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Volksbegehren „Noolympia“ in BerlinSelbst Olympiasieger will die Spiele nicht

Die Geg­ne­r starten ein Volksbegehren gegen Berlins Bewerbung für das Großevent. Unterstützung bekommen sie vom Diskuswerfer Christoph Harting.

Gut im Diskuswerfen und Olympia verhindern: Christoph Harting Foto: Florian Boillot
Jonas Wahmkow

Aus Berlin

Jonas Wahmkow

Mangelnde Begeisterung für Spitzensport kann man Christoph Harting wohl kaum unterstellen. Immerhin holte der heute 35-jährige Leichtathlet 2016 Gold im Diskuswerfen bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Trotzdem engagiert sich Harting gegen Berlins Olympiabewerbung.

„Es geht immer auf Kosten der kleinen Leute, das ist bei allen Olympischen Spielen so“, erklärt Harting. Über zwei Meter groß, überragt er alle Jour­na­lis­t:in­nen in dem Friedrichshainer Büro der Naturfreunde Berlin. Das „Noolympia-Bündnis“ stellt hier auf einer Pressekonferenz die nächste Eskalationsstufe im Kampf gegen die Olympia-Ambitionen des Senats vor: ein Volksbegehren gegen die Ausrichtung des Großevents in Berlin.

Mit Harting konnte das Bündnis sogar einen Olympiasieger für die Sache gewinnen. Er wisse aus eigenem Erleben, welche negativen Auswirkungen die Spiele haben können. „Es war ein moralisches Dilemma zu sehen, wie unsere Handballjungs Silber holen, während gleichzeitig Menschen demonstrieren, die gerade von dort vertrieben wurden.“ Die brasilianische Regierung machte damals ganze Viertel platt, „um Platz für die Spiele zu schaffen“. Die meisten der Bauten würden jetzt wieder verfallen, berichtet Harting.

Auch in der Hauptstadt sei Olympia eine schlechte Idee, sagt Noolympia-Initiator Uwe Hiksch. „In Paris wurde aus der Innenstadt eine Hochsicherheitszone. Über 13.000 Menschen ohne Obdach wurden vertrieben, weil sie das Stadtbild störten.“ Das sei auch für Berlin zu erwarten. Überhaupt, sagt Hiksch, wäre Olympia einfach viel zu teuer, klimaschädlich und sozial ungerecht.

Besser den Breitensport stärken

Konkrete Zahlen, wie viel die Ausrichtung der Spiele kosten würde, gibt es noch nicht. Allerdings hat der Senat schon jetzt sechs Millionen Euro im Haushalt allein für das Bewerbungsverfahren veranschlagt, trotz knapper Kassen. Stattdessen sollte das Geld in die Förderung des Breitensports investiert werden, fordert Hiksch. „Wir bemühen uns in Mitte schon seit Jahren erfolglos für eine Halle, um Kindern Schwimmunterricht anbieten zu können.“

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Für Hiksch ist es die dritte Noolympia-Kampagne. So gesehen war er bislang immer erfolgreich: Bei der Bewerbung für Olympia 2000 unterlag Berlin Sydney, für die 2024er-Edition kam gar keine Bewerbung zustande. Auch für die möglichen Termine 2036, 2040 und 2044 sieht Hiksch schlechte Chancen, nicht zuletzt wegen des Volksbegehrens der Initiative. „Wir gehen fest davon aus, dass eine dominierende Mehrheit Nein sagen wird.“

Die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren soll Anfang des nächsten Jahres starten. Bis zu einem Volksentscheid könnten aber Jahre vergehen. Bis dahin könnte Berlin schon den Zuschlag haben, doch bei einem erfolgreichen Entscheid müsste die Stadt die Bewerbung wieder zurückziehen. „Wir werden deutlich machen, dass die Bewerbungs Berlins Hochrisiko sein wird“, sagt Hiksch.

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