: Vision fürs nächste Wahljahr: schwarz-grünes Bremen?
■ CDU-Chef Neumann sieht sich den Grünen „sehr nahe“ und äußert das im Boulevardblatt „Kölner Express“
Noch ist nicht mal Halbzeit bei der Bremer Regierung, schon macht die CDU Wahlkampf-Stimmung: 2003, wenn in Bremen neu gewählt wird, sei eine Koalition mit den Grünen „durchaus denkbar“, bekannte gestern der CDU-Landesvorsitzender Bernd Neumann im Kölner Express. Schließlich kämen sich Konservative und Grüne inzwischen in der Wirtschafs- und Finanzpolitik „sehr nahe“.
Nur auf Bundesebene wollte Neumann ein solches Bündnis ausschließen. Dort sei der natürliche Koalitionspartner der CDU immer noch die FDP, da man von den Grünen „in Fragen der Innen- und Sicherheitspolitik meilenweit entfernt“ sei. In Ländern und Kommunen aber spielten diese gesellschaftspolitischen Themen keine so große Rolle, erklärte der Bremer CDU-Chef. Dort seien schwarz-grüne Bündnisse sehr wohl möglich. Und eben „auch in Bremen“, so sein gewichtiger Nachsatz.
Neumanns deutliches Koalitions-angebot ist offenbar aber nicht die erste CDU-Offerte an die grüne Oppositon in Bremen: Es habe immer wieder Signale der CDU gegeben, über ein schwarz-grünes Regierungsbündnis nachzudenken, hieß es gestern bei den Grünen. Von „vielen persönlichen und guten Beziehungen zu den grünen Abgeordneten“ ist bei den Schwarzen die Rede. Vor allem die jungen CDUler hätten das alte Feindbild von den Grünen längst abgelegt. Und auch einzelne Grüne entdecken jenseits der konservativen Hartliner in manchen Punkten „größerer Übereinstimmung“ mit der CDU. Statt dessen gelten die Sozis bei beiden Partein inzwischen oft als zu dogmatisch, zu verfilzt und unzuverlässig bei den Absprachen.
CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff jedenfalls kann sich gut vorstellen mit den Grünen im Senat zusammenzuarbeiten. Die Möglichkeiten einer Regierungsbildung wären damit um „eine interessante Variante“ reicher. „Der entscheidende Vorteil“ eines schwarz-grünen Bündnisses wäre für Eckhoff, dass die alten Strukturen aus der SPD-Alleinregierung in der Verwaltung endlich wegbrächen.
Das Interessante für die Grünen an einem solchen Bündnis wäre – zumindest theoretisch – die Finanzpolitik. Während die SPD traditionell den Staat kontrollieren lassen will, gebe es in Sachen Gesellschaften oder Staatsverschuldung eigentlich sinnvolle Ansätze mit den Konservativen zusammenzuarbeiten, erklärte die Grüne-Fraktionssprecherin Karoline Linnert. „Bloß hat die CDU in Bremen zum Beispiel mit Schattenhaushalten eine Politik gemacht, so dass hier dieser Anreiz entfällt.“ Während beim Thema Asylpolitik oder Innere Sicherheit wie jüngst beim Polizeigesetz die Hürde nach wie vor unüberwindbar sei.
Die wahltaktische Überlegung hinter Neumanns Grünen-Bekenntnis könnten die Überlebensfrage in der Regierung sein: Entweder die CDU schafft es mit der SPD in die große Koalition, oder sie landet in der Opposition. Deshalb will sich auch CDU-Mann Eckhoff nicht mehr „einseitig auf die SPD festlegen“ und die Grünen als „dritte Macht aus der Koalitionsfrage raushalten“.
Und die SPD? Was halten die Genossen vom neuen Werben des Koalitionspartners in Richtung Grün? „Ich kann mir eine Koalition zwischen schwarz und grün auch gut vorstellen“, erklärte Fraktionssprecher Jens Böhrnsen: „Aber nur in der Opposition.“ pipe
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