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Video über Antisemitismus in ParisGefährlicher Spaziergang mit Kippa

Ein Reporter mit Kippa läuft durch Paris und lässt sich dabei filmen. Das Video zeigt Szenen des alltäglichen Antisemitismus.

„Juif“ (Jude) ist nicht als Feststellung, sondern als Beleidigung gemeint. Tabelle: https://www.youtube.com/channel/UC0NtthP4Klcigo6K0NHiA4Q

Sie beschimpfen ihn, spucken, einer verfolgt ihn sogar ein Stück. Denn der Mann trägt eine Kippa. Offenbar genügt das in Paris für Anfeindungen auf der Straße, so zeigt es ein Video des israelischen Online-Magazin NRG (Video eingebettet siehe weiter unten).

Darin läuft ein Reporter zu Recherche-Zwecken zehn Stunden durch verschiedene Viertel von Paris. Die krassesten Szenen sind auf 1:36 Minuten zusammengeschnitten und zeigen: Vor allem junge Männer sprechen ihn an, beleidigen ihn. „Ca va, tu es juif?“ („Wie geht's, bist du Jude?“) ist da noch das Harmloseste.

Mal offene, mal subtilere Drohungen begleiten ihn auf seinem Weg; oft reicht schon die Körperhaltung, um eine Äußerung als Drohung zu identifizieren. Als „Homosexueller“ wird er beschimpft, als jemand, der nur vorbeigekommen sei, um sich „von vorne und hinten vögeln zu lassen“. Eine junge Frau spuckt auf den Boden, als er vorbeigeht, eine andere ruft „Viva Palestine“.

Auffällig ist: Die jungen Männer, die ihn beschimpfen, stehen meistens gelangweilt am Straßenrand herum, oft in Gruppen. Dann läuft der Reporter mit Kippa vorbei, und sie werden aggressiv. „Jude“, das Wort als solches, genügt schon als Beleidigung. „Jüdisch sein“ ist hier ein psychologisch aufgeladener Begriff, gleichbedeutend mit allem Schlechten. Das ist Antisemitismus, wie es ihn vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Europa gab. Antisemitismus, von dem viele bis zu den Anschlägen von Paris und Kopenhagen glaubten, ihn weitgehend überwunden zu haben.

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Das Video zeigt: Antisemitismus ist in manchen Gegenden von Paris Teil des Alltags. Mit einer Einblende schließt der Clip: 851 antisemitische Angriffe gab es 2014 in Frankreich. Offensichtlich genügt schon eine Kippa, um Aggressionen zu wecken.

Das Ganze erinnert an das Video einer jungen Frau, die sich beim Spaziergang durch New York filmen ließ. „10 hours of walking in NYC as a woman“ war ein Sexismus-Experiment, das zeigen sollte, wie oft eine Frau im Alltag belästigt. In beiden Videos gibt es Diskriminierungen, in beiden sind immer auch Menschen zu sehen, die die Vorbeilaufenden in Ruhe lassen - allerdings auch nichts gegen die Anfeindungen unternehmen.

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47 Kommentare

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  • um auf Ake Krügers frage von mittwoch, 18:40 zurückzukommen....

    es gibt sie.

    gerade wieder eines in Berlin

    http://www.vice.com/de/video/ich-bin-mit-einer-kippa-durch-berlin-gelaufen-732?utm_source=vicefb

    spannend fände ich jetzt, dies 'experiment' in anderen bezirken fortzusetzen und zu gucken, in welchen bezirken was passiert oder auch nicht.

  • 3G
    3618 (Profil gelöscht)

    Ohje, das war ja ein wirklich beängstigender Spießrutenlauf.

    Geradezu lebensbedrohlich.

    Und in 10 Stundeneine endlose Kette von Bedrohungen und Beleidigungen, och, der Mann muss völlig traumatisiert sein!

    Da kann man ja nur noch dazu raten, nach Israel auszuwandern!

    Erinnert mich irgendwie an die verzweifelten Versuche in dem Film "Defamation", antisemitische Vorfälle in den USA zu finden.

  • Wieso gibt es solche Experimente eigentlich nicht in der BRD? Das würde mich vielmehr interessieren.

     

    Ich habe nur einmal einen Bericht gelesen von einem Humanisten, der mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck "Mit großer Sicherheit gibt es keinen Gott!" durch Neukölln gelaufen ist und angeblich ziemlich oft angepöbelt wurde.

    • @Age Krüger:

      Als fleißiger Leser der taz-Kommentare sollten Sie eigentlich täglich über Religionsbeschimpfungen stolpern

      • @Arcy Shtoink:

        Glauben Sie, dass hier ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung aus Neukölln oder Oberammergau kommentiert?

  • Ach so, nur Fußballfans auf Auswärtsspiel. Dann ist ja alles in bester Ordnung. Und ich dachte schon, das wären Rassisten.

  • Das Video zeigt eher homophobe denn andere Ressentiments. Der eine Passant fragt: "Wie geht´s Ihnen? Sind Sie Jude?" Ist das antisemitisch? Oder freundliches Interesse? Ist "Viva Palestine!" antisemitisch? Oder nur eine politische Äußerung im Rahmen der Meinungsfreiheit?

     

    Insgesamt passiert für 10 Stunden nicht allzuviel, was eine Überschrift "Gefährlicher" Spaziergang rechtfertigen würde. Gehen Sie mal 10 Stunden lang als Jude oder Schwarzer durch eine National Befreite Zone in Ostschland, dann erleben Sie, was gefährlich ist.

     

    850 antisemitischen Straftaten in Frankreich im Jahre 2014 stehen 16000 bis 20000 rechtsradikale Straftaten jährlich in Deutschland gegenüber. Man sollte den Blick für Verhältnismäßigkeiten nicht verlieren.

    • @Dudel Karl:

      Und sich törichte Gleichsetzungsversuche sparen?

      • @KarlM:

        Töricht ist, wer 850 mit 16000 gleichsetzt.

  • Und was hat das mit den antisemitischen Erfahrungen in Paris zu tun?

  • Wen überrascht das? Antisemitismus ist seit jeher (auch!) eine typische Haltung der Versager, der Hängengebliebenen, der langweiligen Idioten. Und davon gibt es da mehr, da weniger.

    Davon abzuleiten, dass nun alle Juden panisch fliehen müssten, halte ich für zwecklosen Alarmismus.

  • 1 Minute of wanting to take a metro train in Paris as a Black

     

    https://www.youtube.com/watch?v=SRIb8RDgnXg#t=42

    • @Dudel Karl:

      Das sind

       

      a) keine Pariser;

       

      b) Fußballfans auf Auswärtsspiel.

       

      "They're taking the Hobbits to Isengart!"

      - Captain Obvious

       

      https://www.youtube.com/watch?v=z9Uz1icjwrM

      • @Downfall, what Downfall?:

        Ach so, nur Fußballfans auf Auswärtsspiel. Dann ist ja alles in bester Ordnung. Und ich dachte schon, das wären Rassisten.

  • die bürgermeisterin von Paris versteht übrigens nur wenig spaß, wenn es um falschbehauptungen geht

    http://www.newsweek.com/paris-greenlights-lawsuit-against-fox-news-over-no-go-zones-306358

    • @christine rölke-sommer:

      Da geht es um die haltlose Behauptung von No-Go-Zones, nicht um die von einerseits kleineren Belästigungen mit andererseits Videobeweis.

       

      https://www.youtube.com/watch?v=wdX8y_xkz14

      • @Downfall, what Downfall?:

        genau diese behauptung stellt Klein im dazugehörigen artikel auf!

        ich zitiere:

        "“keffieh, femmes coiffees de la burqa parlant arabe a chaque coin de rue. Dans une banlieue, on me demande carrיment ce que je fais la… Car dans le Paris d’aujourd’hui, il existe des quartiers interdits aux Juifs. ” [keffiyeh, women wearing burqas and speaking Arabic at every street corner. In a suburb, I was even asked what I did there ….. because in present-day Paris, there are neighbourhoods forbidden to Jews”.

        auf die englische und französische fassung des artikels in nrg habe ich weiter unten verlinkt. Sie müssen nur ein wenig runterscrollen, um die links zu finden.

  • Ich vermute mal, einer Person, die sich mit anderer Religion zu erkennen gibt, erginge es nicht besser. Letztens war auch der Film einer Frau, die durch New York lief zu sehen - also es reicht auch Frau zu sein, um sich beschimpfen lassen zu müssen, schwul oder lesbisch zu sein sowieso. Das macht es nicht besser - reagiert wird wird aber vor allem auf Antisemitismus, während Antiislamismus oder Sexismus nicht ganz so interessant sind.....

    • @Michael Reese:

      Das glauben sie doch selber nicht.

      Aber hier kommen die Relativierer

      ja wieder aus ihren Ecken gekrochen.

      Sag mal taz,

      Schämt ihr euch manchmal für eure

      Leser ?

  • Ich glaube ich manchen Bezirken gehen die Leute auf alles los, was anders ist. Egal was/wer - "nur" um Frust ab zu lassen... Und das wird dann symbolisch genommen für den Zweck (Beweis wofür auch immer), den man halt erreichen will!?

    • @Katalin Nemeth:

      Als Beweis dafür, dass es in einigen Gegenden nicht ratsam ist, sich als Jude zu outen..?

      • @Arvid Blixen:

        Wer outet sich wofür und um was zu beweisen.....? Wenn man eine These aufstellt und nur nach Pro-Belegen sucht, wird man diese finden. Interessant ist doch, dass ausgerechnet jetzt Stimmen aus Israel die europäischen Juden nach Israel "heim" rufen, weil Europa ja so judenfeindlich ist ;0)..... Ein Schelm ist, wer da Propaganda riecht.....

        • @Katalin Nemeth:

          Was soll daran interessant und schelmisch sein? Ist doch klar dass sich solche stimmen mehren je mehr Anschläge es auf Juden gibt.

  • Also ich habe mir den Film jetzt 3 x angeschaut:( und bin mir bewusst, dass jeder seinen individuellen Fokus auf das Gesehene hat. 1. was die Passanten sagten, konnte ich nur an den Untertiteln erkennen und das lag nicht an mangelnden Fremdsprachenkenntnissen.

    2. mit meinem psychoanaltyischen "Blick" konnte ich bei den Probanden nur ein; vorsichtig ausgedrückt, provozierenden Gang erkennen. Dieser welche steht im direkten Zusammenhang mit dem Ausdruck (homo) was ich jetzt nicht eindeutig auf das tragen einer Kippa zurück führe.

    3. wem nutzt dieser Film?

    4. Bin mittlerweile der Auffassung das keine noch so kleinen Filmchen zweckfrei entstehen.

    Auf weitere Anregungen, die meinen Fokus erweitern, würde ich mich freuen.

    Von Beschimpfungen, da ich nicht ins allgemeine Gespenst Antisemitismus einstimme, bitte ich abzusehen.

     

    Sonst sehe ich mich gezwungen mich zu outen;)

    • @Maryam Marasco:

      Sie brauchen sich nicht out, als was auch immer, aber es bleibt eine Tatsache, dass in praktisch jeder jüdischen Gemeinde in Europa davon abgeraten wird, sich mit Kippa auf der Strasse zu erkennen zu geben. Wem das nützt? Na raten Sie mal...

  • Die Aggression wird nicht geweckt, sie war vorher schon da. Gewaltkultur im Alltag in den jeweiligen Communities ist die Grundlage dafür. Die Kippah ist nur wie so vieles Andere ein willkommener Anlass.

  • Das muss diese Multikulti-Toleranz sein von der immer alle reden.

  • Hm.. naja, eine Frau in Burka wäre schon längst von der französischen Polizei abgeführt worden. Da kommen Männer mit Kippa ja einigermaßen gut weg.

  • Ich dachte das Tragen religiöser 'Symbole' im öffentlichen Raum sei verboten. Andere Religionen werden dafür polizeilich belangt.

    • @Thomas Fluhr:

      Ernsthaft? Oder bringen Sie hier einiges durcheinander?

  • und hier http://www.nrg.co.il/online/1/ART2/676/485.html

    kann mann den dazugehörigen artikel in englisch lesen.

    • @christine rölke-sommer:

      mann kann auch die französische fassung lesen

      http://www.nrg.co.il/online/1/ART2/676/488.html

      und dann die frage stellen, ob artikel wie video teil des programms sind, mit dem die noch amtierende regierung die einwanderung nach und integration in Israel fördern will.

      wer mag, kann sich auch die hebräische fassung raussuchen.

      und sich dann ans vergleichen machen.

      und wer es noch nicht weiß: es handelt sich um ein produkt aus dem hause Adelson.

      • @christine rölke-sommer:

        Kann es sein, dass Sie den Antisemitismus unter großen Teilen der muslimischen Bevölkerung in Paris/Frankreich zu relativieren suchen und die Schuld beim Juden selbst suchen?

        • @DavidOff:

          nö.

          oder was beweist Ihnen ein mann mit kipa+zitzes, der in einem video von 1:36 min länge meistenteils unbeachtet/unbehelligt durch einiige wenige pariser straßen läuft?

          mir nur, dass da einer was vorlegt, welches seine behauptung, juden in Paris/Frankreich/Europa seien tag+nacht an leib+leben gefährdet, nicht trägt.

          also: untaugliches beweismittel.

          oder auch: unseriöser journalismus.

          mehr nicht.

      • @christine rölke-sommer:

        Vielen Dank, für die Info plus Quelle... das meinte ich s.o. wohl kaum zweckfreien Filmchen.

  • Tja, Michael, wenn Du mit "Nazis" einen Haufen ideologisch verblendeter Idioten meinst hast Du wohl recht.

  • Hatte ich mir auch schon überlegt, so quasi aus Solidarität mit Menschen jüdischen Glaubens eine Kippah aufzusetzen. Ist das eine gute Idee? Oder greift das Menschen jüdischen Glaubens nicht auch irgendwie an, wenn sich Nicht-Juden eine Kippah aufsetzen? Wie wäre es, wenn dies aus Solidarität ganze Massen machen würden und auf der Straße plötzlich viel mehr "Juden" unterwegs wären?

    • @Georg S.:

      Viel mehr? Wann haben Sie denn das letzte mal einen Juden auf der Strasse gesehen? Nein, nicht im Fernsehen, so richtig, in echt...

      • @Arvid Blixen:

        Vor drei Tagen ungefähr habe ich meinen Apotheker auf der Strasse rumlaufen gesehen.

         

        Nur was hat das damit zu tun, ob irgendjemand eine Kippa trägt? Ich kenne niemanden aus meinem jüdischen Bekanntenkreis, der das macht.

        Vielleicht machen das noch die religiösen von denen in der Synagoge. Da ist das afaik so üblich für die Männer. Aber etwas besser kenne ich auch nur Menschen mit semitischer Abstammung, denen Religion ziemlich egal ist.

    • @Georg S.:

      Warum probieren Sie es nicht einfach aus und berichten dann?

    • @Georg S.:

      Hallo Georg,

      ich hatte genau das mal beim Zentralrat und bei den liberalen Juden angefragt. Die Antworten waren ähnlich. Die Kippa ist kein biblisches Gebot sondern aus einem Brauch entstanden. Ich zitiere das entscheidende einfach mal: "Eine Kippa tragende Person wird als Jude wahrgenommen; religiöse Juden wiederum, die durch die Kippa erkennbar sind, halten sich an viele andere Gebote (auch in der Öffentlichkeit, z.B. das Essen betreffend), so dass Irritationen auftreten könnten, wenn ein Kippaträger diese Gebote nicht einhält.

      Um diese Irritationen zu vermeiden wäre es vermutlich besser, ein anderes Symbol als Ausdruck Ihrer Solidarität zu wählen."

  • Sind das alles Nazis?

    • @Michael Starke:

      Der Grossmufti Haj Mohammed Effendi Amin el-Husseini war schon mal einer... und François Genoud hats finanziert.

      • @Arvid Blixen:

        och nö! nicht schon wieder die nummer mit der muftifizierung!

    • @Michael Starke:

      Vielleicht Semiten, die antisemitisch sind:D