Volleyballer in Olympiaform: Buhlen um Aufmerksamkeit
Die Auswahl der deutschen Volleyballer ist nach dem Sieg gegen Bulgarien auf dem Weg nach Olympia. Nur ein Erfolg fehlt noch.
Das ganz große Fest könnte an diesem Freitagabend starten. Und erfreulich wäre es zu diesem Anlass natürlich schon, wenn die Berliner Max-Schmeling-Halle nicht wieder nur halbvoll wäre. Auf dem Spielfeld hatte Zuspieler Lukas Kampa seine deutschen Teamkollegen gegen die Bulgaren eins ums andere Mal schön in Szene gesetzt, nach dem Ende der Partie ackerte er weiter, um der mäßigen Zuschauerakquise etwas Schwung zu verleihen: „Jetzt sind wir da, wo wir hinwollten, nach der ganzen Zeit. Deswegen noch einmal die Einladung an alle, die morgen Langeweile haben: Bitte kommt noch dazu. Die heute da waren, kommen eh noch einmal.“
Nach dem 3:1-Halbfinalsieg (25:20, 25:23, 20:25, 25:23) gegen die Bulgaren trennt das Team von Andrea Giani nach dem knallharten Ausscheidungsverfahren nur noch ein Sieg von der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio im August. Von den sieben Rivalen beim Qualifikationsturnier in Berlin ist nur noch Frankreich übrig geblieben. Das Finale wird am Freitagabend um 20.10 Uhr (Sport1/live) ausgetragen. Es ist wohl das wichtigste Spiel für den deutschen Volleyball in den letzten vier Jahren.
Die Doppelrolle von Lukas Kampa zeigte, dass es in der Max-Schmeling-Halle dieser Tage nicht nur um die Bewerbung für die Sommerspiele geht, sondern auch um das Werben für eine größere Anerkennung des deutschen Volleyballs. Wenige Minuten nach dem letzten Schmetterschlag des Spiels, mit dem Georg Grozer den Matchball verwandelte, eröffnete der Hallensprecher sein Interview mit Außenangreifer Christian Fromm mit der fast flehentlichen vorgetragenen Frage: „Was muss passieren, dass wir die hässlichen schwarzen Dinger da oben morgen wegmachen können.“ Gemeint war die Abhängung des Oberrangs, welche in dieser Woche die große Leere kaschiert hatte.
Knapp 4.300 Zuschauer waren zum Halbfinale gekommen, immerhin fast doppelt so viele wie beim Spiel am Montag gegen Belgien. Bei sehr wichtigen Spielen des heimischen Bundesligisten, den Berlin Volleys, vermelden die Veranstalter aber schon auch einmal eine mit 8.500 Zuschauern ausverkaufte Halle. So gesehen hätte es den öffentlichen Hilferuf von Fromm, notfalls eben auch mit dem Flugzeug am Freitag noch nach Berlin zu kommen, eigentlich nicht gebraucht. Ganz bewusst hatte man sich für Berlin als Standort dieses Turniers entschieden, weil andernorts die Mobilisierung für das Nationalteam noch schwieriger zu bewerkstelligen gewesen wäre.
„Schalalalalalala, Deutschlaaaand“
Dank der Berlin Volleys versteht man sich in der Hauptstadt recht gut auf das Geschäft der Inszenierung von Sportevents. Auch bei diesem Turnier hat man die Nebelmaschinen bei der Einlaufzeremonie der Spieler auf Hochtouren laufen lassen, die Feuerwerfer spuckten Flammen, und der Hallensprecher hat am Donnerstagabend wieder einmal so getan, als ob er mit seiner Stimme eine bis auf den letzten Platz besetzte Halle durchdringen müsste. Und um die Identifizierung mit dem hier eher selten auftretenden Team zu befördern, hatte man ja noch die Musikanlage: „Schalalalalalala, Deutschlaaaand sind wiiiir.“
Im Finale gegen Frankreich wird Deutschland wieder mit seinem nur schwer zu ersetzenden Ausnahmespieler Georg Grozer antreten können. Wegen Wadenproblemen musste er gegen Slowenien am Dienstag noch aussetzen und hielt der Belastung gegen Bulgarien stand. Wobei er im Halbfinale nicht so herausragte wie zuvor in diesem Turnier. Seine gefürchteten Angaben etwa fanden eher selten ihr Ziel. Fromm hob zu Recht als überragend die Blockabwehr des Teams hervor. Eine Stärke, die man vor dem Spiel eigentlich auf Seiten der Bulgaren sah.
Gegen die weniger schlagkräftigen, aber spielerisch kreativeren Franzosen erwartet das deutsche Team ein völlig anderes Spiel. Dank der Erfindung dieser ominösen Weltranglisten konnte Trainer Giani die Favoritenrolle von seinem Team bequem fernhalten: „Im Ranking ist Frankreich vor uns, also sind sie Favorit.“ Frankreich belegt Platz 9, Deutschland den 27. Rang. Allerdings steht dort auch Bulgarien weit vor dem deutschen Team.
Kapitän Kampa verwies indes auf die Probleme, die man bei Frankreich während des ganzen Turniers gesehen habe. Gegen Slowenien setzte sich das Team im Halbfinale nur knapp mit 3:2 Sätzen durch und wurde in der Vorrunde von Bulgarien bezwungen. Er mahnte zwar Vorsicht an, sagte aber: „Wenn wir das Gleiche machen wie heute, dann haben wir sehr, sehr gute Chancen.“
Und für die andere Herausforderung, dem Buhlen um mehr Aufmerksamkeit, zeigte er sich ebenfalls sehr optimistisch für den Freitagabend: „Ich glaube wirklich, dass die Vorhänge hochgehen.“
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