Vielverdiener bekommen mehr: Ohne Eltern keine Chance
Wer Elterngeld beantragt, muss ordentlich rechnen, um nicht viel schlechter dazustehen. Drei Beispiele zeigen, wie gerechnet werden muss.
Joanna Münker, lebt mit ihrem Freund zusammen, beide Studenten, ein Kind:
Mein Sohn wurde im Juli geboren, im August haben wir Elterngeld beantragt, aber noch haben wir nichts bekommen. Auf dem Amt hatten sie uns gesagt, es kann acht Wochen dauern, da dachten wir gleich, das kann ganz schön eng werden. Ohne unsere Eltern, die uns finanziell unterstützen, hätten wir ein richtiges Problem. Sowohl mein Freund als auch ich haben Elterngeld beantragt. Ich für elf Monate, er für drei, wobei wir die ersten drei Monate zusammen zu Hause bleiben wollen. Für uns beide wird es nur den Mindestsatz von 300 Euro geben. Die Rollenverteilung liegt daran, dass ich noch bis zum Frühjahr mit meinem Abschluss beschäftigt bin und sowieso zu Hause bleiben würde. Mein Freund ist gerade fertig mit dem Studium und kann arbeiten gehen. Grundsätzlich finde ich es schon eine fragwürdige Tendenz, dass es für Vielverdiener mehr Geld gibt. Soll denn, wer wenig verdient, keine Kinder bekommen?
Fabian Reichert*, verheiratet, zwei Kinder:
Ich bin selbständig, meine Frau verdient als Beamtin gut und bekommt daher den Höchstsatz an Elterngeld. Das ist aber nicht der einzige Grund, weshalb sie zwölf Monate Elternzeit nimmt und ich nur zwei. Sie hatte sich gewünscht, so lange wie möglich zu pausieren. Ich arbeite als Selbständiger sowieso viel von zu Hause aus. Außerdem ist sie bei unserem ersten Kind schon nach fünf Monaten wieder eingestiegen. Damals gab es noch Erziehungsgeld, und da wir noch unter allen Einkommensgrenzen lagen, bekamen wir den Höchstsatz. Damit hatten wir Glück: Hätte es 2005 schon Elterngeld gegeben, hätten wir nur den Mindestsatz bekommen. Aufpassen muss ich, wenn ich selbst das Elterngeld bekomme: Ich darf nicht zu viel verdienen, um nicht den Anspruch zu verlieren. Doch als Selbständiger lässt sich das ja meist regeln.
Karsten Scholz*, lebt mit seiner Freundin zusammen, drei Kinder:
Wir sind einer der angeblichen Ausnahmefälle, die längst keine Ausnahme mehr sind: Meine Freundin ist Studentin, bekommt aber kein Bafög, hat also kein Einkommen. Ich hatte zwar einen Job, war aber die vergangenen sechs Monate arbeitslos und würde somit kaum mehr als den Mindestbetrag bekommen. Wir haben es daher so geregelt, dass meine Freundin zwölf Monate nimmt und ich zwei, außerdem unterstützen uns unsere Eltern. Ich würde mich gerne länger um die Familie kümmern, aber so ist es finanziell besser. Ich wünsche mir außerdem, dass Elternzeit und -geld flexibler genommen werden können. Zum Beispiel schon ein paar Monate vor der Geburt - da wäre es gerade mit mehreren Kindern viel wichtiger.
*Name geändert
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