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„Viele zauberhafte Ecken“

Zwischen Holstenstraße und Fischmarkt: Seit fast fünf Jahren pflegt und renoviert die Stadt den Grünzug Neu-Altona  ■ Von Henrik Gast

„Früher“, erzählt Hajo Schaefer, „wurde der Bereich von der Hols-tenstrasse bis zum Fischmarkt stiefmütterlich behandelt.“ Inzwischen hat der Planer im Gartenbauamt Altona bereits „viele zauberhafte Ecken“ ausgemacht. Fast 1,9 Millionen Mark haben Stadtentwicklungs- und Umweltbehörde seit 1995 für den Grünzug Neu-Altona ausgegeben. Zu allen Projekten der Grünanlage veranstaltete das Gartenbauamt Gesprächsrunden mit dem Altonaer Turnverein, der Wohnungsbaugesellschaft Saga, der Mieterinitiative MIG Hexenburg und interessierten Einzelpersonen. „Es sollte gemeinsam entschieden werden“, erklärt Schäfer, „damit sich die Bürger mit dem Grünzug identifizieren.“

Herausgekommen sind viele Vorhaben, von denen einige auch schon realisiert wurden. So wird, sofern die Stadtentwicklungsbehörde zustimmt, demnächst im Gebiet Hexenberg etwas unternommen. Der Sportplatz zur Königstraße soll renoviert und zusätzliche Beleuchtung angebracht werden, und auch der östliche Eingang der St. Trinitatis Kirche soll einiges an Verschönerung erfahren. Südlich der Kirche an der Breite Straße wurde Anfang August ein renovierter Spielplatz eingeweiht, der Platz an der Unzerstraße soll demnächst erneuert werden. Im Walter-Möller Park lädt inzwischen ein Kunstrasenplatz zum Fußballspielen ein, daneben finden Kinder und Jugendliche Kletterburg und Skatebahn.

Etwas seitlich im Park liegt eine umzäunte Wiese mit Röhren und Steinen, in der die Hunde frei herumlaufen dürfen – damit nicht überall im Park Hundekot liegt, hat das Gartenbauamt ein Dixie-Klo aufgestellt, das regelmäßig geleert wird. Allerdings: „Wenn die Bürger das Angebot nicht annehmen, sind wir machtlos“, sagt Hajo Schaefer. Die jedoch haben zum Teil andere Sorgen. „Hier sind viele Dealer“, beklagt sich der 11-jährige Ozan Dogan. Die „nehmen keine Rücksicht auf Jüngere“, einer habe ihn sogar von der Skatebahn geschubst. „Ich habe ihn angeschrien“, erzürnt sich Ozan noch nachträglich. Für den Moment habe es zumindest geholfen.

Der 11-Jährige kommt mit seinen Freunden jeden Tag hierher – auch bei Regen, obwohl sie dann meist alleine sind. Die kleine Clique hat vor fünf Monaten geholfen, die Skatebahn im Walter-Möller Park zu bauen. 32 Kinder vom Verein Spieltiger haben vier Wochen mit angepackt. Die sieben Bauarbeiter, die Regie führten, vergisst Ozan gerne, wenn er erzählt, wie er damals die Platten festgeschraubt hat.

Das Gartenbauamt hat Jugendliche und Kinder miteinbezogen, um späterem Vandalismus vorzubeugen. Drei Stunden am Tag kontrollieren zudem zwei Angestellte eines Sicherheitsdienst den Grünzug. Trotzdem fühlt sich Margot Willmann nicht sicher. Sie besucht seit 15 Jahren mittags und abends den Park nördlich der Holstenstraße, doch die Brücke in den südlichen Teil überquert sie mit ihrem Hund nie. Sie hat Angst, dass der kleine Malteser-Mischling gebissen wird: „Dort leint niemand seinen Hund an.“ Vor zwei Wochen erst habe ein Rottweiler einen Dackel zerfleischt „und dessen Besitzer noch dazu“, erzählt sie. Mit der neuen Kampfhundeverordnung und den Maßnahmen der Stadt sei es jedoch schon besser geworden.

Sieghard Wilm kennt viele RentnerInnen, die schon einmal überfallen worden sind. Der Pastor der St. Trinitatis Kirche schätzt zwar den Grünzug in der Stadt, aber die Fläche sei auch ein „sozial problematischer Bereich“. So sei der Schau-kasten „unserer Kirche schon mehrmals zerstört und mit Hakenkreuzen und Naziparolen beschmiert“ worden.

Auch deswegen plädiert der Seelsorger dafür, das Gebiet nördlich der Kirche bis zur Köngigstraße zu bebauen. „Das kann ein Treffpunkt werden, den der Stadteil dringend braucht,“ sagt Wilm. „Wenn sich um die Kirche ein Café, eine Behinderten-WG und eine Massagepraxis ansiedeln, ist vielleicht der Grünzug unterbrochen, aber die Sicherheit erhöht.“

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