Verluste für Fotovoltaik-Betreiber: Deutscher Solar-Stau
Weil Solar-Anlagen nur verzögert ans Stromnetz kommen, drohen Investoren Verluste. Denn ab Januar 2010 gibt es weniger Geld für eingespeisten Solarstrom.
BERLIN taz | Weil der Anschluss privater Solarstromanlagen ans Netz stockt, können Investoren in finanzielle Bedrängnis geraten. Davor warnt der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV). Ursache ist der sinkende Einspeisetarif. So erhalten Anlagen, die erst 2010 ans Netz gehen, eine 9 Prozent geringere Einspeisevergütung als solche, die noch 2009 angeschlossen wurden.
Hintergrund ist die Verringerung der Einspeisevergütung, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt ist. Während der Satz für 2009 noch 43,01 Cent pro Kilowattstunde beträgt, gibt es ab 2010 nur noch 39,14 Cent pro Kilowattstunde. Da dieser Tarif für 20 Jahre festgeschrieben ist, sind die finanziellen Auswirkungen mitunter beachtlich. So bekommt ein Hausbesitzer mit 40 Quadratmeter Solarmodulen bei einem Anschluss in 2010 pro Jahr etwa 200 Euro weniger. Weitaus härter trifft es Investoren mit größeren Flächen: Je nach Größe betragen die Einbußen bis zu 4.000 Euro - pro Jahr.
Ursache des schleppenden Anschlusses ist der Boom beim Ausbau privater Solarstromanlagen. Gesunkene Preise für die Anlagen haben die Fotovoltaik zu einem attraktiven Geldanlageobjekt gemacht. Allein von Januar bis Oktober 2009 wurden 60.000 neue Anlagen installiert. Nun kommen die Netzbetreiber mit dem Anschluss nicht hinterher. Bereits im Oktober hatte der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft mitgeteilt, dass man "leider davon ausgehen müsse", nicht mehr alle Anlagen bis zum Jahreswechsel anschließen zu können - trotz Überstunden, Personalaufstockung und Samstagsarbeit.
Der SFV rät den Betroffenen deshalb zu einem ungewöhnlichen Schritt: Um die Vergütung für 2009 zu erhalten, reiche es aus, vor Zeugen eine Glühbirne mit Solarstrom zum Leuchten zu bringen. Das gelte laut EEG als "erstmalige Inbetriebnahme", so der SFV.
Die Clearingstelle EEG in Berlin, wo Streitigkeiten rund um das Gesetz geschlichtet werden sollen, ist vorsichtiger. Ob man mit diesem Trick gegen ein Gesetz verstößt, müsse noch geklärt werden. Allerdings plane die vom Umweltministerium finanzierte Behörde eine Veröffentlichung zu dem Thema. Die wird aber für die Betroffenen zu spät kommen - denn "aus Kapazitätsgründen" erscheint sie erst im nächsten Jahr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter