Vor Familiensynode in Rom: Vatikan-Theologe outet sich als schwul
Einen Tag vor Beginn der Familiensynode im Vatikan outet sich ein dort tätiger Theologe als schwul. Der Heilige Stuhl entließ ihn umgehend aus allen Ämtern.
Charamsa lebt seit 17 Jahren in Rom und ist Assistenzsekretär der Internationalen Theologischen Kommission im Vatikan, die an die Glaubenskongregation der Kurie angegliedert ist. Er unterrichtet Theologie unter anderem an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Laut Zeitung ist er der erste Theologe mit einer aktiven Rolle im Vatikan, der sich zu seiner Homosexualität bekennt.
Vatikan-Sprecher Federico Lombardi erklärte, Charamsa werde seine bisherigen Aufgaben bei der Glaubenskongregation und den Päpstlichen Universitäten nun nicht weiter ausüben können. Alle anderen Aspekte seien Angelegenheit seiner Diözese. Dabei handelt es sich laut Presseberichten um Pelplin südlich von Danzig.
Sichtlich verärgert reagierte Lombardi auf den von Charamsa gewählten Zeitpunkt für das Outing. „Die Entscheidung, eine solch aufsehenerregende Äußerung am Vortag der Eröffnung der Synode abzugeben, erscheint sehr schwer und unverantwortlich, denn sie zielt darauf, die Synodenversammlung einem ungebührlichen Mediendruck zu unterwerfen“, hieß es in einer am Samstag vom Vatikan verbreiteten Erklärung.
„Homosexuelle Liebe braucht Familie“
„Ich werde mir jetzt Arbeit suchen“, sagte Charamsa bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz mit seinem Lebensgefährten Eduardo am Samstag in Rom. „Ich widme mein Coming-out den so überaus vielen homosexuellen Priestern, die nicht die Kraft haben, aus dem Kleiderschrank zu kommen“, sagte er weiter. Die von dem deutschen Kardinal Gerhard Ludwig Müller geleitete Glaubenskongregation bezeichnete der Pole als „das Herz der Homophobie in der katholischen Kirche, einer verschärften und paranoiden Homophobie“.
In dem Zeitungsinterview hatte Charamsa versichert, dass er den Zeitpunkt für seinen öffentlichen Auftritt bewusst gewählt habe. „Ja, ich möchte der Synode sagen, dass die homosexuelle Liebe eine familiäre Liebe ist, dass sie Familie braucht“, sagte er.
Im Vatikan beraten von diesem Sonntag an 270 Bischöfe über Fragen der Ehe und Familie. Drei Wochen lang geht es unter anderem um heikle Themen wie den Umgang mit Homosexuellen und wiederverheirateten Geschiedenen sowie die Haltung zu Abtreibung oder Verhütung. Die Erwartungen an das Treffen sind hoch. Es gilt als wegweisend für den zukünftigen Kurs der katholischen Kirche unter Papst Franziskus.
Den Papst bezeichnete Charamsa als „fantastisch“. „Er hat uns die Schönheit des Dialogs wiederentdecken lassen“, sagte er. Harte Worte fand er für sein Heimatland. „Mein geliebtes Polen, ein Land mit jahrhundertelanger Tradition der Toleranz, ist ein schreckliches Land für Schwule“, sage er dem Nachrichtenmagazin Newsweek.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen