Verkehrspolitik der CDU in Berlin: Gefährliche Planungsdetails
Die lange geplante Umgestaltung der Torstraße in Mitte wird konkreter – und wieder nur vom Auto her gedacht, finden KritikerInnen der Pläne.
taz | Es gab mal eine Vision für die Torstraße: Eine „attraktive Straße mit hoher Aufenthaltsqualität“ sollte aus der Ost-West-Achse werden. Gemäß Mobilitätsgesetz werde es „komfortable Radverkehrsanlagen“ geben, die Gehwegbreiten würden erhalten und behindertengerecht ausgebaut, der Raum für Kfz-Stellplätze reduziert. So lautete 2022 der Plan der damals grün geführten Senatsverkehrsverwaltung. Dann wechselten die politischen Mehrheiten.
Nun hat das Haus unter Senatorin Ute Bonde (CDU) den Planungsstand in Sachen Torstraße veröffentlicht – und wieder einmal klar gemacht, dass sie die grünen Ideen für Bullerbüträume von gestern hält: Nach Bedenken von Anliegern, Gewerbetreibenden und Feuerwehr habe man alles noch einmal geprüft und „Defizite im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der verkehrlichen Leistungsfähigkeit“ festgestellt. Konkret: Es habe zu wenig (nämlich gar keine) Stellplätze geben sollen, Lieferverkehr und Einsatzfahrzeuge hätten zu wenig Spielraum gehabt. Das wurde nun korrigiert.
Bei Mobilitäts- und Umweltorganisationen kommt das gar nicht gut an. „Alle Ziele ordnen sich dem unbedingten Erhalt als Autoschneise mit vier Fahrspuren unter“, kritisiert der BUND. So werde ein Hochbord-Radweg auf der südlichen Seite von der aktuellen Gehwegbreite „abgezwackt“, und „dutzende gesunde Bäume“ würden dem Umbau geopfert. „Diese Planungen werden ausgerechnet zu einem Zeitpunkt bekannt, an dem sich die schwarz-rote Koalition für ihre sehr spät entdeckte Baumliebe aufgrund des Baumentscheids feiert.“
Der Querschnitt der Torstraße hätte „alle Möglichkeiten“ geboten, „Stadtnatur, Klimaanpassung, Verkehrswende und den Bedarf für motorisierten Verkehr unter einen Hut zu bringen“, indem man – wir zuerst vorgesehen – die Auto-Spuren auf eine pro Richtung reduziert hätte, findet der BUND. „Schwächen des früheren Entwurfs“ hätte man durch abwechselnde Lieferzonen auf beiden Straßenseiten und eine überbreite Radspur als „Safety Lane“ für Einsatzfahrten lösen können.
Der Verein Changing Cities bemängelt über das Grundsätzliche hinaus auch gefährliche Planungsdetails: So ende der Rad-Schutzstreifen in Richtung Osten rund 40 Meter vor dem Rosenthaler Platz im Nichts, an der Gartenstraße kreuzten eine Fahrradstraße und ein Schulweg die Torstraße ohne Ampel. „Egal was die Regelwerke vorschreiben, Senatorin Bonde und ihre Verwaltung setzen das Wahlversprechen der CDU um: Für den Autoverkehr alles, für alle anderen nichts“, meint Changing-Cities-Sprecherin Ragnhild Sørensen.
Die MobilitätsaktivistInnen wünschen sich nun viel Beteiligung bei zwei Terminen: Am Mittwoch lädt das Bezirksamt Mitte in die Begegnungsstätte „Mehr Mitte“ ein. Dort stehen die Stadträte für Stadtentwicklung sowie für Straßen und Grünflächen, Ephraim Gothe (SPD) und Christopher Schriner (Grüne), zum Dialog bereit. Und am 19. 11. will die Senatsverwaltung in ihren Räumen in der Brunnenstraße 111 informieren.
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