Verschärfte Coronalage in Berlin: Wieder mit Maske in die Schule

An den Grundschulen kommt die Maskenpflicht zurück. 2G-Regel: Linken-Gesundheitsexperte Wolfgang Albers kritisiert Senat.

Ab jetzt wieder nur noch mit Maske in die Grundschule Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

BERLIN taz | Die Grundschulen in Berlin kehren zur Maskenpflicht zurück. Das teilte die Bildungsverwaltung am Montagabend nach einer Sitzung des Hygienebeirats mit. Die Entscheidung sei „mit Blick auf das allgemein deutlich angestiegene Infektionsgeschehen in Deutschland und die damit verbundene nachvollziehbare Beunruhigung“ gefallen, hieß es. Die Maßnahme solle im Laufe der Woche gelten, „sobald die Schulen die Eltern informiert haben“.

Sie habe sich „diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagte die scheidende Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), „weil ich weiß, wie sehr das Maskentragen Kinder belasten kann“. Allerdings habe für sie nun oberste Priorität, „dass umfänglicher Präsenzunterricht an unseren Schulen weiter stattfinden kann“.

Ab Jahrgangsstufe 7 gilt die Maskenpflicht weiter. Analog zu den älteren Schülerinnen und Schülern können auch die Kinder in den Jahrgangsstufen 1 bis 6 bei Klassenarbeiten oder Tests die Masken abnehmen.

Außerdem sollen sich SchülerInnen nun auch weiterhin dreimal die Woche testen müssen, teilte die Bildungsverwaltung mit. Eigentlich war vorgesehen, 14 Tage nach Ende der Herbstferien wieder zu zweimaligem Testen zurückzukehren. Norman Heise, als Landeselternsprecher auch Beiratsmitglied, hatte der taz zuvor bereits gesagt, eher unstrittig sei, „dass wir beim häufigeren Testen bleiben müssen“.

Am Impfzentrum an der Messe Berlin haben am Montag viele Menschen auf eine Impfung gegen das Coronavirus gewartet. Vor den Eingängen bildeten sich lange Schlangen. Die Schlange der Berlinerinnen und Berliner mit Terminvereinbarung reichte dabei bis zur Masurenallee. „Ich hatte eine Herzoperation. Ich kann nicht so lange stehen“, sagte eine Wartende. In der Schlange waren viele ältere Menschen zu sehen. Vereinzelt standen Stühle für sie bereit.

Die Nachfrage nach Corona-Impfungen in den beiden noch offenen Berlinern Impfzentren Messe und Flughafen Tegel zuletzt wieder gestiegen, teilte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit. Seit gut einer Woche sei in den Impfzentren und bei den mobilen Impfteams ein deutlicher Anstieg zu sehen, sagte der Berliner DRK-Präsident Mario Czaja der Berliner Morgenpost. Gefragt seien vor allem Booster-Impfungen, die Auffrischung für Menschen, die schon vollständig geimpft waren. (dpa)

Die Entscheidung zur Rückkehr zur Maskenpflicht sei „angesichts der sehr besorgniserregenden Zahlen nachvollziehbar“, sagte Elternvertreter Heise. „Aber für die Schülerinnen und Schüler ist das bedauerlich, weil sie wieder die einzige Gruppe sind, die mit weitergehenden Maßnahmen umgehen müssen, da andere sich nicht an die Regeln halten oder sich nicht für eine Impfung entscheiden.“

Der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid, ebenfalls Mitglied des Gremiums, hatte am Sonntag dem Tagesspiegel gesagt, eine Rückkehr zur Maskenpflicht für GrundschülerInnen werde zwar die hohen Inzidenzen in der Altersgruppe senken. Allerdings erwarte er keine nennenswerten Auswirkungen auf die Hospitalisierungsquote oder die Situation auf den Intensivsstationen, da Kinder in der Regel milde Verläufe hätten und nicht im Krankenhaus landeten.

Aus Sicht vieler MedizinerInnen ist nach wie vor die Impfquote der entscheidende „Gamechanger“: Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hatte sich am Wochenende für eine Impfpflicht für Pflegeberufe und pädagogisches Personal ausgesprochen. Allerdings ist die laut Schätzungen der Gewerkschaft GEW und SchulleiterInnenverbänden zumindest an Berliner Schulen ohnehin schon hoch und liegt bei 80–90 Prozent. Insgesamt sind in Berlin 67,3 Prozent der Menschen vollständig geimpft.

Larscheid sagte am Montag, „die geringe Impfquote und ferner die für viele noch nicht erfolgte Auffrischimpfung sind der Grund für die aktuell hohen Erkrankungszahlen“.

Die Inzidenz in den Altersgruppen der 5- bis 14-Jährigen liegt am Montag in Berlin bei über 500. Insgesamt betrug die Inzidenz stadtweit über alle Altersgruppen 194,5. Das Infektionsgeschehen schlägt sich noch nicht in dem Maße in der Corona-Statistik für die Schulen wider, die immer am Freitag aktualisiert wird: Am Stichtag 5. November waren alle Schulen „grün“ eingestuft, lediglich eine Grundschule in Pankow „gelb“. 59 Lerngruppen sind berlinweit in Quarantäne. Eine Woche zuvor waren es nur 16 geschlossene Lerngruppen.

Fixe Grenzwerte für die Einstufung der Schulen seitens der Gesundheitsämter gibt es allerdings auch nicht. Heise findet das aber nicht notwendig: „Je nach Größe der Schule können acht oder zehn Coronafälle etwas ganz unterschiedliches bedeuten, auch in Abhängigkeit zum Infektionsgeschehen im Bezirk.“ Treptow-Köpenick hatte am Montag mit 162,3 die niedrigste Inzidenz, Reinickendorf mit 260,3 die höchste.

Allerdings wies ein Sprecher der Bildungsverwaltung am Montag darauf hin, dass die Fallzahlen auch in den Schulen inzwischen deutlich nach oben gingen. Bei den SchülerInnen sind aktuell 0,4 Prozent positiv getestet, beim pädagogischen Personal 0,3 Prozent. In der Vorwoche lagen die Werte noch bei 0,13 bzw. 0,15. Die Daten melden die Gesundheitsämter der Bezirke immer am Ende jeder Woche an die Bildungsverwaltung.

2G wird diskutiert

Erwartet wird außerdem, dass der amtierende rot-rot-grüne Senat diese Woche eine Entscheidung über verschärfte Corona-Regeln trifft. Als wahrscheinlich gilt die Einführung der 2G-Regel: Dann hätten nur noch Geimpfte und Genesene Zugang zu Restaurants, Kneipen oder Clubs. Ausnahmen zu 2G könnten für Kinder und Menschen, die sich nicht impfen lassen können, gelten.

Bisher kann jeder Veranstalter selbst entscheiden, ob er auch Getestete zulässt (3G). In dem Fall gelten Maskenpflicht und Abstandsregeln. Sachsen, Thüringen und Bayern haben ihre Corona-Regeln bereits dahingehend verschärft. SPD-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci hatte am Sonntag gesagt, 2G werde im Senat schon vorbereitet. Dem Vernehmen will der Senat am Montagabend für eine Telefonschalte zusammenkommen.

Der langjährige Berliner Linken-Gesundheitspolitiker und Mediziner Wolfgang Albers kritisierte gegenüber der taz eine 2G-Regel: Weder habe das bisher die Impfbereitschaft erhöht noch könne man ausschließen, dass Geimpfte andere ansteckten. Eher verprelle man durch diese „schwarze Pädagogik“ Menschen, die sich vielleicht doch impfen lassen wollen.

Besser ist aus Albers' Sicht ein flächendeckendes Testen vor Restaurantbesuchen und Veranstaltungen: „Die Abschaffung der kostenlosen Bürgertests war völlig unsinnig.“ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich bereits offen für eine Wiedereinführung der kostenlosen Tests gezeigt.

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