Versorgungsengpässe befürchtet: EU verlangt freien Warenfluss
Die EU-Kommission kritisiert Grenzschließungen innerhalb der Gemeinschaft. Die Einreise in die EU soll nun vorerst eingeschränkt werden.
![Fünf Menschen stehen mit großem Sicherheitsabstand zueinander vor einer Apotheke und warten darauf, dass sie reingelassen werden Fünf Menschen stehen mit großem Sicherheitsabstand zueinander vor einer Apotheke und warten darauf, dass sie reingelassen werden](https://taz.de/picture/4035197/14/24981598-1.jpeg)
An den deutsch-polnischen Grenzübergängen kam es durch die seit Sonntag angeordneten Kontrollen zu Wartezeiten von mehreren Stunden. Nach Polen, Tschechien und der Slowakei will auch Ungarn seine Grenzen schließen. Es werde ein Einreiseverbot für Ausländer verhängt, kündigte Ministerpräsident Viktor Orbán am Montag im Parlament an.
Die nationalen Eindämmungsmaßnahmen brächten Europas Volkswirtschaften „in kriegsähnliche Zeiten“, warnte der Chef der Eurogruppe, Portugals Finanzminister Mario Centeno. Die EU will nun auf breiter Front gegensteuern. Neben umfangreichen Hilfen für angeschlagene Euroländer ist ein Aktionsplan gegen Versorgungsengpässe geplant.
So forderte die EU-Kommission die Mitgliedstaaten auf, den Binnenmarkt zu verteidigen und den freien Warenverkehr trotz der Grenzkontrollen zu garantieren. Die Behörde legte Richtlinien vor, die den „Fluss wichtiger Güter und Dienstleistungen“ absichern sollen. „Nur so können wir einen Mangel an medizinischer Ausrüstung oder Lebensmitteln verhindern“, warnte von der Leyen.
Gegen Hindernisse innerhalb der EU
Brüssel fordert unter anderem, Sonderfahrspuren für Lkws einzurichten, damit diese an den Grenzen Priorität haben. Zudem verlangt die Kommission freien Grenzübertritt für Pendler, die im Gesundheits- und Nahrungsmittelsektor arbeiten. Auch „ihre eigenen Bürger und Bewohner“ müssten die EU-Staaten weiter ungehindert einreisen lassen.
Deutschland hatte seine neuen Grenzkontrollen mit Hamsterkäufen an der deutsch-französischen Grenze begründet, zugleich aber zugesichert, den Güterverkehr offen zu halten. Auch Pendler sollen weiterhin zwischen Deutschland und Frankreich reisen dürfen. An den Grenzübergängen nach Frankreich und Luxemburg bildeten sich laut Bundespolizei schon in der ersten Stunde Rückstaus.
Darauf reagierte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron am Montag ungehalten. Nach Angaben des Elysée-Palasts kritisierte er „einseitige und nicht abgestimmte Entscheidungen zu den Grenzen durch eine Reihe von EU-Mitgliedstaaten“ – was sich als Seitenhieb auf Merkel und die deutschen Grenzkontrollen lesen lässt.
Macron rief die EU zudem zur „engeren Abstimmung“ auf. Dies gelte vor allem für die Außengrenzen im Schengenraum. Frankreichs Präsident hatte bereits am Wochenende eine entschiedene Antwort auf den einseitigen Einreisestopp für Europäer gefordert, den US-Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche verhängt hatte.
Einreisestopp für zunächst 30 Tage
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will nun Einreisen in die EU vorerst aussetzen. Dies solle für alle nicht absolut notwendigen Reisen und zunächst für 30 Tage gelten, sagte von der Leyen am Montag in Brüssel.
In Italien, Spanien und Österreich ist nur noch ein dringend nötiger Aufenthalt im Freien erlaubt, etwa zum Einkaufen oder für Arztbesuche. In Spanien melden die Gesundheitsbehörden nun 8.744 bekannte Infektionen und 297 Todesfälle. Am ersten Tag nach Verhängung der zweiwöchigen Ausgangssperre wurden Fotos und Kurzvideos über soziale Netzwerke verbreitet.
Sie zeigten überfüllte Nahverkehrszüge, U-Bahnen und Busse in Madrid, Bilbao und Barcelona. „Wir wissen, dass es in einigen Waggons Probleme gegeben hat“, sagte eine Sprecherin des Transportministeriums dazu auf einer Pressekonferenz des Krisenstabs. Spanische Politiker forderten, den Betrieb aller nicht für die Grundversorgung notwendigen Unternehmen herunterzufahren.
Die belgische Premierministerin Sophie Wilmès wurde am Montag vom König empfangen und mit der Bildung einer Notstandsregierung beauftragt. Sie soll zudem Sondervollmachten erhalten, um in der Corona-Krise noch härter vorgehen zu können.
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