Videoüberwachung bei Uni-Klausur: Ein Auge zu viel
Ein Rostocker Hochschullehrer filmte bei einer Mathematikklausur, um Schummler zu überführen. Die Überwachung ist ein klarer Verstoß gegen das Datenschutzgesetz.
BERLIN taz | 120 Prüflinge und nur ein paar Augen - um die Studierenden während einer Klausur besser zu observieren, hat ein Rostocker Mathematikprofessor die Videoanlage des Hörsaals eingeschaltet und die Schreibenden gefilmt. Das war letzte Woche und ist ein klarer Verstoß gegen das Landesdatenschutzgesetz, erklärte am Montag der Landesdatenschutzbeauftragte Reinhard Dankert der taz: "Dass Kameras zur Überwachung von Hörsälen installiert sind, ist nicht verwerflich, aber während laufender Veranstaltungen müssen diese ausgeschaltet werden."
Nach Dankerts Auskunft war es bereits der zweite Fall an der Universität Rostock. Schon im November hatte ein Medizinprofessor seine Studierenden gefilmt. Dankerts Behörde hatte die Universität daraufhin angeschrieben. Diese erklärte nun der taz, dass die Überwachung und Aufzeichnung von Prüfungen mittels Videotechnik an der Universität Rostock grundsätzlich verboten sei.
"Die Videotechnik wurde angeschafft, um Experimente aufzunehmen und besser sichtbar zu machen, jedoch nicht, um Studierende zu kontrollieren", so Universitätssprecher Ulrich Vetter. Eigentlich wüssten das die Professoren, die Uni werde es noch mal in ihre Prüfungsordnung aufnehmen.
Wegen der stark gestiegenen Studierendenzahlen filmen viele Hochschulen Vorlesungen und übertragen sie in andere Hörsäle oder ins Internet. So etwa an der Universität München. "Wir filmen aber nur den Professor und nicht das Publikum", sagte eine Universitätssprecherin.
Offizielle Zahlen, ob es an anderen Hochschulen ähnliche Fälle wie in Rostock gab, liegen nicht vor. In welchem Umfang Videoüberwachung erlaubt ist, regeln die Landesdatenschutzgesetze. Rheinland-Pfalz hat eine Orientierungshilfe für alle Bundesländer herausgegeben. Demnach ist eine Videoüberwachung in Hörsälen zulässig, wenn dies zur Wahrung des Hausrechts erforderlich ist. Studierende müssen aber informiert werden.
Zumindest letzter Punkt war im Rostocker Fall erfüllt. Die Prüflinge konnten sich auf einer großen Leinwand sehen. Der Professor hat sich entschuldigt, die Universität hat den Studierenden angeboten, die dreistündige Klausur zu wiederholen. Es gebe aber wohl nur wenige Interessenten, meinte Universitätssprecher Vetter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin