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Veto gegen polnisches MediengesetzDuda wieder im Spiel

Kommentar von Gabriele Lesser

Polens Präsident verhindert das umstrittene Mediengesetz – und emanzipiert sich so vom PiS-Patriarchen. Duda dürfte jetzt eine größere Rolle spielen.

Andrzej Duda bringt sich in Position Foto: Piotr Molecki/eastnews/imago

F ür Polens Präsidenten Andrzej Duda kam das umstrittene Mediengesetz der nationalpopulistischen Regierungspartei PiS wie gerufen. Mit seinem überraschend klaren Veto gegen das Gesetz, das den regierungskritischen Privatsender TVN mundtot machen sollte, steht er nun als Verteidiger der Medienfreiheit da. Noch dazu als Staatsoberhaupt eines Landes, das vor allem durch Negativschlagzeilen von sich reden macht. Aus der ganzen Welt kommt großes Lob, auch – und das war Duda ganz besonders wichtig – aus den USA. Jetzt ist Polens Präsident wieder im Spiel.

Möglicherweise kommt in den nächsten Tagen oder Wochen die ersehnte Einladung ins Weiße Haus. Immerhin kann sich Duda nun zugute halten, mit seinem Veto eine der größten amerikanischen Investitionen in Polen gerettet zu haben. Der Sender TVN gehört über eine Holding in den Niederlanden dem US-amerikanischen Medienkonzern Discovery. Das Gesetz hätte Discovery gezwungen, innerhalb von sechs Monaten 51 Prozent seiner Anteile an polnische oder andere Investoren im europäischen Wirtschaftsraum zu verkaufen.

Auf den ersten Blick geht Duda mit seinem Veto ein innenpolitisches Risiko ein: Er verscherzt es sich mit seinem politischen Ziehvater, dem PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Dieser hatte TVN loswerden wollen und das umstrittene Gesetz forciert. Doch die Chemie zwischen den beiden Politikern stimmt schon lange nicht mehr.

Duda, der seine Karriere vom unbekannten Hinterbänkler im EU-Parlament zum Staatsoberhaupt Polens allein dem PiS-Chef verdankt, nahm in seiner ersten Amtszeit die Schmach auf sich, vom Volksmund als „Marionette“ oder „Kugelschreiber“ Kaczynskis verlacht zu werden. Jeden auch noch so vorsichtigen Versuch einer Emanzipation Dudas strafte der Parteichef mit öffentlicher Missbilligung ab.

Paradoxerweise könnte nun ausgerechnet Dudas Veto dazu führen, dass sich die beiden Politiker wieder einander annähern. Denn sollte es Duda gelingen, mit seinem Veto einen neuen Gesprächskanal in die USA zu öffnen, würde Kaczynski dies als außenpolitischen Erfolg der PiS verbuchen. In jedem Fall: Das Veto gegen die Lex TVN war die beste Option, die Duda hatte. Er ist wieder im Spiel.

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Auslandskorrespondentin Polen
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1 Kommentar

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  • Duda hat seine Verweigerung nicht etwa mit Bedenken zur Verfassungskonformität begründet, sondern rein wirtschaftlich.



    Mir erscheint das damit viel mehr als eine gesichtswahrende Anullierung eines Gesetzes, das PiS selber nicht mehr wollte, aber anders nicht mehr loswurde.



    Das Verhältnis zu Kaczyński (wieso gibt das taz-Redaktionssystem keine korrekte Schreibung her?) ist bei den meisten Grosskopferten der PiS mehr oder weniger verbesserungsfähig, da ist Duda keine Ausnahme.