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Verschuldete Kommunen in DeutschlandViele Städte erhöhen die Gebühren

Deutsche Städte und Gemeinden erwirtschaften einen Milliardenüberschuss. Doch gerade arme Kommunen rutschen immer tiefer in die Schulden.

Ist die Kommune blank, fehlt es auch an Geld für die Schulsanierung Foto: dpa

Berlin taz | Die Kluft zwischen armen und reichen Kommunen in Deutschland wird immer größer. Arme Städte und Gemeinden profitieren wenig von der guten Wirtschaftslage. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Wirtschaftsberatung Ernst & Young (EY). Sie beruht auf einer Umfrage unter 300 deutschen Kommunen sowie einer Analyse der Verschuldungssituation aller 691 deutschen Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern.

Zwar haben die Städte und Gemeinden zusammen im vergangenen Jahr statistisch gesehen mit einen Überschuss von 10,7 Milliarden Euro doppelt so viel erwirtschaftet wie im Vorjahr. Aber 179 Kommunen mussten weitere Kredite aufnehmen und gerieten so tiefer in die Verschuldung.

Die deutschen Städte und Gemeinden sind hoch verschuldet. Alle zusammen hatten im Jahr 2017 Schulden von insgesamt 138 Milliarden Euro. Das sind zwar immerhin 3,5 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Doch Schulden abgebaut haben nur die reichen. „Viele Kommunen in strukturschwachen Gegenden stehen nach wie vor finanziell mit dem Rücken zur Wand“, sagt Bernhard Lorentz, Partner bei EY. BürgerInnen in armen Kommunen müssen oft höhere Steuern und Gebühren zahlen als in reicheren Gemeinden. Auch fehlt das Geld für Investitionen, etwa in Schulgebäude.

„Dass selbst in Zeiten guter Konjunktur für viele Kommunen weder Schuldenabbau noch Investitionen möglich sind, ist ein klarer Beleg dafür, dass die Finanzierung der Kommunen endlich auf eine stabile und planbare Grundlage gestellt werden muss“, sagt die kommunalpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Kerstin Kassner.

Leistungen abbauen

Der Sprecher der grünen Bundestagsfraktion für Kommunalfinanzen, Stefan Schmidt, sagt: „Mit einer neuen Gemeinschaftsaufgabe für die regionale Daseinsvorsorge könnte der Bund den Kommunen bei der Umsetzung wichtiger Investitionsprojekte unter die Arme greifen.“ Das müsse geschehen, bevor die Zinsen wieder steigen und die Konjunktur schwächelt.

In den vergangenen Jahren haben viele Kommunen Gebühren und Steuern erheblich angehoben. Bei etlichen geht dies noch weiter: Mit 56 Prozent plant immer noch mehr als die Hälfte aller Kommunen, Steuern oder Gebühren zu erhöhen – vor zwei Jahren haben das noch drei Viertel aller Städte und Gemeinden angekündigt.

Fast jede fünfte Kommune will die Friedhofsgebühren erhöhen, im vergangenen Jahr waren es noch ein Drittel. 15 Prozent der Städte und Gemeinden wollen die Gebühren für Kitas oder die Betreuung in Ganztagsschulen erhöhen – vor einem Jahr planten das mit 33 Prozent noch mehr als doppelt so viele.

Die Möglichkeiten, kommunale Leistungen abzubauen, seien begrenzt, sagt Lorentz. „Ein Schwimmbad oder eine Bibliothek lässt sich nur einmal schließen.“ Viele klamme Kommunen hätten ihre freiwilligen Leistungen ohnehin inzwischen weitgehend reduziert.

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2 Kommentare

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  • Warum macht denn E & Y diese "Studie" (Umfrage)? Ist das eine Erfolgskontrolle für ihre Steueroptimierungsratschläge? Oder für ihren Deregulierungslobbyismus?

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Wieder so ein „non-sence“ TAZ-Artikel. Wie alt ist die E&Y-Studie? Gibt es bei den Kommunen ein Nord-Süd bzw. ein West-Ost Gefälle (Gibt es Beides!). Wo liegen denn die hauptsächlichen Verschuldungsursachen (Zu hoher Personalaufwand, hohe Pensionsrücklagen, marode Hochbauinfrastruktur, politische Infrastrukturfehlentscheidungen, teuere Prestigeobjekte.). Was machen Kommunen mit dieser Erkenntnis? Nichts! Steuern erhöhen. Wenn frau schon Wirtschaftsredakteurin ist und wenn die TAZ überzeugt ist, dass der/die durchschnittliche TAZ-LeserIn nicht blöd ist - dann bitte mehr Substanz!