Volksbegehren für den Flughafen: Tempelhoftreue rechnen ab
Das Volksbegehren für die Offenhaltung des Flughafens hat gute Erfolgsaussichten. SPD, Linkspartei und Grüne wollen ihrerseits die Anhänger mobilisieren, falls es zum Volksentscheid kommt.
Ja, ist denn schon Wahlkampf? Die CDU sammelt seit eineinhalb Monaten Unterschriften und überzieht die westlichen Bezirke mit Plakaten: "Tempelhof offen halten". Nun müssen selbst Grüne, SPD und Linkspartei einräumen, dass das Volksbegehren vermutlich erfolgreich sein wird und wollen ihrerseits ihre Anhänger mobilisieren, wenn es zum Volksentscheid kommt. "Wir wollen koordiniert vorgehen. Es gibt erste Gespräche wie wir reagieren", sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Linkspartei, Jutta Matuschek, der taz.
Bisher agieren die drei Parteien, die über eine deutliche politische Mehrheit verfügen, recht unbeholfen. "Die Debatte um die Nachnutzung läuft stockend, das Echo ist gering", räumt der SPD-Umweltexperte, Daniel Buchholz, ein. "Wir hätten vor fünf Jahren damit anfangen müssen", sagt seine Kollegin Claudia Hämmerlin von den Grünen. Und deren Parteivorsitzende Barbara Oesterheld seufzt: "Es ist absurd so zu tun, als ob man einen kompletten Plan hat." Dazu sei das Gelande viel zu groß.
Ob aus den 3,86 Millionen Quadratmetern ein Gräserfeld, ein Solar- oder ein Erlebnispark wird, diskutiert der Senat mit den Bürger jedoch erst seit wenigen Monaten im Internet und auf Veranstaltungen. Die Konzession für den Flugbetrieb endet im Oktober 2008, das haben das Abgeordnetenhaus, der Senat und in letzter Instanz das Oberverwaltungsgericht entschieden.
Bliebe Tempelhof offen, wäre das Großprojekt Berlin-Brandenburg International, der Airportausbau in Schönefeld, wirtschaftlich gefährdet, sagt der Senat. Selbst die Grünen argumentieren mittlerweile wirtschaftlich statt ökologisch: "40.000 Arbeitsplätze könnten verloren gehen", meint Hämmerling. Sie möchte den Tempelhof-Fans zurufen: "Ihr werdet missbraucht."
Das beeindruckt die Rosinenbombergeneration, die die CDU vor allem anspricht, jedoch nicht: über 100.000 Unterschriften hat die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof (Icat) bis Freitag zusammengetragen, nur noch 70.000 fehlen, damit ein Volksentscheid zustande kommt.
Dieser würde voraussichtlich im Juni 2008 starten und wird bereits vom Regierenden Bürgermeister promotet: Klaus Wowereit (SPD) gehe davon aus, dass eine Mehrheit der Berliner für die Offenhaltung stimmt, berichtet der Tagesspiegel in seiner Sonntagsausgabe. Das SPD-geführte Bezirksamt Charlottburg-Wilmersdorf untersagte zwar die lästigen Pro-Tempelhof-Plakate, doch die CDU erstritt sich das Recht auf die Poster-Kampagne juristisch. "Verwaltungsgericht stoppt Behördenwillkür, der Weg für Plakatierung ist frei", jubelte der örtliche CDU-Kreisverband. "Die Situation ist schwierig", klagt Matuschek. "Das ist doch Westalgie pur, Herr Pflüger benutzt Tempelhof für eine Generalabrechnung mit dem rot-roten Senat." Die Presse von BILD (Springer) bis Morgenpost (Springer) begleitet die Kampagne für die Offenhaltung publizistisch, finanziell wird sie von der Icat getragen, hinter der vor allem die in Tempelhof ansässigen Airlines stehen.
Gegen soviel Geld und Macht helfen nur gute Argumente: "Wir müssen den Dialog intensivieren", meint Matuschek. So sollen die Begehungen des Flugfeldes ab dem Frühjahr intensiviert werden. Buchholz meint, dass große Events viele Menschen anlocken und für einen Volkspark begeistern könnten. Dies sehen die Grünen ähnlich: "Was spricht eigentlich dagegen, das Sylvesterfeuerwerk vom Kreuzberg nach Tempelhof zu verlagern?", fragt Grünen-Chefin Oesterheld.
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