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Von der CDU abgenickt

Die Partei wählte Brosius-Gersdorf 2015 in Sachsen als Richterin

Am 10. Juni 2015 hat die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag eine Pressemitteilung verschickt, in der sie freudig die Neuwahl von zwei neuen Richtern und vier neuen Stell­ver­tre­te­r*in­nen für den Verfassungsgerichtshof des Landes verkündet. Eine der vier Stell­ver­te­r*in­nen ist die Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf. Jene angesehene Staatsrechtsprofessorin also, die ein Teil der Union im Bundestag trotz vorheriger Zusage der Parteiführung jetzt doch nicht zur Bundesverfassungsrichterin wählen will.

Im Dresdner Landtag erhielt sie laut CDU damals 94 Prozent der Stimmen, das beste Ergebnis der sechs Kandidat*innen. Brosius-Gersdorf wurde von den Grünen vorgeschlagen, die CDU hat für sie gestimmt. „Das einzige Bedenken, das die CDU damals hatte, war, dass Frauke Brosius-Gersdorf nicht aus Ostdeutschland stammt“, erinnert sich die grüne Landtagsabgeordnete Katja Maier, die zuletzt sächsische Justizministerin war. „Und natürlich war der CDU bekannt, dass sie etwas progressiver ist als andere Kandidaten.“

Stell­ver­tre­te­r*in­nen kommen am Verfassungsgerichtshof zum Zug, wenn Rich­te­r*in­nen ausfallen. Neun Jahre lang, von 2015 bis 2024, war Brosius-Gersdorf stellvertretendes Mitglied des höchsten sächsischen Gerichts. Es habe keinerlei Kritik an ihr gegeben, erinnert sich Maier. „Ich habe nie etwas Negatives gehört.“ Auf eine Anfrage der taz dazu äußerte sich die Landes-CDU bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht.

Unterdessen hat Schwarz-Rot in Berlin der Forderung der Grünen nach einer zeitnahen Sondersitzung des Bundestags zur Wahl der neuen Verfassungsrichter abgelehnt. In einem Brief, der der taz vorliegt, teilten die Parlamentarischen Geschäftsführer von Union und SPD den grünen Fraktionschefinnen mit, dass die Koalition die Dringlichkeit für eine Sondersitzung nicht sieht.

Sabine am Orde, Tobias Schulze

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