piwik no script img

Volksbegehren in UngarnGegen Orbans Willen

Erstmals können die Gegner des Staatschefs gegen ihn abstimmen. Das Oberste Gericht genehmigte ein Volksbegehren gegen das Sonntags-Ladenschlussgesetz.

Stramm stehen nur noch die Soldaten für Orban, der Rest kann sich am Volksbegehren beteiligen Foto: dpa

Budapest dpa | Zum ersten Mal seit dem Machtantritt von Viktor Orban vor sechs Jahren zeichnet sich in Ungarn eine Volksabstimmung gegen den ausdrücklichen Willen des rechts-konservativen Regierungschefs ab. Das Oberste Gericht in Budapest entschied am Mittwoch, dass das Volksbegehren der oppositionellen Sozialistischen Partei (MSZP) gegen den umstrittenen Sonntags-Ladenschluss rechtens ist. So bald die Sozialisten 200.000 Unterschriften gesammelt haben, müsse eine Volksabstimmung über die Beibehaltung der Regelung abgehalten werden, deren Ergebnis bindend für die Regierung ist.

Der vor einem Jahr verfügte Sonntags-Ladenschluss ist in Ungarn höchst unpopulär. Seit der Wende vor 25 Jahren sind es die Ungarn gewohnt, dass Läden und Geschäfte ihre Öffnungszeiten ohne Einschränkungen gestalten konnten. Orban hatte die Abschaffung der liberalen Regelung mit „christlichen Werten“ und dem „Schutz der Familien“ begründet. Motiviert hatte ihn aber auch der Wunsch, ausländische Handelsketten zu schwächen, die mit ihren Einkaufszentren an den Sonntagen gute Umsätze verbuchten.

Die Sozialisten versuchen schon seit längerem, ein Volksbegehren gegen den Ladenschluss auf den Weg zu bringen. Dabei kamen ihnen aber jeweils Sympathisanten der Regierungspartei Fidesz zuvor, die Schein-Fragen zum selben Thema einreichten und es damit so lange blockierten, so lange die Wahlkommission und das Oberste Gericht damit befasst waren.

Zuletzt war es am 23. Februar am Sitz der Wahlkommission in Budapest zu einem richtiggehenden „Wettlauf“ zwischen dem MSZP-Politiker Istvan Nyako und einer älteren Fidesz-Sympathisantin gekommen. Fußball-Hooligans aus dem Umkreis des Fidesz-Parteidirektors Gabor Kubatov begleiteten die Frau und drängten Nyako von der Stechuhr der Wahlkommission weg, sodass ihm die Fidesz-Anhängerin mit ihrem Schein-Antrag um vier Sekunden zuvorkam.

Die mit Fidesz-Parteigängern besetzte Wahlkommission lehnte das Volksbegehren der Sozialisten unter Berufung auf die Reihenfolge der Einreichungen ab. Das Oberste Gericht – als in diesem Fall zuständige Berufungsinstanz – trat überraschend schnell zusammen. Nachdem es die Vorfälle am Sitz der Wahlkommission umfassend geprüft hatte, erklärte es den Antrag der Fidesz-Frau für ungültig und im gleichen Zug das Volksbegehren der Oppositionellen für rechtens.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ein Volksbegehren? Leider nicht, bloss ein Plebiszit von oben.

  • wie man hörte will jetzt uns altbk KOhl die Sache in die hand nehmen !