Vermisste Studenten in Mexiko: Protest, weil 43 fehlen
Demonstranten haben in mehreren Regionen Flughäfen besetzt und Autos angezündet. Sie fordern Aufklärung über das Schicksal Dutzender verschleppter Studenten.
![](https://taz.de/picture/80429/14/protest_mexico_dpa.jpg)
MEXIKO-STADT dpa/ap | Zwei Jahre nach Amtsantritt von Präsident Enrique Peña Nieto haben Demonstranten in mehreren Regionen Mexikos gegen die Regierung protestiert und Aufklärung über den mutmaßlichen Mord an 43 Studenten gefordert. Tausende Menschen marschierten am Montag vom zentralen Platz Zócalo in Mexiko-Stadt zum Unabhängigkeitsdenkmal. „Peña verschwinde“ und „Lebend habt ihr sie uns genommen, lebend wollen wir sie zurück“, skandierten sie. Vermummte griffen mehrere Bankfilialen an und lieferten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Ende September waren in der Stadt Iguala Dutzende junge Leute von der Polizei verschleppt und der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“ übergeben worden. Bandenmitglieder räumten mittlerweile den Mord an den jungen Leuten ein. Der Bürgermeister und seine Frau sollen für die Tat verantwortlich sein. Das Verbrechen hatte einmal mehr ein Schlaglicht auf die engen Verbindungen zwischen Politikern, Polizisten und Verbrechern in Mexiko geworfen.
Im Südwesten des Landes besetzten Demonstranten am Montag den Flughafen von Oaxaca und sprühten Graffiti wie „Uns fehlen 43. Nieder mit dem Regime“ und „Alle Macht dem Volke“ an die Wände. Angeführt vom nationalen Lehrerverband haben Demonstranten im Süden Mexikos die Zugänge zu einer staatlichen Ölraffinerie blockiert. Ein Vertreter des mexikanischen Ölkonzerns Pemex sagte am Montag in der Township Santa Maria El Tule, die Protestteilnehmer hielten Straßen besetzt, die auf die Anlage führten. In Chilpancingo im Bundesstaat Guerrero griffen Mitglieder der Lehrergewerkschaft den Sitz der Staatsanwaltschaft an und steckten mehrere Autos in Brand, wie die Zeitung Milenio berichtete.
Auf der wichtigsten Buchmesse des spanischsprachigen Raums in Guadalajara solidarisierten sich zahlreiche Schriftsteller, Verleger und Illustratoren mit den Familien der Verschleppten. Vor dem Pavillon des Gastlandes Argentinien auf der FIL zeigten sie Transparente mit der Zahl 43.
Staatschef in der Kritik
Wegen des mutmaßlichen Studenten-Massakers erlebt Staatschef Peña Nieto derzeit die bislang schwerste Krise seiner Amtszeit. Seine Zustimmungswerte sanken nach einer Umfrage der Zeitung Reforma auf 39 Prozent. Das ist der schlechteste Wert für einen mexikanischen Präsidenten seit der Wirtschaftskrise Mitte der 1990er Jahre.
Über zwei Monate nach dem Verbrechen besucht Peña Nieto in dieser Woche voraussichtlich den Ort des Geschehens. Er werde am Mittwoch wahrscheinlich nach Iguala reisen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Zuletzt stand der Staatschef wegen seiner zunächst zögerlichen Reaktion auf die Tat in der Kritik.
„Was in Iguala geschehen ist, markiert ein Vorher und Nachher“, sagte Peña Nieto im Bundesstaat Chiapas. Am Montag brachte er eine Reihe von Gesetzesinitiativen in den Kongress ein. Unter anderem will er die als korrupt geltenden städtischen Polizeieinheiten auflösen und die Zuständigkeiten der Strafverfolgungsbehörden neu regeln.
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