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Verleger Manuel Herder als CDU-KandidatDer große Erklärer

Manuel Herder, der bisher den Freiburger Traditionsverlag führte, will für die CDU in den Landtag. Warum tut er sich das an?

Möchte jetzt für die CDU in den Landtag: Manuel Herder Foto: Reiner Zensen/imago

Manuel Herder zeigt sich als großer Erklärer, der die Probleme durchdringt. Wenn er auf seinen digitalen Kundgebungen über das Weltklima spricht, formen seine Hände eine Kugel. Wenn er die Lösungsschritte für dieses globale Problem beschreibt, hackt er mit der Handkante die Luft vor sich in Scheiben. Herder, immer charmant und weltgewandt, führte bisher den Freiburger Traditionsverlag Herder in sechster Generation.

Jetzt zieht es den studierten Betriebswirt, Theologen und Japanologen für die CDU in den Landtag. Wenn er vorrechnet, dass das Paris-Ziel längst nicht ausreiche, um den Planeten zu retten, hat der ausgebildete Controller dafür selbst eine Excel-Tabelle angelegt. Wenn er erklärt, dass der CO2-Gehalt in der Luft in der Menschheitsgeschichte das Entstehen von Hochkulturen bedingt, beruft er sich auf Experten, die das passende Buch praktischerweise bei Herder herausgebracht haben. Und so gleichen seine Wahlkampfveranstaltungen manchmal einem Bücherabend, bei dem der Verleger nach dem Gespräch mit Walter Kohl, Hans Werner Sinn oder Lars Feld das Buch zum Thema in die Kamera hält.

„Wenn ich etwas kann“, sagt Herder, „dann ist es, die richtigen Fragen zu stellen.“ Das wirkt sympathisch gelehrt, aber auch ein wenig überdimensioniert für einen einfachen Landtagskandidaten, der einen sehr heterogenen Wahlkreis gewinnen will. Denn der Wahlkreis Freiburg I besteht aus ein bisschen Freiburg und ganz viel Schwarzwald.

Auch das ländlichere Milieu weiß Herder anzusprechen, schließlich ist er dort groß geworden. Deshalb veranstaltet Herder auch einen runden Tisch zum Thema Motorradlärm im Schwarzwald. Einerseits sorgen die Motorradrotten in normalen Zeiten für Tourismus, andererseits passt das ungebremste Rasen auch nicht so ganz zu einem, der die Welt ökologisch zum Sanierungsfall erklärt. Eine Antwort auf das Problem will Herder deshalb vorerst nicht geben, sondern erst mal zuhören.

Warum tut er sich das an?

Aber warum tut sich das einer an, der aus dem Traditionshaus Herder spätestens durch die Beteiligung an Thalia zu den Großen der Buchbranche zählt? Hat sich der Verleger von zwei lebenden Päpsten und einer Kaiserin (der japanischen) schon jemals eine Landtagsdebatte über, sagen wir, das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg, des Gesetzes zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts und der Gemeindehaushaltsverordnung“ angehört?

Herders Standardantwort zu seiner Motivation ist sein Opa, der in den 70er Jahren für die CDU im Bundestag saß und immer gesagt habe, Politik sei nicht schön, aber der Einsatz lohne sich. Die weniger pathetische Antwort liefert er danach. Nach der harten, aber letztlich erfolgreichen Umstrukturierung des Verlags in den letzten Jahren wolle er die Verantwortung dort in die Hände von Jüngeren geben. Herder ist nur noch Chef der Holding.

Die Rolle könnte schnell beendet sein

Deshalb will er sich eigentlich auch nicht zu der Meldung äußern, dass sein Unternehmen Thalia aus dem Flächentarifvertrag flieht, und verweist dazu an die Pressestelle. „Tarifflucht“, sagt er dann aber doch, fände er einen „polemischen Begriff“. Es sei doch die Freiheit des Unternehmers, einem Tarifvertrag beizutreten oder ihn zu kündigen, wenn der zu unflexibel geworden sei.

Ob der Politiker Herder funktionierende Flächentarifverträge für wünschenswert hält? Diese Frage lässt er offen. Und während Herder sich noch an seine neue Rolle gewöhnt, könnte sie fürs Erste auch schon wieder beendet sein. Freiburg ist schon länger tiefgrünes Pflaster. Und die Wahlkreistrends sprechen nicht gerade für den Verleger. Herder weiß: „Das ist kein Selbst­läufer.“

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