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Verschärfung des AsylrechtsWestbalkanabschreckungsgesetz

Der Bundestag nickt Veränderungen des Asylrechtes ab. Häufiger Sachleistungen als Geld heißt die Devise. Die Beschlüsse im Überblick.

Bei Länderspielen geduldet, im Alltag nicht: albanische Fußballfans. Foto: ap

Berlin taz | Der Bundestag hat am Donnerstag wichtige Änderungen der Bestimmungen zum Bleiberecht gebilligt. Albanien, Kosovo und Montenegro gelten künftig als „sichere Herkunftsstaaten“.

Damit gehören diese Länder so wie bisher schon Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien, der Senegal und Ghana zu den „sicheren Herkunftsstaaten“. Asylbewerber aus diesen Staaten werden in der Regel abgelehnt, es sei denn, sie weisen eine persönliche Verfolgung nach.

Wer aus den „sicheren Herkunftsstaaten“ kommt und Asyl begehrt, soll nach dem neuen Gesetz verpflichtet werden, bis zum Abschluss des Verfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu bleiben.

Asylbewerber aus anderen Ländern können statt drei bis zu sechs Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden. Dort soll es die Leistungen nicht nur für Unterkunft, Verpflegung, sondern auch für den persönlichen Bedarf künftig nur noch als Sachleistungen geben – und zwar sowohl für Asylsuchende aus sicheren Herkunftsstaaten als auch für Bürgerkriegsflüchtlinge.

Damit würde die Bargeldleistung von bisher 143 Euro monatlich für Erwachsene in den Erstaufnahmeinrichtungen abgeschafft, stattdessen gäbe es Wertgutscheine.

„Vollziehbar ausreisepflichtig“

Da es sich aber um eine „Soll“-Bestimmung handelt, können die einzelnen Bundesländer davon absehen und den Flüchtlingen in ihren Erstaufnahmeeinrichtungen wie bisher Bargeld zahlen, wenn der logistische Aufwand für die Sachleistungen, etwa Fahrkarten und Telefonkarten, zu groß ist.

Abgelehnte Asylbewerber, die „vollziehbar ausreisepflichtig“ sind und dem nicht fristgerecht nachkommen, erhalten nur noch auf das physische Existenzminimum beschränkte Sachleistungen und damit weder Bargeld noch Wertgutscheine etwa für Fahrkarten oder Telefonkarten. Durch Lockerung von Vorschriften in der Bauplanung und bei der Nutzung erneuerbarer Energien werden die Einrichtung und der Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften erleichtert.

Asylsuchende mit Arztausbildung können die Erlaubnis erhalten, bei der medizinischen Versorgung in Flüchtlingsunterkünften zu helfen, wenn sie unter Aufsicht eines approbierten hiesigen Arztes arbeiten. Asylbewerber im Verfahren und Geduldete mit guter Bleibeperspektive bekommen „im Rahmen verfügbarer Kursplätze“ Zugang zu Sprach- und Integrationskursen. Das gab es bisher nur für anerkannte Flüchtlinge. Am 1. November tritt das neue Asylrecht in Kraft.

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2 Kommentare

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  • Klingt doch alles ganz vernünftig. Ich werden aber den Verdacht nicht los, dass hier eine "Good cop, bad cop"-Geschichte inszeniert wurde. Einerseits sorgt Frau Merkel für extremen Druck auf die Länder, die ja letztlich für die Unterbringung der Menschen Verantwortung haben und die mehrheitlich rot-grün regiert werden. Bei denen kracht es deart im Gebälk, dass sie trotz rot-grüner Mehrheiten Verschärfungen zustimmen, die im März noch völlig undenkbar gewesen wären, die links von der AfD vermutlich nicht einmal jemand als Forderung zu erheben gewagt hätte. Jetzt werden solche Gesetze im Eil-Verfahren mit rot-grüner Mehrheit abgesegnet.

  • Schön für alle Verfolgten in ex-Jugoslawien, daß sie ab heute endlich sicher sind.

    Mutti und ihre Truppe haben die Welt wieder ein Stück besser, schöner, menschlicher gemacht. Was täte die Menschheit nur ohne sie?