Video der Woche: "Bla Bla" zum Mitmachen
Vincent Morisset gilt als Pionier der interaktiven Filmkunst. Sein neuer Kurzfilm ist eine Liebeserklärung an die Kommunikation im Internet.
BERLIN taz | Was hat das Internet bloß mit uns angestellt? Immer wieder ist die Rede davon, wie das Netz mit seinen zahlreichen Blogs und Communities unser Sozialverhalten und damit auch unsere Kommunikation negativ beeinflusst. Aber warum muss das immer als beklagenswerte Veränderung dargestellt werden? Stattdessen kann auch die Frage nach den Möglichkeiten und Perspektiven gestellt werden.
Es scheint, als habe sich der kanadische Regisseur Vincent Morisset genau darüber Gedanken gemacht. In seinem Kurzfilm "Bla Bla" - Unterzeile: "Ein Film für Computer" - widmet er sich in sechs Kapiteln den Prinzipien der Kommunikation. Wie wird Sprache erlernt? Wie funktioniert Small Talk?
Oder auch: Wie drücke ich verbal meine Emotionen aus? Seit 12 Jahren beschäftigt sich Morisset nun schon mit dem interaktiven Erzählen - immer auf der Suche nach einer filmischen Sprache, die dem Netz gerecht wird. "Das Projekt selbst ergründet die Grammatik eines neuen Mediums", sagt der Kanadier über seinen Kurzfilm. Zentraler Aspekt dieser neuen Grammatik: Der Nutzer ist gleichzeitig Teilnehmer.
Xerogaphie, Zeichnungen, Animationen sowie Stop-Motion-Technik in Kombination mit 3D machen das Erlebnis erst möglich, das ohne den Betrachter nicht funktioniert. Er haucht der Geschichte durch das Klicken erst Leben ein. Die Mischung verschiedener Techniken trägt zur eigenwilligen Ästhetik bei. Sie zieht in das kleine Filmkunstwerk ein, das nicht zwingend selbsterklärend daherkommt.
Beim ersten Durchlauf irritiert das Filmchen sogar, weil es eben die Auseinandersetzung fordert. Die Angst vor dem Unbekannten, das Verlangen nach Zuneigung und Freiheit und zugleich auch das Bedürfnis, von jemanden an die Hand genommen und geleitet zu werden - diese universalen Bedürfnisse, auf denen auch Sozialverhalten und Kommunikation beruhen, bilden das Fundament von "Bla Bla".
"Web is fun" steht in Großbuchstaben auf der Internetseite von Vincent Morisset. Er bezeichnet sich als "webfreundlichen Regisseur" und seine Arbeit als "filmische Interaktivität". Bekannt ist der Filmemacher vor allem durch die Zusammenarbeit mit der kanadischen Alternative-Rockband Arcade Fire, für die er das interaktive Musikvideo "be oNline B" zum Song "Neon Bible" schuf.
Morisset gilt als Pionier der interaktiven Filmkunst. Seine Perspektive auf das Web ist keine rückständige oder negative. Stattdessen kann man sich dem Gefühl nicht entziehen, dass er das Medium durchdrungen hat. Bei ihm findet sich Verständnis für Veränderung - die das Internet eben auf unsere Kommunikation ausübt. Jene Veränderung wird bei dem Kanadier zum Werkzeug und Thema. In seinen Händen ist das Netz ein spielerischer Spaß.
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