Video über Antisemitismus in Paris: Gefährlicher Spaziergang mit Kippa
Ein Reporter mit Kippa läuft durch Paris und lässt sich dabei filmen. Das Video zeigt Szenen des alltäglichen Antisemitismus.
Sie beschimpfen ihn, spucken, einer verfolgt ihn sogar ein Stück. Denn der Mann trägt eine Kippa. Offenbar genügt das in Paris für Anfeindungen auf der Straße, so zeigt es ein Video des israelischen Online-Magazin NRG (Video eingebettet siehe weiter unten).
Darin läuft ein Reporter zu Recherche-Zwecken zehn Stunden durch verschiedene Viertel von Paris. Die krassesten Szenen sind auf 1:36 Minuten zusammengeschnitten und zeigen: Vor allem junge Männer sprechen ihn an, beleidigen ihn. „Ca va, tu es juif?“ („Wie geht's, bist du Jude?“) ist da noch das Harmloseste.
Mal offene, mal subtilere Drohungen begleiten ihn auf seinem Weg; oft reicht schon die Körperhaltung, um eine Äußerung als Drohung zu identifizieren. Als „Homosexueller“ wird er beschimpft, als jemand, der nur vorbeigekommen sei, um sich „von vorne und hinten vögeln zu lassen“. Eine junge Frau spuckt auf den Boden, als er vorbeigeht, eine andere ruft „Viva Palestine“.
Auffällig ist: Die jungen Männer, die ihn beschimpfen, stehen meistens gelangweilt am Straßenrand herum, oft in Gruppen. Dann läuft der Reporter mit Kippa vorbei, und sie werden aggressiv. „Jude“, das Wort als solches, genügt schon als Beleidigung. „Jüdisch sein“ ist hier ein psychologisch aufgeladener Begriff, gleichbedeutend mit allem Schlechten. Das ist Antisemitismus, wie es ihn vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Europa gab. Antisemitismus, von dem viele bis zu den Anschlägen von Paris und Kopenhagen glaubten, ihn weitgehend überwunden zu haben.
Empfohlener externer Inhalt
Das Video zeigt: Antisemitismus ist in manchen Gegenden von Paris Teil des Alltags. Mit einer Einblende schließt der Clip: 851 antisemitische Angriffe gab es 2014 in Frankreich. Offensichtlich genügt schon eine Kippa, um Aggressionen zu wecken.
Das Ganze erinnert an das Video einer jungen Frau, die sich beim Spaziergang durch New York filmen ließ. „10 hours of walking in NYC as a woman“ war ein Sexismus-Experiment, das zeigen sollte, wie oft eine Frau im Alltag belästigt. In beiden Videos gibt es Diskriminierungen, in beiden sind immer auch Menschen zu sehen, die die Vorbeilaufenden in Ruhe lassen - allerdings auch nichts gegen die Anfeindungen unternehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit