Versorgung der Studierenden in Hannover: Uni-Mensa kurz vor dem Kollaps
Dass Hannovers Hauptmensa hoffnungslos marode ist, ist lange bekannt. Trotzdem verzögert sich der Neubau nun ein weiteres Mal.
Nun schlagen die Studierendenvertreter Alarm; mit einem offenen Brief haben sie sich an den Ministerpräsidenten und den Wissenschaftsminister gewandt. Sie sehen die Versorgung der rund 45.000 hannoverschen Studierenden gefährdet.
Denn die Hauptmensa beherbergt nicht nur einen der größeren Speisesäle – sondern auch die Produktionsküche für die anderen neun Mensa-Standorte und sechs Cafeterien des Studentenwerkes in der Stadt.
Spricht man mit dem Geschäftsführer des Studentenwerkes Hannover, Michael Knüppel, klingt es, als wären seine Mitarbeiter eigentlich schon seit Jahren ständig damit beschäftigt, Schäden einzuhegen und Zwischenlösungen zu improvisieren.
In diesen kalten und regnerischen Herbsttagen beispielsweise läuft jeden Tag jemand durch den Speisesaal und guckt auf die Deckenplatten. Das Flachdach ist seit Jahren undicht, wo sich Wasserflecken zeigen, müssen die Sitzplätze mit Flatterband abgesperrt werden, weil es erfahrungsgemäß nur noch ein paar Tage dauert, bis die durchfeuchteten Deckenplatten auf die Tische krachen.
Veraltete Kühlkammern, überlastete Elektrik
Und das ist nur der öffentlich sichtbare Teil. Weitere Kontrollgänge sind nötig, um die chronisch überlastete Elektrik und die veralteten Kühlkammern im Blick zu behalten – auch am Wochenende. Denn die Haustechnik ist den vergangenen Jahren ebenfalls nur sporadisch nachgerüstet worden – weite Teile sind genauso alt wie das Gebäude selbst. Auch viele der Küchengeräte sind so alt, dass es für sie keine Ersatzteile mehr gibt. Neue können nicht angeschlossen werden, weil das Stromnetz der Belastung nicht Stand halten würde.
Dabei wird das Essen von hier gern genommen: Die Mensa ist mehrfach ausgezeichnet worden – unter anderem für ihr modernes veganes Angebot – und schneidet in Umfragen unter den Studierenden ziemlich gut ab.
Wie dringend nötig das Angebot sei, sehe er auch daran, sagt Knüppel, dass die Besucherzahlen nach der Coronapandemie sehr schnell wieder auf das alte Niveau geklettert seien – obwohl es weniger Studierende in der Stadt gibt. Aber denen, die es gibt, machen eben die gestiegenen Lebenshaltungskosten ziemlich zu schaffen.
„Inzwischen ist nicht mehr die Frage, ob die Produktionsküche ausfällt, sondern nur noch, wann und für wie lange“, schreiben die Studierendenvertreter. Fast wortgleich äußern sich Studentenwerk und Universitätsleitung.
Nun ist es nicht so, dass man dem Verfall über die Jahre hinweg vollkommen tatenlos zugesehen hätte. Es wurden diverse Szenarien erwogen und verworfen. Zunächst wollte man im Bestand sanieren, dann ein bisschen anbauen.
Nach und nach schälte sich heraus: Das funktioniert alles nicht. Die Anforderungen haben sich verändert, die Produktionsküche muss klar von der Tagesküche und der Essensausgabe getrennt werden, um überhaupt noch die vorgeschriebene EU-Zertifizierung zu erhalten. Eine Sanierung bei laufendem Betrieb ist nicht möglich, man bräuchte für mindestens zwei Jahre eine teure Interimslösung.
Neubau wäre sinnvoller
Verschiedene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen belegen: Sinnvoller wäre es, die Produktionsküche an einem anderen Standort neu zu bauen und dann das alte Gebäude für die Tagesküche und Speisesäle zu sanieren. Sogar ein Grundstück hatte man mit Hilfe der Stadt schon ausfindig gemacht. Endlich, endlich wähnten sich die Beteiligten auf der Zielgeraden.
Dann wurden im vergangenen halben Jahr gleich fünf Mal entscheidende Kommissionssitzungen abgesagt. Von wem ist unklar: Auf Betreiben des Landesrechnungshofes, sagt die Universität. Von uns nicht, sagt der Landesrechnungshof.
Was der Landesrechnungshof allerdings getan hat: Er hat einen Vorschlag unterbreitet, der den Planungsprozess nun noch einmal ins Stocken bringt.
Neben der Bauanmeldung für eine neue Produktionsküche der Uni-Mensa (geschätztes Kostenvolumen 60 Millionen Euro) flatterte dem Landesrechnungshof nämlich noch ein ähnliches Projekt ins Haus: Auch die Justizvollzugsanstalt in Sehnde, eine Stadt südöstlich von Hannover, möchte eine neue Küche für circa 38 Millionen Euro bauen.
Ob man die nicht zusammenlegen und so erhebliche Einsparungen erzielen könne, fragt der Landesrechnungshof – das ist sein Job. Das Justiz- und das Finanzministerium sollen sich im Haushaltsausschuss für solche Erwägungen zumindest offen gezeigt haben. Das Wissenschaftsministerium äußerte erst einmal rechtliche Bedenken.
Wissenschaftsministerium ist optimistisch
Rein praktisch gäbe es da ja aber auch einiges zu klären: Braucht eine JVA-Küche nicht ganz andere Sicherheitsvorkehrungen, um zum Beispiel den Drogenschmuggel zu verhindern, der für alle Vollzugsanstalten ein Riesenproblem ist? Muss die Küche nicht ganz anders dimensioniert sein? Die Mensa beschränkt sich weitgehend auf Mittagsmahlzeiten und Snacks und liefert auch diese nur an fünf Tagen in der Woche. Häftlinge bekommen auch am Wochenende mindestens drei Mahlzeiten am Tag.
Das, sagt das Justizministerium, müsse man jetzt eben erst einmal prüfen. Das allerdings ist genau das Stichwort, bei dem sich allen Beteiligten aus dem Uni-Umfeld die Nackenhaare aufstellen. In ihren Augen wurde schon mehr als genug geprüft, es müsste jetzt endlich einmal gebaut werden. Eigentlich wollte man jetzt bei der Detailplanung und dem Erstellen der Bauanträge sein. Der Neubau sollte Ende 2026 fertig werden. Das wird nicht nur knapp, sondern angesichts der Kostenentwicklung im Bausektor mit jedem verstreichenden Tag teurer.
Zumindest im Wissenschaftsministerium gibt man sich aber optimistisch: „Um den Zeitplan nicht zu behindern, sollen jetzt sehr zeitnah Gespräche mit allen Beteiligten geführt werden“, schreibt die Sprecherin. Die Versorgung der Mensen in Hannover sei aktuell nicht akut gefährdet.
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