Völkerrechtskonferenz in Uganda: Angriffskriege künftig strafbar?
Die Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs beraten ab Montag über eine Weiterentwicklung des Statuts und ziehen Bilanz der bisherigen Arbeit.
![](https://taz.de/picture/309940/14/omar_01.jpg)
Unter welchen Bedingungen soll das bereits 1945 bei den Nürnberger Prozessen sanktionierte Verbrechen des Angriffskrieges künftig vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verfolgt werden? Unter anderem darüber berät die erste Überprüfungskonferenz zum IStGH ab Montag für zwei Wochen in Ugandas Hauptstadt Kampala. Teilnehmer sind neben den 111 Mitgliedsstaaten des IStGH auch Länder wie die USA, die das Römer Gründungsstatut des Strafgerichtshofs von 1998 bis heute nicht ratifiziert haben.
Neben "Kriegsverbrechen", "Völkermord" und "Verbrechen gegen die Menschheit" wurde in Rom in das Statut zwar auch "Angriffskrieg" als eines von vier "Kernverbrechen" aufgenommen, die unter die Jurisdiktion des IStGH fallen. Doch konnte man sich damals nicht auf eine Definition einigen. Diese Einigung ist inzwischen gelungen: "Angriffskriege" sind sämtliche Formen militärischer Aggression gegen einen anderen Staat beziehungsweise auf dessen Gebiet, die nicht unter die Ausnahmen vom völkerrechtlichen Gewaltverbot der UN-Charta fallen: Selbstverteidigung oder der vom Sicherheitsrat autorisierte Einsatz militärischer Mittel.
Weiter umstritten sind allerdings die Bedingungen für die Einleitung eines diesbezüglichen Strafverfahrens. Nach Vorstellung der drei ständigen Sicherheitsratsmitglieder USA, Frankreich, Großbritannien soll der IStGH ein Verfahren nur dann eröffnen können, wenn der Sicherheitsrat zuvor festgestellt hat, dass ein Angriffskrieg verübt wurde. Dies würde den Gerichtshof dem Vetorecht der ständigen Ratsmitglieder unterwerfen und wäre eine erhebliche Einschränkung des Rom-Statuts, wonach der IStGH auf Antrag eines Mitgliedsstaates, auf Beschluss des Sicherheitsrats oder auf Eigeninitiative des Chefanklägers tätig werden kann. Die Mehrheit der 111 IStGH-Staaten lehnt eine solche einschränkende Bestimmung ab. Kompromissoptionen sind, dass entweder eine Mehrheit der UNO-Generalversammlung oder der für zwischenstaatliche Streitfragen zuständige Internationale Gerichtshof das Vorliegen eines Angriffskrieges feststellen.
Die Konferenz in Kampala muss außerdem über einen Antrag Belgiens entscheiden, den Einsatz von chemischen Waffen sowie von Dumdumgeschossen auch in innerstaatlichen Konflikten unter Strafverfolgung des IStGH zu stellen. Bislang gilt diese Zuständigkeit nur für zwischenstaatliche Konflikte.
Die Debatten über die bisherige Arbeit des Gerichtshofs werden vor allem um die Kontroverse kreisen, ob die Arbeit des Strafgerichtshofes förderlich oder hinderlich für Friedensprozesse ist. Ein Streitpunkt ist der internationale Haftbefehl des IStGH gegen Sudans Präsidenten Omar Hassan al-Bashir. Dieser Haftbefehl wird von zahlreichen afrikanischen und arabischen Regierungen ignoriert, die al-Bashir weiter empfangen. Sudans Regierung beobachtet die Beratungen in Kampala genau: Drei Menschenrechtsaktivisten, die aus Sudan zur Konferenz anreisen wollten, wurden am Samstag am Flughafen von Khartum an der Abreise gehindert.
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