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Viele Akteure, ein Ziel

JOBS Die Gesundheitswirtschaft wächst beständig und hat sich zu einem der wichtigsten und innovativsten Wirtschaftszweige Berlins entwickelt

Innovationen auch für Tiere: Tiger Sarai aus dem Tierpark im weltweit modernsten Computertomografen der Veterinärmedizin Foto: Andreas Teich/Caro

von Anna Löhlein

Die Hauptstadtregion Berlin-­Brandenburg ist einer der weltweit führenden Standorte der Gesundheitswirtschaft. Derzeit beschäftigen hier rund 21.000 Unternehmen der Branche 320.000 Menschen. Und die Zahl der Stellen wächst. Alexander Dennebaum, stellvertretender IHK-Pressesprecher: „In der Berliner Gesundheitswirtschaft planen vier von zehn Unternehmen in den kommenden Monaten neue Stellen zu schaffen. Dieser Anteil ist fast doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft.“

Allein der Bereich Biotech und Medizintechnik wächst in Berlin derzeit um 5 bis 10 Prozent pro Jahr. Benno Müchler, stellvertretender Pressesprecher von Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer, führt als Beispiel das private „ifp Institut für Produktqualität“ an, eine GmbH, aus dem Bereich Bioanalytik und Diagnostik. Die Zahl der Mitarbeiter des Unternehmens sei in den vergangenen fünf Jahren von 50 auf 250 gestiegen.

Als Grund für den Erfolg des Wirtschaftszweigs Gesundheit in Berlin gilt die deutschlandweit nahezu einzigartige Konzentration und Vernetzung von Wissenschaft, Kliniken und Wirtschaft. Dieses Netzwerk ermöglicht beispielsweise eine rasche Überführung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse in innovative Produkte.

Viele Akteure, ein Ziel: Auf dem letztjährigen internationalen Weltgesundheitsgipfel, dem World Health Summit, in Berlin, freuten sich rund 1.500 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sowie führende Akteure der Berliner Gesundheitsbranche über die positive Entwicklung des Gesundheitsstandorts Berlin. Sie eint das gemeinsame Ziel: Berlin soll Deutschlands Hauptstadt der Gesundheit werden.

In diesem Sinne bekräftigte Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung, die Vernetzung der ansässigen multinationalen und mittelständischen Unternehmen als eine wichtige Aufgabe ihrer forschungspolitischen Agen­da.

Gesundheit als Beruf

Um „Gesundheit als Beruf“ geht es auf der gleichnamigen Karrieremesse, die am 18. und 19. 3. in der Urania Berlin stattfindet. Veranstalter sind neben der Urania die IHK Berlin und Potsdam sowie das Cluster Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg HealthCapital.

Rund 90 Unternehmen und Bildungseinrichtungen stellen vor und informieren über das breite Spektrum der Ausbildungs-, Studien- und Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich Gesundheitswirtschaft. Auf dem Programm stehen außerdem Mitmach-Aktionen, Workshops und eine Stellenbörse.

Freitag, 18. 3., 9–17 Uhr und Samstag, 19. 3., 10–15 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Infos: www.gesundheit-als-beruf.de

Ein weiteres Erfolgsgeheimnis der Hauptstadtregion ist ihre Branchenvielfalt: Im Unterschied zu den meisten Wettbewerbern in Deutschland sind in Berlin-Brandenburg alle wichtigen Teilbranchen stark vertreten, insbesondere die Biotechnologie und Medizintechnik.

Wissenschaftlichen Input geben die zahlreichen universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, darunter allein vier Max-Planck-Institute. Zudem verfügt die Hauptstadtregion über eine hochentwickelte klinische Forschungslandschaft mit der weltweit renommierten Universitätsklinik Charité, dem Deutschen Herzzentrum Berlin sowie Europas größtem Kliniklabor „Labor Berlin“ (Charité Vivantes GmbH).

Bekanntermaßen kommt auch der demografische Wandel dem Wachstum der weißen Branche entgegen. Die Alters­pyramide verschlankt sich stetig zur Pilzform. Eine wachsende Zahl alter, pflegebedürftiger Menschen steht einer immer kleiner werdenden Menge Erwerbstätiger gegenüber. So wachsen entsprechende Forschungsfelder, etwa auf dem Gebiet der Altersmedizin, und die Gesundheitswirtschaft erweist sich darum als eine vergleichsweise krisenfeste und stabile Zukunftsbranche erwiesen.

Um die Entwicklung Berlin-Brandenburgs als Standort der Gesundheitswirtschaft kon­trol­liert voranzutreiben, riefen die beiden Länder bereits 2010 das „Cluster Gesundheitswirtschaft“ ins Leben. Unter der Dachmarke HealthCapital arbeitet das Cluster-Management an der Bündelung und Koordination konkreter, länderübergreifender Maßnahmen und Aktivitäten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Unterstützung von Neugründungen. Dr. Stefan Franzke, Geschäftsführer der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH betont in diesem Zusammenhang einen weiteren Standortvorteil Berlins: Die vielen hier ansässigen jungen Talente des digitalen Bereichs, die für die Medizin der Zukunft gebraucht werden.

Input geben zahl­reiche Forschungseinrichtungen, darunter allein vier Max-Planck-Institute

Als Start-up-Standort ist Berlin schon heute die Nummer eins in Europa, allein in den Lebenswissenschaften entstanden seit 2010 rund 100 neue Unternehmen. Darunter zum Beispiel das Internetportal viomedo.de. Die Plattform vermittelt zwischen klinischen Studien und Patienten. Durch die Möglichkeit einer Studienteilnahme, bekommen Kranke so Zugang zur Medizin von morgen. Die App laracompanion.com unterstützt Frauen mit Kinderwunsch durch die Auswertung körpereigener Daten und bietet digitale Gesundheitsprogramme.

Mit neuronation.de entwickelte die Freie Universität Berlin derweil ein wissenschaftliches Gehirntraining für Web und App, bestehend aus über 60 Übungen. Das „Fitness-Studio für den Kopf“ wird bereits in der Neurorehabilitation, in der Stressprävention und in der kognitiven Vorsorge eingesetzt – und es ist das erste computerbasierte Gehirntraining weltweit, das von einer Krankenkasse (AOK) erstattet wird.

Jedes Jahr bereichern weitere Gründungen den Markt. Gut so, denn, um es mit den Worten von Wirtschaftssenatorin Yzer zu sagen, „der Patient wartet auf Innovation“.

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