Viva Con Agua baut Hotel in Hamburg: Gentrifizierung in Kauf genommen
Viva Con Agua baut ein Hotel im Hamburger Münzviertel. Der Verein versucht einen Balanceakt zwischen Gemeinnützigkeit und Profit.
„Viva Con Agua setzt sich für die Grundbedürfnisse der Menschen ein: trinken und aufs Klo gehen. Schlafen ist der nächste logische Schritt“, sagt VCA-Gründer Benjamin Adrion. Bereits seit einigen Jahren versucht der sanktpaulianische Verein neben Spendengeldern neue Wege der Finanzierung ihrer gemeinnützige Projekte zu finden. Zur VCA-Familie gehören deswegen seit einigen Jahren auch gewinnorientierte Unternehmen. Der Gewinn fließt zu 100 Prozent zurück in soziale Projekte von VCA. Mineralwasser und Klopapier bieten sie schon an – ein Hotel in einem gentrifizierten Viertel ist aber doch etwas Anderes.
Auf die Frage, ob das Hotel nicht in Widerspruch zu den bisherigen Unternehmen steht, antwortet Adrion: „Ich finde, dass auch hier die Idee von Viva Con Agua zu spüren ist. Das hier ist das Zusammenwirken einer Gemeinschaft, die das Ziel hat, soziale Projekte zu fördern.“
Das Grundstück für die „Villa Viva“, das sich in Stadthand befand, sei aufgrund der Form schwierig zu bebauen, erklärt Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Deswegen habe die Stadt nur ein Drittel des ursprünglichen Kaufpreises verlangt. Zwischen Deichtorhallen und Hauptbahnhof wächst eine Vielzahl von anderen Hochhäusern in den Himmel, und mit ihnen die Mieten für Wohnraum.
Günther Westphal, Stadtteilinitiative Münzviertel
Günther Westphal von der Stadtteilinitiative Münzviertel sagt, er sei grundsätzlich zufrieden damit, wie VCA auf die Interessen der Anwohnenden eingehe. Seit zwei Jahren bestehe Kontakt zwischen dem Verein und der Initiative, die gegen die Gentrifizierung des Viertels kämpft. Die Messlatte liegt allerdings tief. Bis heute habe sonst kein anderes Unternehmen mit der Initiative zusammengearbeitet.
Bezahlt wird das „Gasthaus“ durch Investor:innen, die in engem Kontakt zu VCA stehen. Kein Cent aus Spendengeldern sei in den Bau geflossen.
Stellvertretend für die „Shareholder Gang“ spricht Mitra Kassai, Gründerin von „Oll Inklusiv“, das kulturelle Programme für Senior:innen organisiert. Der Unterschied zwischen konventionellen Investor:innen und der „Shareholder Gang“ sei, dass alle in erster Linie Gutes tun wollten. „Wenn ich das Geld wirtschaftlich anlegen wollte, hätte ich es nicht gemacht“, sagt die Geldgeberin lächelnd.
5,5 Millionen Euro hätte die „Gang“ auf den Tisch gelegt – für 33 Prozent des Unternehmens, fügt Benjamin Adrion hinzu. Den Rest halte VCA. Erst nach 20 Jahren hätten die Investor:innen das Recht, ihre Anteile zu verkaufen. VCA besäße ein Vorkaufsrecht. Mit dem Geld wird ein Kredit bei der Umweltbank bedient, die ausschließlich ökologische Kreditprojekte finanziert.
Für die Zukunft seien weitere Hotels möglich, allerdings wolle VCA erst mal die „Füße stillhalten“. Benjamin Adrion sagt, dass es nicht darum gehe, „möglichst schnell Gewinn zu machen“. Weitere Projekte müssten mit dem Ziel der Wohltätigkeit geplant werden.
Das H-Wort hat schlussendlich doch jemand benutzt: „Wir haben den Eindruck, es wird ein Hotel“, sagt Günther Westphal von der Stadtteilinitiative. Der Raum könnte auch anders genutzt werden. Ein bisschen recht hat er schon.
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