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Vietnams mächtigster Politiker ist totEnde eines Apparatschik

Der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, Nguyen Phu Trong, ist nach langer Krankheit gestorben. Ein Nachfolger bringt sich in Stellung.

Der vietnamesische Präsident To Lam während eines Staatsbesuchs des russischen Präsidenten Putin am 20. Juni in Hanoi Foto: Nhac Nguyen/epa

Berlin taz | In Vietnams Hauptstadt Hanoi ist es ein wenig wie einst in der Sowjetunion: Bereits am Donnerstag hatten Exilmedien unter Berufung auf gut unterrichtete Quellen aus dem inneren Machtzirkel den Tod von Parteichef Nguyen Phu Trong gemeldet. Am Freitag verkündeten Staatsmedien das Ableben des 80jährigen offiziell, datierten es aber auf den Freitag. Mehrere politische Großveranstaltungen ab Samstag wurden abgesagt. Die Ankündigung einer Staatstrauer lässt ebenso auf sich warten wie die einer Begräbniszeremonie.

Der studierte Literaturwissenschaftler Nguyen Phu Trong, der in der Sowjetunion promoviert hatte, galt als ultrakonservativer Apparatschik. Nach einer erfolgreichen Parteikarriere wurde er 2006 Parlamentspräsident und 2011 Parteichef – in dem Einparteienstaat der wichtigste Posten. In Trongs Amtszeit wuchs die Wirtschaft in dem südostasiatischen Land dynamisch, sie weist weltweit eine der höchsten Wachstumsraten auf.

Vietnam bewältigte dank drastischer Eingriffe erfolgreich die Coronapandemie und erhielt anschließend viele neue ausländische Investitionen von Unternehmen, die eine Alternative zur Abhängigkeit von China suchten. Die Pressefreiheit wurde unter Trong weiter ausgehöhlt und das Vorgehen sowohl gegen Menschenrechtler, Umweltorganisationen als auch gegen parteiinterne Konkurrenten wurde härter. Trong erwarb sich den Ruf eines Kämpfers gegen Korruption. Dabei ging er jedoch nicht deren strukturelle Ursachen an, sondern ließ einzelne Akteure hart bestrafen bis hin zur Todesstrafe.

Seit der Parteichef 2019 einen Schlaganfall mit Hirnblutungen und anschließenden Sprachstörungen erlitten hatte, galt Trong als gesundheitlich schwer angeschlagen. Er wollte längst zurücktreten, aber die Parteiführung konnte sich nicht auf einen Nachfolger einigen. In den vergangenen Monaten zeigen Videoaufnahmen, dass er nur noch auf andere Personen gestützt laufen konnte.

Ein kluger Schachzug von To Lam

Als im Juni Russlands Präsident Wladimir Putin bei ihm zu Gast war, musste Gastgeber Trong auf einen Sessel gesetzt werden. Auf den Fotos wirkte er abwesend und Putins Audienz machte eher den Eindruck eines Kranken- denn eines Staatsbesuches.

Am Freitag setzte sich bereits ein Nachfolger in Szene: Der erst im Mai zum Staatspräsidenten gewählte 67jährige Hardliner und ehemalige Sicherheitsminister To Lam übernahm interimsmäßig zusätzlich die Amtsgeschäfte des Parteichefs, der sich offiziellen Angaben aus Hanoi zufolge auf seine medizinische Behandlung konzentrieren wollte.

Glaubt man Exilmedien, war Trong da allerdings bereits tot und die Interimslösung ein kluger Schachzug To Lams, um das höchste Amt in Vietnam zu ergattern. Denn um dieses hatte er sich mit dem gemäßigteren Premierminister Pham Minh Chinh, einen Politiker mit Wirtschaftskompetenz, über Monate einen erbitterten Machtkampf geliefert.

Noch diesen Monat hatte sich die Parteiführung des in Vietnam sehr mächtigen Militär für Chinh als Nachfolger ausgesprochen und nicht für den wegen seiner kriminellen Energie umstrittenen To Lam. Er ist laut eines Urteils des Berliner Kammergerichtes von 2018 Auftraggeber der Entführung des abtrünnigen Funktionärs Trinh Xuan Thanh von Berlin nach Hanoi 2017.

Bizarre Debatte

In Hanoi gibt es eine bizarre Debatte über das Begräbnis des Verstorbenen. Exilmedien zufolge hatte die Ehefrau der Parteiführung am Donnerstag den letzten Willen ihres Mannes übermittelt: Er wolle im engsten Familienkreis in seiner Heimatgemeinde, einem inzwischen eingemeindeten ehemaligen Vorort von Hanoi, begraben werden. Die Parteiführung besteht aber auf einem Staatsbegräbnis für Trong an einem zentralen Ort.

In Vietnam ist es Tradition, sich in dieser Frage über den letzten Willen von Politikern hinwegzusetzen. Der erste Präsident Ho Chi Minh wollte eingeäschert und seine Asche über das ganze Land verteilt werden. Stattdessen liegt der einbalsamierte Leichnam Ho Chi Minhs in einem Mausoleum im Zentrum von Hanoi, ähnlich wie Lenin auf dem Roten Platz in Moskau.

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1 Kommentar

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  • Ich finde es auch wieder witzig, dass die Partei sich noch "kommunistisch" nennt.

    Es ist übrigens "Apparatschik", liebe taz.