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Verrat für nette Stunden

■ Funny-Club: Ein ranghoher Milieu-Fahnder im Visier der Polizei

Fahndung im Rotlichtmilieu hat auch seine Reize – zumindest hat das Edelbordell Funny Club am Lokstedter Steindamm nicht nur aus kriminaltechnischen Aspekten Anziehungskraft auf Fahnder des Landeskriminalamtes LKA gehabt: Der ranghohe LKA-Beamte Karl-Heinz S. (52), lange Zeit im „Dezenat Organisierte Kriminalität (OK)“ tätig und zuletzt als LKA-Koordinator für Razzien und Ermittlungen eingesetzt, ist nun selbst ins Visier des „Dezernats Interne Ermittlungen“ (DIE) geraten. Er soll womöglich im Gegenzug für verbilligte Logis geheime Polizeiaktionen und -razzien ausgeplaudert haben. „Wir können nur bestätigen, dass der Verdacht der Vorteilsnahme besteht und dass es Durchsuchungen gegeben hat“, gibt sich Staatsanwaltschafts-Sprecher Rüdiger Bagger wortkarg. Dabei soll im Tresor des Bordells ein Schuldschein von S. in Höhe von 4000 Euro gefunden worden sein.

Der Funny Club ist erstmals Anfang 2000 in die Schlagzeilen geraten, als eine Zuhältergang das lukrative Etablissement – in dem nach hartnäckigen Gerüchten auch Politik und Prominenz verkehrt – übernehmen wollten, den Club mit MPs überfielen, Models vergewaltigten und Mitarbeiter auf offener Straße niederschossen. Da von dem Betreibern frühzeitig das „OK“ eingeschaltet wurde, das unter anderem den Club mit Videokameras überwachten, konnte die feindliche Ubernahme verhindert werden.

„Kalle“ S. ist nicht der einzige OK-Fahnder, der zu den Gästen des Edelbordells gehörte. So kam kürzlich in einem Prozess zutage, dass ein weiterer OK-Fahnder neben seinen Ermittlungen für das Dezernat gern auch mal privat den Club besuchte. Als dies rauskam, wurde er strafversetzt. Und selbst der Ex-Innenbehörden-Staatsrat Wolfgang Prill geriet im vorigen Jahr in den Sog um vermeintliche Besuche.

Dass die Funny-Club-Affäre nun hochkocht, verblüfft nicht. Nach dem OK-Chef Manfred Quedzuweit wegen des Verdacht-Vermerks über Prill versetzt wurde und DIE-Chef Thorsten Mehles das „OK“ übernahm, ist im LKA das Personalkarussell am Rotieren und werden Fehden und Rivalitäten über Medien ausgetragen. Magda Schneider

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