Visa-Korruption in Polen: Heimliche Einwandererfreunde
Vornerum gegen Migration tönen, hintenrum Tausende reinlassen: Der korrupte Handel mit Arbeitsvisa könnte die PiS den Wahlsieg kosten.
A n das Wort „Lüge“ haben sich Polen und Polinnen schon gewöhnt. Ständig werfen sich Regierungs- und Oppositionspolitiker gegenseitig „Lügen“ vor. Die Nationalpopulisten von Recht und Gerechtigkeit (PiS), die nach den Parlamentswahlen am 15. Oktober zum dritten Mal in Folge die Regierung stellen wollen, entlarven auch gerne angebliche „Volksverräter“ und Parteigänger Wladimir Putins oder, man staune, Angela Merkels.
Doch nun hat sich ein besonders hässliches Wort an die PiS geklebt: „Heuchelei“! Die Visa-Korruptionsaffäre, in die Polens Außenministerium, mehrere polnische Konsulate in Asien und Afrika sowie einige Privatfirmen verwickelt sind, scheint diese Heuchelei exemplarisch für die Politik der PiS offenzulegen: Sie sagt das eine, tut aber das andere.
So behauptet die PiS-Regierung stets lautstark, das Bollwerk Europas gegen muslimische Migranten zu sein, doch heimlich stattete sie über Jahre hinweg Hunderttausende mit legalen Schengen-Arbeitsvisa aus. Mit dem polnischen Stempel im Reisepass können die von der PiS oft pauschal als „Illegale, Typhuskranke, Gewalttäter, Islamisten, Kriminelle, Terroristen“ diffamierten Araber frei durch Europa und sogar bis in die USA reisen.
Damit nicht genug, entstand bei der massenhaften Visavergabe auch noch ein illegales Korruptions-Netzwerk, in das Mitarbeiter des Warschauer Außenministeriums und polnischer Konsulate verstrickt sind. Da klingt es wie Hohn, dass Polens Bürger am Wahltag zudem vier Fragen in einem Referendum beantworten sollen. Eine davon lautet: „Bist du für die Aufnahme tausender illegaler Immigranten aus dem Nahen Osten und aus Afrika, so wie es der Zwangsmechanismus der Umverteilung vorsieht, den uns die EU-Bürokratie aufzwingen will?“ Dabei muss Polen gar keine Asylbewerber aus Italien aufnehmen, da ja Millionen Kriegsopfer aus der Ukraine als erstes Fluchtland Polen ansteuerten. Die PiS-Regierung muss lediglich einen Antrag bei der EU stellen. Heuchler wirken wenig glaubwürdig. Die Opposition in Polen sieht ihre Chance bei den Wahlen im Oktober.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen