Volksentscheid Tempelhofer Feld: Das Kreuz mit den Kreuzchen
Der Stimmzettel zum Volksentscheid über das Tempelhofer Feld am Sonntag bietet vier Möglichkeiten, abzustimmen. Eine kleine Handreichung.
Ja und Nein? Nein und Ja? Gar nicht? Der Stimmzettel beim Volksentscheid über das Tempelhofer Feld am Sonntag ist anders als bei den bisherigen vier Volksentscheiden. Ging es da nur um ein schlichtes Ja oder Nein zu Energie in Bürgerhand oder offenzulegenden Wasserverträgen, gibt es am Sonntag zwei Abstimmungsfragen – und vier Möglichkeiten, seine Kreuzchen zu kombinieren.
1. Ja bei der ersten Frage (Gesetzentwurf der Initiative), Nein bei der zweiten (Gesetzentwurf des Abgeordnetenhauses)
So sollte abstimmen, wer das Anliegen der Initiative 100 % Tempelhofer Feld unterstützt und absolut keine Bebauung auf dem Feld will. Grüne und Linkspartei legen zwar nahe, auf diese Weise sei Wohnungsbau nicht ausgeschlossen – es gehe bei der Abstimmung schließlich bloß um den Masterplan des Senats für das Feld, der 4.700 neue Wohnungen vorsieht, die Hälfte davon zu als bezahlbar eingestuften Mieten von sechs bis acht Euro pro Quadratmeter.
Schon am Montag will Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek im Falle eines Erfolgs der Initiative ihre Idee vom „dritten Weg“ – Randbebauung ja, aber anders – vorlegen. Andere Stimmen in der Partei sind deutlich skeptischer beim Tempo: Man spricht lieber vorsichtig von einem Moratorium, damit man „in 15 bis 20 Jahren“ die Möglichkeit habe, etwas zu gestalten.
Am 25. Mai stimmen die BerlinerInnen darüber ab, ob das Tempelhofer Feld bebaut werden soll. Der Senat will an drei Rändern des ehemaligen Flugfelds rund 4.700 Wohnungen, außerdem Gewerbegebäude errichten. Die Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" will die Bebauung des rund 380 Hektar großen Areals dagegen komplett verhindern. Dafür müssten beim Volksentscheid die Mehrheit der TeilnehmerInnen und zugleich mindestens ein Viertel aller Berliner Wahlberechtigten für den Gesetzentwurf der Volksinitiative stimmen. Am 25. Mai sind außerdem Europawahlen. (taz)
Rein rechtlich könnte das Parlament den Beschluss, der Gesetzeskraft hat, sofort wieder ändern. Die Koalition hat aber klargemacht, man werde das Ergebnis respektieren. SPD-Stadtentwicklungssenator Michael Müller sagte, im Falle eines Erfolgs für die Initiative wolle man über mehrere der jeweils fünfjährigen Wahlperioden hinweg nicht bauen.
2. Ein Doppel-Ja
Eigentlich widersinnig, klar. Theoretisch die Möglichkeit für alle, die sich nicht entscheiden können, die aber auf jeden Fall die Innenfläche des Felds schützen wollen. Das haben nämlich beide Entwürfe gemein. Erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass einer oder sogar beide Gesetzentwürfe mehr als 25 Prozent Ja-Stimmen bekommen – ohne die der jeweilige Vorschlag gescheitert ist.
3. Nein bei der ersten, Ja bei der zweiten Frage
Die Kombination für alle, die Wohnbebauung am Feldrand und zugleich den Schutz von 230 Hektar – entspricht etwa der Größe von etwa 330 Fußballfeldern – in der Feldmitte festschreiben wollen. Juristisch gesehen ist ein Ja zu den Senatsplänen im Übrigen keine Abstimmung über den Masterplan – denn der wird mit keinem Wort in dem Gesetzesvorschlag erwähnt ist. Bei grundsätzlich freier Bahn für Bebauung muss der Masterplan erst noch das übliche Bebauungsplanverfahren durchlaufen und Zustimmung im Parlament bekommen. CDU-Fraktionschef Florian Graf kündigte am Donnerstag an, es werde dabei auch Veränderungen am Masterplan geben.
4. Ein Doppel-Nein
Die Totalverweigerung: Wer so abstimmt, will die Diskussion offen halten. Scheitern beide Entwürfe, ist es rein rechtlich so, als hätte es den Volksentscheid gar nicht gegeben. Ein Doppel-Nein ist damit auch die Variante der Wahl für diejenigen, die gerne das ganze Feld komplett bebauen wollen. Denn bislang gibt es zwar viele Absichtserklärungen, aber nichts Verbindliches zum Schutz der Feldmitte.
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