann auch entspannter reagieren, weil nicht zu befürchten ist, dass die USA uns Europäern ihren Dreck alleine wegmachen lässt. Dann könnten wir mal wieder Eierkuchen essen...

  • WS
    Wolfgang Schramm

    Frau Merkel ist viel eher vom Geiste eine Georg W als dem von Mister Obama. Das war mir von Anfang an klar.

    Es wird sich noch erweisen. Auch Herr Sarkozy ist nicht unbedingt vom gleichen Geiste, schon gar nicht der Faschist Berlusconi.

    Das wird schwierig werden, in der Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa. Ich bin mir auch nicht sicher, ob Steinmeier so gut mit Obama klar kommen würde.

    Das ist eine ganz andere Kategorie. Obama scheint ein Mensch mit Visionen zu sein und stark geprägt von Dingen von denen die europäischen "Politiker" sehr wenig bis gar keine Ahnung haben. Auf der anderen Seite will Obama von den Europäern auch was lernen, zumindest hat er das in Interviews so ausgedrückt. Bin mal gespannt wie sich das entwickelt.

    Die Hoffnung das das Verhältniss zwischen Europa und den USA nach dem Abgang dieses Kriegstreibers einfacher wird, hatte ich eigentlich nie.

  • B
    Bemerkelt

    US-Medien spüren bad vibrations. uiuijui.

    Hin fort damit in eine der Bad Brain Banks.

  • N
    nameless

    @wolfgang

    schade eigentlich..da freut man sich so für amerika, obama im weißen haus sitzen zu wissen und packt sich selbst mit der flachen hand an die stirn beim gedanke an a.merkel. schöner vergleich von navajo; ein politisches experiment: tausche merkel mit özdemir und verfolge den verlauf internationaler beziehungen für, sagen wir, 10 jahre. neugierig sein, grün wählen, wandel erzwingen!

  • WS
    Wolfgang Schramm

    Ich wundere mich auch das sich die TAZ über das sagen wir unentspannte Verhältniss zwischen Obama und Merkel wundert?

    Das merkel sich bei Georg.W. bei dem Irakkrieg angebiedert hat und erklärt hat wenn es nach Ihr ginge wären deutsche Soldaten mit an den Golf gegangen.........

    Merkel ist eine Konservative!!!!!!!!!!!

    Obama ist nur oberflächlich freundlich. Letztendlich hat er natürlich die Interessen der USA zu vertreten und die sind kontraproduktiv für Deutschland. Das deutsche Banken mit beteiligt waren an der Finanzmisere zuerst kräftig verdient und dann aber genauso kräftig verloren haben, ist schliesslich auch kein Geheimniss mehr.

    Gleich und Gleich gesellt sich gerne, Merkel und Obama sind so konträr, das kann keine Freundschaft geben. Im besten Fall eine Geschäftsbeziehung, aber eine schwierige

  • M
    meinName

    Die US-Notenbank ist gerade NICHT unabhängig. Meine Güte, das sollte doch noch herauszufinden sein, Frau Woltersdorf. Was glauben Sie wohl, warum sie die Inflation mit aller Macht anzuheizen versucht?!

  • M
    Martin

    "... Tradition gebrochen haben, die unabhängigen Zentralbanken nicht zu kritisieren." Hat sie doch gar nicht, denn das Fed ist keine solche.

  • NJ
    navajo joe

    "... dass Merkel, die zu Obamas Vorgänger George W. Bush einen bemerkenswert guten Draht gefunden hatte, mit Obama nicht so schnell warm geworden sei."

     

    Mich wundert, dass die sich wundern. Haben die denn keine Ahnung oder tun sie nur so? Die Lage in den USA ist doch ungefähr so, als wäre Helmut Kohl von Cem Özdemir abgelöst worden. Dass eine A. Merkel mit einem C. Özdemir weniger Schnittmengen hat, ist doch klar.