Verurteilung im Fall Trinh Xuan Thanh: Geständnis und Glaubwürdigkeit
Das Urteil gegen einen Entführungshelfer ist rechtskräftig. Nun bemüht sich die Anwältin um die Freilassung Trinh Xuan Thanhs aus vietnamesischer Haft.
Long N. H. wurde im Sommer 2018 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Kammergericht sah es als erwiesen an, dass der in Prag lebende Mann mehrere Fahrzeuge angemietet hatte, die für die Entführung und die Verbringung des Entführungsopfer außer Landes genutzt wurden, und dass er auch auf andere Weise den Drahtziehern des vietnamesischen Geheimdienstes geholfen hatte.
Trinh Xuan Thanh, ein abtrünniger ehemaliger vietnamesischer Parteifunktionär, war im Sommer 2017 durch den vietnamesischen Geheimdienst von Berlin nach Hanoi entführt worden, wo er zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen Korruption und Misswirtschaft verurteilt wurde.
Mildes Urteil
Die Drahtzieher der Entführung, darunter der eigens aus Vietnam angereiste damalige Vizechef des vietnamesischen Geheimdienstes Duong Minh Hung, hatten sich rechtzeitig nach Vietnam abgesetzt oder sie genossen als Diplomaten Immunität vor Strafverfolgung. Im Prozess vor dem Berliner Kammergericht wurde deutlich, dass die Bundesanwaltschaft gegen mindestens vier weitere Männer ermittelte. Ob das heute noch der Fall ist, ist unklar, weil die Bundesanwaltschaft zu Ermittlungen generell keine Auskünfte erteilt.
Der verurteilte Long N. H. kam mit einem relativ milden Urteil davon, weil er ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte und damit die Gerichtsverhandlung abkürzte. Das Geständnis kam allerdings zu einem Zeitpunkt, als es an seiner Verurteilung keinen Zweifel mehr gab, zu erdrückend waren die Beweise. Doch genau dieses Geständnis war Streitgegenstand in der Revision.
Long N. H. hatte mehrere Verteidiger, die aber eher gegeneinander arbeiteten als miteinander. Das Team um den Berliner Alexander Sättele hatte den Vietnamesen aus juristischen Gründen zum Geständnis gedrängt: Das verkürzte die ausstehende Haftstrafe, die sicher erschien.
Der Leipziger Anwalt Stephan Bonell hingegen wollte das in seinen Augen „unglaubwürdige“ Geständnis lange verhindern und dann zurückziehen. Weniger aus juristischen denn aus politischen Gründen. „Ohne das Geständnis würde mein Mandant in Vietnam nicht als Verräter dastehen“, hatte Bonell damals der taz gesagt.
Geständnis schadet der Glaubwürdigkeit
Was er nicht sagte: Das Geständnis schadete vor allem der Glaubwürdigkeit des vietnamesischen Staates. Denn damit hatte erstmals ein Tatbeteiligter eingestanden, dass Trinh Xuan Thanh durch den vietnamesischen Geheimdienst entführt wurde. Die Regierung in Hanoi bestreitet das bis heute und behauptet eine freiwillige Rückkehr eines reuigen Straftäters Thanh.
Die Revision hatte dem Verurteilten letztlich geschadet. Denn er musste länger in der Untersuchungshaftanstalt bleiben, wo die Haftbedingungen ungünstiger sind als in normalen Gefängnissen. In den nächsten Tagen will Verteidiger Bonell beantragen, seinen Mandanten aus der Haft zu entlassen und ihm die Reststrafe zur Bewährung auszusetzen. Das ist nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftstrafe möglich. Bonell geht davon aus, dass Long N. H. zu seiner Familie nach Prag zurückkehrt.
Die Anwältin des Entführungsopfers, Petra Schlagenhauf, fordert angesichts des Urteils die Bundesregierung auf, ihre Bemühungen um die Freilassung von Trinh Xuan Thanh aus vietnamesischer Haft fortzusetzen. Denn jetzt hätte das höchste deutsche Strafgericht erneut festgestellt, „dass es sich bei der Entführung meines Mandanten um ein völkerrechtswidriges Verhalten des vietnamesischen Staates handelt“ und dass seine Inhaftierung in Vietnam wegen der vorausgegangenen Entführung aus deutscher Sicht rechtswidrig war.
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