Video von Panzerwagen im Nordirak: Deutsche Waffen im Kurdenkonflikt?
Der Panzerwagen Dingo sollte den kurdischen Peschmerga gegen den IS helfen. Ein Video soll einen Dingo bei einem Vorstoß auf Jesiden zeigen.
Das Eiserne Kreuz ist im Video gut zu erkennen. Es prangt auf der rechten Seite des Panzerfahrzeugs, zwischen den beiden Fenstern. In der oberen Hälfte wirkt das Kreuz zwar verschwommen, in der unteren Hälfte ist es aber unverkennbar: Der Dingo trägt das Hoheitszeichen der Bundeswehr; der Wagen stammt vermutlich aus deutschen Armeebeständen.
Und das ist das Problem. Das Video, das die Medienaktivisten des Blogs Lower Class Magazine am Donnerstag veröffentlichten, soll nämlich einen Vorstoß kurdischer Peschmerga auf die Jesidenstadt Khanasor zeigen. Dort hat das Militärfahrzeug aus Deutschland eigentlich nichts zu suchen.
Im Sommer 2014 hatte die Bundesregierung beschlossen, Bundeswehrmaterial an die Kämpfer der irakisch-kurdischen Peschmerga zu liefern. Mithilfe deutscher Waffen und Fahrzeuge, darunter mehrerer Dingos, sollten sie den „Islamischen Staat“ zurückschlagen. Kurz zuvor hatten IS-Massaker an den Jesiden, einer Minderheit in den Kurdengebieten, die Welt aufgeschreckt.
Kritik an der Lieferung gab es schon damals. Eine Befürchtung: Irgendwann könnten die Peschmerga das Material in innerkurdischen Konflikten verwenden. Die Bundesregierung konterte, dass die kurdische Regionalregierung unterschrieben habe, die Waffen nur gegen den IS einzusetzen.
Vor zwei Monaten brachen im Nordirak aber tatsächlich Kämpfe zwischen den Peschmerga auf der einen und der Jesiden-Miliz YBS sowie PKK-naher Kurden auf der anderen Seite aus. Schon damals kursierte eine Version des Dingo-Videos im Internet. Sie war nur kurz und verpixelt, das Eiserne Kreuz höchstens zu erahnen. Zu sehen war, wie sich zwei Männer gegen das rollende Fahrzeug stemmen und versuchen, es mit ihren Körpern aufzuhalten. Als das nicht gelingt, laufen sie weg. Dann bricht das Video ab.
Eine PKK-nahe Miliz gab anschließend an, es handele sich um zwei ihrer Kämpfer. Sie hätten sich friedlich einem Peschmerga-Konvoi entgegenstellt, der auf die Jesiden-Stadt Khanasor vorgerückt sei. Sie seien aus der Kolonne heraus erschossen worden.
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke stellte daraufhin eine Anfrage an die Bundesregierung, die Antwort liegt der taz vor. Die Auskunft auf die Frage, woher das Fahrzeug stammt, fehlt zwar. Sie ist als Geheimsache deklariert. Die Regierung bestätigt aber, dass es sich im Video um einen Dingo handle – und dass in der Region außer den Peschmerga nur noch Katar über ein solches Modell verfüge. Aus der Antwort wird klar: Den Wagen im Video hat die Bundesrepublik geliefert.
Die Regierung stellt aber infrage, dass tatsächlich ein Angriff auf die Jesiden-Stadt zu sehen ist. Man könne „keine Aussagen zu den näheren Umständen“ des Videos machen und erkenne „keine Darstellung eines militärischen Angriffs“. Die Regierung weiß nach eigenen Angaben nicht, welche Peschmerga-Einheiten die Dingos nutzen und hat keine Erkenntnisse darüber, ob Bundeswehr-Material gegen die Jesiden eingesetzt wurden.
Gabriel konnte keinen Hinweis finden
„Absurd“ nennt die Abgeordnete Jelpke diese Antwort. Die Regierung identifiziere das Fahrzeug im Video einerseits als Dingo aus deutscher Produktion. „Andererseits steckt sie den Kopf in den Sand und behauptet, nichts über den Einsatz aus Deutschland gelieferter Waffen gegen die jesidische Selbstverwaltung im Sengal zu wissen.“
Nach taz-Informationen hat Außenminister Sigmar Gabriel das Thema vergangene Woche bei seinem Besuch im Nordirak angesprochen, dort aber keine Hinweise auf einen Missbrauch der deutschen Waffen gefunden. Anders die Macher des Lower Class Magazine: Sie haben vor Ort recherchiert und mit Augenzeugen gesprochen, die die Vorwürfe bestätigen. Außerdem haben sie eine detailliertere Version des Dingo-Videos aufgetrieben – die, auf der das Eiserne Kreuz zu erkennen ist.
„Die Hoheitszeichen der Dingos werden vor der Übergabe überlackiert“, sagte dazu am Donnerstag ein Sprecher des Verteidigungsministerium der taz. Allzu gut hat die Farbe aber offenbar nicht gehalten.
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