■ Kommentar: Verkünder schlechter Nachrichten Bei der CDU ist ein Posten frei
Die brave SPD war sauer auf die böse CDU. Die Union hatte einen richtig fiesen Wahlkampf geführt. Sie hielt für die Wähler Bonbons bereit, während die Genossen mit der harten Rute der Realität neben der Wahlkabine standen. Das, schworen sich die Sozialdemokraten, sollte nie wieder passieren. Also musste die CDU jetzt hoch und heilig versprechen, die Härten der Sparpolitik künftig „gemeinsam nach außen zu vertreten“. Großes Indianer-Ehrenwort.
Die Frage ist bloß: Ist darauf Verlass? Oder wird die CDU ihr schönes Versprechen vergessen, sobald die SPD-Abgeordneten ihre Hand zur Wiederwahl Eberhard Diepgens gehoben haben? Es ist schließlich nicht ganz leicht, die eigene Klientel fünf volle Jahre lang zu piesacken.
Keine Frage: Garantien müssen her! Einfachste Lösung: Man schiebt das Finanzressort einfach der CDU zu. Einziges Problem: Dass diese Lösung nicht ganz so prima ist, haben inzwischen auch die simpler gestrickten Gemüter in der SPD erkannt. Wozu noch in die Koalition gehen, wenn man alle einflussreichen Posten aufgibt?
Was also tun? Es gibt „Ideen“, versichern die Genossen. Da ließe sich einiges ausmalen. Zum Beispiel könnte die Finanzsenatorin ganz einfach das Parteibuch wechseln. Mit einem solchen U-Boot in den Reihen der Union könnte sich die SPD sogar mit mageren drei Senatorenposten begnügen. Einziger Nachteil: Die sozialdemokratische Vergangenheit der Senatorin ließe der CDU noch immer einen argumentativen Ausweg aus der Verantwortung.
Nein, die Koalitionäre werden – allen Sparschwüren zum Trotz – eine neue Planstelle schaffen müssen: Die CDU braucht einen Verkünder schlechter Nachrichten – wie wäre es mit Peter Hintze? Wird ein Theater geschlossen oder eine Planstelle gestrichen, müsste er die entsprechende Mitteilung auf CDU-Briefpapier vervielfältigen. In den Monaten vor der nächsten Wahl müsste sich die Zahl seiner Mitarbeiter ausweiten wie sonst nur die der ABM-Programme. Auch die Plakate müsste die SPD sicherheitshalber schon jetzt drucken lassen: „100 Prozent Berlin: Sparen Sie sich Ebi.“ Wahlkampf gegen sich selbst: Für die SPD gar nicht so neu, diese Idee. Ralph Bollmann
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