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VolksentscheidTempelhof-Initiative ist sich uneins

Vorstandsmitglied widerspricht, nachdem Mitstreiterin die Abstimmung eher als Moratorium für eine weitere Entwicklung des Feldes und nicht als dauerhaftes Bau-Tabu darstellte

Nicht mehr 100-prozentig einig: Die Bürgerinitiative gegen die Randbebauung des Tempelhofer Feldes. Bild: DPA

In der Bürgerinitiative „100 % Tempelhofer Feld“ gibt es Streit über die Bindungskraft des Volksentscheids zur Randbebauung des Flughafens. Felix Herzog, Vorstandsmitglied des Vereins, der das Volksbegehren trägt, widerspricht den Aussagen seiner Mitstreiterin Kerstin Meyer in der taz vom Donnerstag. Meyer erscheint auf der Homepage der Initiative als Ansprechpartnerin. „Ihre Äußerungen entsprechen nicht der Mehrheits- beziehungsweise Konsensmeinung der Bürgerinitiative“, sagte Herzog jedoch der taz.

Meyer hatte gegenüber der taz für den Fall eines erfolgreichen Volksentscheids, der Gesetzeskraft hätte, keinen politischen oder moralischen Anspruch auf eine dauerhafte Bindungskraft erhoben. „Ein Gesetz ist nicht in Beton gegossen“, sagte Meyer – anders als der Masterplan, den Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) für die Randbebauung vorgelegt hat. Wie jedes Gesetz könne das Parlament auch ein Schutzgesetz für das Tempelhofer Feld ändern, wenn es das für richtig halte.

Ihre Sicht auf die Zielsetzung der Initiative beschrieb sie wie folgt: „Wir wissen noch nicht, wie sich das Feld nach Vorstellungen der Berliner entwickeln soll – und deshalb brauchen wir Zeit und müssen es erst mal schützen.“ Felix Herzog hält dem jedoch entgegen: „Die Initiative beziehungsweise der Verein weicht nicht von den Forderungen ab, welche im Gesetzentwurf festgehalten sind.“ Kerstin Meyer mochte sich dazu auf taz-Anfrage nicht äußern.

Offizielle Vertreter

Die Bürgerinitiative hatte sich 2011 gegründet. Ein Jahr später entstand der Verein „Demokratische Initiative 100 % Tempelhofer Feld e. V.“ Er bildet die „juristische Person“, die bei Volksbegehren als Träger nötig ist. Herzog ist eines von vier Vorstandsmitgliedern und verweist darauf, dass allein er und Pressesprecher Julius Dahms offizielle Vertreter des Vereins seien. Der hat derzeit nach eigenen Angaben 93 Mitglieder. Nach übereinstimmenden Darstellungen von Herzog und Meyer sehen sich allerdings deutlich mehr Berliner als Teil der Bürgerinitiative. Meyer ist laut Herzog „seit zwei, drei Wochen“ Mitglied des Vereins und war im August zu der Initiative gestoßen.

Mitte Februar soll es eine Mitgliederversammlung des Vereins geben. Diese ist laut Homepage auch zuständig für „den Ausschluss von Mitgliedern, die in grober Weise den Zielen des Vereins schaden“. STEFAN ALBERTI

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4 Kommentare

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  • F
    Feldgast

    So ist das nun mal mit der Basis-Demokratie. Jeder kann seine Meinung in der Öffentlichkeit laut kund tun. Wäre es nicht Aufgabe des Journalisten nach zu fragen, wen der oder die Interviewte vertritt? Denn es ist bekannt, das die Regierenden gerne Basisorganisationen unterwandern, die sich ihnen in den Weg stellen können.

     

    Auf dem Plenum, der Vollversammlung der Bürgerinitiative ist Kerstin Meyer bisher erst einmal erschienen. Und gestern fehlte sie auch wieder, als sich das Plenum einstimmig zu dem in monatelanger Sisyphusarbeit entstandenen Gesetzes aussprach. Die Initiative braucht auch keine Kompromisse eingehen. Das Gesetz ist so ausgewogen, dass Berlin mit diesem flexibel den Status Quo gegen den Gemeinbedarf im Geltungsbereich abwägen kann. Das muss es auch sein, sonst wär es als Volksbegehren gar nicht zugelassen worden. Wer also behauptet mit dem Volksentscheid würde der Stillstand auf dem Tempelhofer Feld zementiert und "kein Grashalm darf angefasst werden" (Müller) der will die Öffentlichkeit bewusst in die Irre führen.

     

    Der Gesetzesentwurf steht ausdrücklich für eine Weiterentwicklung des Tempelhofer Feldes, für die Pflanzung von Bäumen in loser Folge, für den Ausbau von Spiel- und Sportstätten außerhalb der Taxiways und für das Gedeihen weiterer ungeahnter, kreativer Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten. Der Gesetzestext ist mit Bedacht formuliert worden. So ist mit intelligenter und klimagerechter Architektur die Errichtung von sinnvollen Einrichtungen wie grünen Klassenzimmern, Kitas oder Seniorentagesstätten möglich, unter der Bedingung, dass dafür ein anderes Stück versiegeltes Feld begrünt wird.

     

    Investorengerechtes und Profit orientiertes Bauen ist allerdings mit dem THF-Gesetz nicht möglich und das ist auch gut so. Abgesehen davon, bei öffentlichen Erschließungskosten von 530 Mio. € Perlen vor die Säue..

    • F
      Feldvisionen
      @Feldgast:

      Der Gesetztesentwurf erlaubt intelligente Architektur, Kitas und Seniorentagesstätten?

       

      Dann schau doch mal unter § 8 nach. Dort ist geregelt, dass Baulichkeiten verboten sind. Lediglich fliegende Bauten, also Zelte oder Container sind erlaubt (§ 7).

       

      Lieber verschwiegen hast Du wohl auch, dass Bäume (besser: Obstbäume und Flurgehölze, also z.b. Schlehen oder Holunderbüsche) nur im äußeren Wiesenring erlaubt sind ( § 7 Abs. 4 Nr. 3) Im ganzen inneren Wiesenring darf also nicht mal ein absterbender Baum nachgepflanzt werden. Und nicht nur Bäume sind im inneren Wiesenring verboten, auch Bänke dürfen dort nicht installiert werden (§ 7 Abs. 2 Nr. 2).

  • RB
    rosi b.

    Ist der letzte Satz suggestiv oder was soll er uns sagen?

     

    Der ganze Artikel ist doch etwas aufgeblasen: Ein Volksentscheid wäre bindend, aber das Parlament kann Gesetze ändern, das ist doch gar kein Widerspruch.

     

    Allerdings sollte sich der Verein auch zurückhalten, jetzt entscheiden erst mal die Bürger.

  • Es ist vollkommen irrelevant was die Initiative glaubt was sein soll. Es wurden für exakt diesem Text Unterschriften abgegeben. Für keinen anderen. Und die Interpretation liegt am Ende bei den Gerichten. Also sollte der Volksentscheid durchkommen. Kein einziges Komma kann jetzt noch verändert werden. Und es kann auch kein "Interpretationstext" nachausdiskutiert werden. Egal ob von Verein oder Einzelperson.