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Völkermord in RuandaAls der Präsident vom Himmel fiel

Der Abschuss der Präsidentenmaschine 1994 markiert den Beginn des Völkermordes an Ruandas Tutsi. Jetzt bestätigen Ermittlungen: Es war die damalige Hutu-Armee.

Grabstein an einem Massengrab in Ntarama, Ruanda. Bild: ap

BRÜSSEL/BERLIN taz | Eine der hartnäckigsten Legenden im Zusammenhang mit dem Völkermord in Ruanda 1994 ist vom Tisch. Die Rakete, mit der am Abend des 6. April 1994 das Flugzeug des damaligen ruandischen Präsidenten Juvénal Habyarimana über der Hauptstadt Kigali abgeschossen wurde und die den Beginn der nachfolgenden Massaker an über 800.000 Tutsi markiert, wurde zweifelsfrei aus einem Militärgelände der eigenen Armee Habyarimanas abgefeuert.

Dies haben neue französische Ermittlungen ergeben, deren Ergebnisse am Dienstag den Untersuchungsrichtern Marc Trévidic und Nathalie Poux in Paris übergeben wurden.

Damit fällt die These in sich zusammen, wonach Ruandas damalige Tutsi-Rebellenarmee RPF (Ruandische Patriotische Front) unter Führung des heutigen Präsidenten Paul Kagame den Hutu-Präsidenten vom Himmel holte, um Rache an den Tutsi zu provozieren und ein Klima zu schaffen, in dem die RPF in Ruanda die Macht übernehmen konnte - eine Lieblingsbehauptung der Völkermordleugner im Umfeld ruandischer Hutu-Extremisten.

Diese Verschwörungstheorie erklärt die Tutsi praktisch für selbst schuld an dem an ihnenverübten Genozid und exkulpiert die Täter und Organisatoren auf Seiten der Armee und der Hutu-Milizen Ruandas 1994. Sie dient bis heute weltweit als juristische Verteidigungslinie in Prozessen gegen Täter und Verantwortliche des Völkermordes, als politische Angriffslinie gegen Ruandas heutige Regierung und als ein Teil der Legitimationsgrundlage des bewaffneten Kampfes, den ruandische Hutu-Kämpfer vom Kongo aus führen.

Diplomatische Krise mit Frankreich

Hoffähig war das 2006 geworden, als der französische Untersuchungsrichter Jean-Louis Bruguière sich der These anschloss - er war aktiv geworden, weil die Piloten der Maschine Franzosen waren. Er ermittelte aber gar nicht in Ruanda, sondern stützte sich auf mittlerweile größtenteils zurückgezogene Aussagen ruandischer Exilanten sowie gefälschte Abhörprotokolle. Er erließ auf dieser Grundlage Haftbefehl gegen Ruandas Präsidenten Paul Kagame und acht weitere hochrangige RPF-Kader.

Dies führte zu einer schweren diplomatischen Krise: Ruanda brach die diplomatischen Beziehungen zu Frankreich ab, und 2008 wurde auch Deutschland hineingezogen, als Kagames Mitarbeiterin Rose Kabuye am Flughafen Frankfurt festgenommen und nach Frankreich überstellt wurde. Sie ist mittlerweile wieder in Ruanda, in Frankreich wurde Bruguière abgesetzt und das Ermittlungsverfahren neu aufgerollt - mit Tatortbegehungen und Ermittlungen in Ruanda selbst und ohne die Voreingenommenheit Bruguières.

So ist nun offiziell: Die Maschine mit Habyarimana und seinem burundischen Amtskollegen Cyprien Ntaryamira an Bord wurde am 6. April 1994 um 20h25 beim Anflug auf Kigali von einer Rakete getroffen, die vom Armeelager Kanombe aus abgeschossen wurde. Der Abschussort war nicht, wie Bruguière gesagt hatte, die Farm von Masaka weiter weg, wo RPF-Einheiten standen. Dies deckt sich mit einer Untersuchung britischer Ballistik- und Luftraumexperten, die 2009 veröffentlicht wurde.

Die französische Expertise beruht zum einen auf Augenzeugen. Der belgische Militärarzt Pasuch Massuimo, der damals bei der UN-Mission in Ruanda (Unamir) arbeitete und in Kanombe stationiert war, sagte aus, er habe ein "Sauggeräusch" gehört, dann einen "orangenen Lichtstreif" gesehen sowie "einen Feuerball, der auf dem Grundstück des Präsidenten aufschlug". Habyarimanas Maschine stürzte nach dem Abschuss in seinen Garten.

Die Namne der Täter fehlen noch

Ein weiterer wichtiger Zeuge war der französische General Grégoire de Saint-Quentin, damals Oberstleutnant bei Ruandas Armee in Kanombe. Er sagte aus, er habe zwei Raketenabschüsse gehört, 500 bis 1000 Meter von seiner Residenz entfernt.

Zusätzlich holte Trévidic technische Gutachten ein. Demzufolge war es nicht möglich, dass die von den Augenzeugen geschilderten Phänomene von der Farm Masaka kamen, weil diese 3,75 Kilometer von Kanombe entfernt liegt. Dann nämlich hätten die Augenzeugen die SAM-Rakete sowjetischer Bauart, mit der das Flugzeug abgeschossen wurde, erst hören können, nachdem sie die Explosion des Flugzeugs in der Luft sahen und nicht vorher.

Die Hutu-Offiziere in Kanombe waren damals mehrheitlich nicht einverstanden mit dem Friedensvertrag von Arusha, den Präsident Habyarimana 1993 mit den Tutsi-Rebellen der RPF geschlossen hatte und der eine Machtteilung vorsah. Es gab vor dem 6. April 1994 unzählige Drohungen und Warnungen, dass radikale Hutu-Gegner des Friedensabkommens gegen den Präsidenten in Aktion treten würden. Der Hauptplaner des Völkermordes, der mittlerweile vom UN-Ruanda-Tribunal verurteilte Oberst Théoneste Bagosora, war häufig Gast in Kanombe.

Der belgische Verteidiger der bislang Beschuldigten, Bernard Maingain, sieht seine Mandanten nun rehabilitiert. Das Ende der Ermittlungen bedeutet dies aber nicht. Denn der Trévidic-Bericht nennt keine Täter. Nur müssen sie jetzt auf Seiten der Hutu-Extremisten gesucht werden.

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4 Kommentare

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  • N
    nuankewa

    es ist witzig.

    "Franzöische Ermittlungen". es ist kein wunder.sarkozy kriecht kagame in den hintern,sonst mischt er nicht mit bei der machenschaften im kongo.französische soldaten haben damals bei der genocide einiges zugelassen.sie der bevölkerung nicht geholfen. rapha hat einiges richtig beschrieben.

    sarkozy kriecht kagame den genocider in den hintern.

  • R
    rapha

    Vielen Dank für den Artikel.

    Im Zusammenhang mit einem 18 Jahre vergangenen Absturz von der Wahrheit zu sprechen ist in jedem Fall gewagt. Ich hätte mir gewünscht, dass auch das heutige Ruanda in Ihrem Artikel niederschlag findet.

    Das heutige Ruanda wird von der RPF dominiert. Eine objektive Betrachtung ist meines Erachtens derzeit in Ruanda nicht möglich. So auch keine objektive Untersuchung von Außenstehenden.

     

    Dazu stellt der Bericht nicht fest wer geschossen hat, sondern nur, von wo aus geschossen wurde. Es ist weitgehend bekannt, dass die ruandische Armee nicht monolitisch betrachtet werden kann, sondern dass es auch dort verschiedene Strömungen gab und die Armee durchaus von RPF Männern unterwandert gewesen sein könnte.

     

    Zum Anderen gebietet es die journalistische Sorgfalt auch die derzeitige Beziehung zwischen Ruanda und Frankreich einzubeziehen. Frankreich will wieder bessere Beziehungen zu Ruanda und würde es sich nicht leisten, nochmals einen Bericht zu veröffentlichen in welchem eine Restschuld an der RPF hängen bleibt.

     

    Ich würde mir wünschen in der Taz demnächst mal wieder einen größeren Artikel über Ruanda zu lesen, der auf mehrere Aspekte eingeht und ein realistisches Gesamtbild zeigt ohne nur kurz und oberflächlich aktuelle Ereignisse zeigt.

     

    Gruß

    rapha

  • P
    PeterPan

    "Franzöische Ermittlungen"

     

    Das ist nicht lache, wer hat den die Hutu Milizen bewaffnet und ausgebildet. Eben, Militärs aus der sogenannten "Grande Nation". Ein Schelm wer böses dabei denkt.

  • HW
    Hans Wurst

    Ach was.

    wer haetts gedacht..?