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Verzögerung bei AutofabrikDeutsche Teslas rollen später

Der US-Elektroautobauer hatte zuletzt die langwierige Genehmigung seiner Autofabrik kritisiert. Nun sorgt er selbst für Verspätung.

Bauen ohne Genehmigung: Tesla-Fabrik am Montag Foto: Michael Sohn/ap

Berlin rtr/dpa/taz | Tesla will seinen Genehmigungsantrag für den Bau einer Autofabrik im brandenburgischen Grünheide um eine Anlage zur Batterieherstellung ergänzen – und dürfte damit den Produktionsstart nach hinten schieben. Tesla beabsichtige eine erneute Änderung des vorliegenden Genehmigungsantrags, teilte das Landesumweltministerium in Potsdam am Dienstagabend mit. Dies geschehe aufgrund von verfahrensrechtlichen Aspekten und Teslas Wunsch, weitere Verbesserungen einzubringen.

Im jüngsten Quartalsbericht sprach das US-Unternehmen am Dienstag davon, dass der Bau Fortschritte mache und die Produktion und Auslieferungen für Ende des Jahres „auf Kurs“ seien. Ein Tesla-Sprecher in Deutschland wollte sich dazu nicht äußern. Noch im Herbst hatte der US-Autobauer erklärt, der Produktionsstart sei unverändert für den 1. Juli 2021 anvisiert. Jährlich sollen in Grünheide bis zu 500.000 Autos vom neuen SUV Model Y über die Bänder rollen.

Denn ein Zeitplan für eine Entscheidung zur abschließenden Genehmigung der Fabrik steht nach wie vor aus. „Es rollt dann das erste Auto vom Band, wenn die endgültige Genehmigung vorliegt und das Werk fertiggebaut ist“, hatte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) am Dienstag betont. „Wann das Genehmigungsverfahren abgeschlossen sein wird, dazu kann hier und heute kein konkretes Datum benannt werden – denn hier gilt ganz klar der Grundsatz Qualität vor Schnelligkeit.“

Lange hatte Tesla am Produktionsstart zum 1. Juli festgehalten. Nun steht im Geschäftsbericht für das erste Quartal erstmals, das Projekt sei auf Kurs, „spät im Jahr 2021“ mit Produktion und Auslieferungen zu beginnen. Tesla baut bisher auf eigenes Risiko – über vorläufige Genehmigungen.

Tesla hatte Genehmigung kritisiert

Der Konzern hatte erst vor wenigen Wochen das Genehmigungsverfahren kritisiert – und als „besonders irritierend“ bezeichnet, dass es noch keinen Zeitplan für die Erteilung einer endgültigen Genehmigung gebe.

Die Fabrik in Grünheide bei Berlin wird nach Firmenangaben bei voller Auslastung und Maximalkapazität 12.000 Mitarbeiter beschäftigen. Inklusive der Batterieproduktion könnten es laut Tesla sogar eines Tages bis zu 40.000 Mitarbeiter sein.

Zunächst ist die Fertigung von jährlich bis zu 500.000 Fahrzeugen geplant. Tesla-Chef Elon Musk will auf dem Gelände nun auch die weltgrößte Batteriefabrik errichten. In Branchenkreisen ist von Investitionen in einem mittleren einstelligen Milliardenbereich die Rede – und das noch ohne die Batteriefertigung.

Nur Antrag auf Autofabrik

Bisher hatte Tesla nur einen Antrag für eine Autofabrik gestellt, dessen endgültige Genehmigung noch nicht vorliegt. Dies hängt unter anderem mit einer Erörterung des Bauvorhabens im Herbst zusammen, aus der 414 Einwendungen und Anträge vorgingen, die nun geprüft werden müssen. Zwar ist die Batteriezellenfabrik bereits mehrfach angekündigt worden, aber bisher gab es keinen Bauantrag.

Wann die Änderung vorgelegt werden soll, gab das zuständige Ministerium nicht an. Auch der genaue Umfang der vorgesehenen Änderungen ist der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Landesamt für Umwelt (LfU), demnach derzeit noch nicht bekannt. Es sei jedoch davon auszugehen, dass aufgrund dieser Änderung eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit erforderlich wird. Weitere Aussagen zum weiteren Verfahrensablauf und zur Dauer bis zu einer abschließenden Entscheidung könnten derzeit nicht getätigt werden.

Laut Recherchen von „Business Insider“ und dem ZDF-Magazin „Frontal 21“ herrschen auf der Baustelle skandalöse Zustände. Tesla soll polnische Bauarbeiter in einem Hostel auf engstem Raum untergebracht haben – mitten in der Pandemie. Zudem seien sie stark unterbezahlt. Außerdem habe Tesla Abwasserrohre ohne Genehmigung verlegt.

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3 Kommentare

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  • Hier stoßen zwei inkompatible Ansätze aufeinander: Das Musk-typische Try-and-Error-Verfahren (sehr gut bei SpaceX beobachtbar) und die deutsche Bürokratie. Schon traurig, wenn eine bemannte Landung auf dem Mars vor 2030 zu erwarten ist, die Rheintalbahn aber wohl erst 2050 durchgehend viergleisig ist.

    • @Luftfahrer:

      Ich glaube SpaceX ist schon besser als Try-and-Error. Das zuverlässige Wiederzünden aller Triebwerke ist wohl noch nicht ganz gelungen. Sonst schauen die Probeflüge doch gar nicht schlecht aus. Umdrehen und den Landeplatz treffen funktioniert schon. Es schaut sehr dramatisch aus, wenn das Ding dann in die Luft fliegt, ist halt so bei Raketen. Unsere Medien sind da kaum einzukriegen.

  • 12.000 Mitarbeiter? Was für welche? Solche, die sich mit 3 Personen ein Schlafzimmer teilen müssen, und in prekären Beschäftigungsverhältnissen leben, oder ordentliche?