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Verkauf der HSH NordbankVerhandlungen kurz vor Abschluss

Trotz eines möglichen Erlöses von 700 Millionen Euro drohen Hamburg und Schleswig-Holstein Verluste in Höhe von 27 Milliarden Euro.

Kennt sich aus mit Schieflagen: Die HSH Nordbank Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Sondierungsverhandlungen stehen kurz vor dem erfolgreichen Abschluss. „Der Verkauf der HSH Nordbank wird wohl gelingen, sogar zu einem unerwartet hohen Preis“, sagt ein mit den Verkaufsverhandlungen vertrauter Insider der taz.

Bis zum 28. Februar läuft die Frist für das sogenannte Signing, dann muss der Vorvertrag mit den wichtigsten Klauseln unterschrieben werden. Der offizielle Vertrag dürfte nach Prüfung durch die Europäische Kommission im Herbst unterzeichnet werden. Dann wären die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ihre Verantwortung für die HSH Nordbank los – und um einen zweistelligen Milliardenbetrag ärmer.

Rund 700 Millionen Euro bieten die beiden US-Finanzinvestoren Cerberus und Flowers für die krisengeschüttelte HSH Nordbank, bestätigte der Insider. Hamburg und Schleswig-Holstein führten jetzt Verhandlungen über Detailfragen mit den beiden Interessenten. Zwei weitere Anbieter, Apollo aus den USA und Socrates Capital aus Großbritannien, seien demnach aus dem Rennen.

Offizielle Stellen in Hamburg und Schleswig-Holstein hüllen sich in beredtes Schweigen. Lediglich die Kieler Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) ließ sich vorige Woche den Satz entlocken, „das Privatisierungsverfahren läuft gut“.

Fall einer Bank

Die HSH Nordbank AG entstand am 2. Juni 2003 durch die Fusion von Hamburgischer Landesbank und der Landesbank Schleswig-Holstein.

Sie ist seitdem die gemeinsame Landesbank der beiden Bundesländer, die fast 90 Prozent der Anteile halten.

Weitere Eigentümer sind der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein mit 5,85 Prozent und ein Konsortium unter Führung des US-Investors J.C. Flowers & Co. LLC mit 5,1 Prozent.

Im Zuge der weltweiten Finanz und Schifffahrtskrise ab 2007 stürzte die HSH Nordbank, damals der weltgrößte Finanzierer von Schiffsneubauten, wegen ihrer riskanten Kreditgeschäfte ins Bodenlose. Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein stehen mit mindestens 16 Milliarden Euro in der Haftung, die Linksfraktion in Hamburg hat sogar 27 Milliarden Euro errechnet.

Nach einer Vorgabe der EU muss die HSH Nordbank deshalb bis März 2018 verkauft oder abgewickelt werden – für mindestens einen Euro.

Und das liegt dem Vernehmen nach daran, dass die Aufteilung des Instituts in eine Kernbank und eine Abbaubank besser funktioniert als erhofft. Danach machte die „good bank“ im vorigen Jahr mit erneuerbaren Energien einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro, in diesem Jahr soll es ähnlich gut aussehen. Das Volumen der mehr als 250 Projekte im Wind- und Solar­be­reich beläuft sich auf rund fünf Milliarden Euro: „Damit stehen wir bei Erneuer­baren Energien in der ersten Reihe“, heißt es dazu auf der Website der Bank.

Denn Wind- und Solarprojekte gelten nicht als windige Geschäfte. Sie boomen ungebrochen, auf einen Einbruch wie vor einem Jahrzehnt in der Weltschifffahrt deutet nichts hin: Die Schuldner können ihre Kredite bedienen, das Risiko für die Bank tendiert gegen Null.

Auch das trug dazu bei, dass die HSH Nordbank positive Zahlen für 2016 vorlegen konnte. Auch in den ersten neun Monaten des Jahres 2017 sah es gut aus. Der Gewinn vor Steuern stieg gegenüber dem Vorjahr um weitere zehn Prozent auf 201 Millionen Euro, das Konzernergebnis um acht Prozent auf 176 Millionen Euro. Die Kernbank machte mit Neugeschäften einen Umsatz von 6,4 Milliarden Euro, was einem Plus von elf Prozent entspricht.

„Die Bank entwickelt sich positiv, ist mittlerweile robust aufgestellt und hat die Basis für eine erfolgreiche Zukunft in privater Eigentümerstruktur geschaffen“, kommentierte HSH-Vorstandschef Stefan Ermisch die Zahlen nach dem dritten Quartal 2017.

Insgesamt ist die HSH Nordbank seit dem Beginn der Krise um mehr als die Hälfte geschrumpft und beschäftigt jetzt erstmals weniger als 2.000 Vollzeit-Mitarbeiter. Aus Sicht möglicher Investoren ist das durchaus verlockend, zumal nach einem Eigentümerwechsel etliche Arbeitsplätze entfallen dürften. Der neben Hamburg zweite HSH-Sitz in Kiel mit seinen knapp 800 Beschäftigten dürfte nur in deutlich reduzierter Form erhalten bleiben.

Im jüngsten Mitarbeiter-Magazin erklärt Bankchef Ermisch, er habe „keinen Zweifel an einer erfolgreichen Privatisierung. Auch werde in der Bank „ein anderer Wind wehen“, wenn ein New Yorker Finanzinvestor das Sagen habe. „Er wird das Rad nicht neu erfinden, aber das Rad wird sich schneller drehen“, glaubt Ermisch. „Diese neue Situation wird uns fordern, aber sie wird uns auch Spaß machen.“

In der HSH Nordbank wird ein anderer Wind wehen, wenn ein New Yorker Finanzinvestor das Sagen hat. Er wird das Rad nicht neu erfinden, aber das Rad wird sich schneller drehen

Stefan Ermisch, Vorstandschef HSH Nordbank

Aber nicht allen, auch nicht in den beiden Landesparlamenten und Landesregierungen. Denn neben der aufgehübschten Kernbank steht weiterhin die Abbaubank, und die verbleibt bei den Ländern. In dieser „bad bank“ sind die faulen Schiffskredite gebündelt worden, an denen selbstredend kein Investor interessiert ist. Zwar ist es offenbar gelungen, diese Altlasten deutlich zu reduzieren, richtig attraktiv indes klingt es dennoch nicht. Vor einem Jahr lag die Belastung noch bei 21 Milliarden Euro, zurzeit sind es angeblich nur noch rund zehn Milliarden Euro, für die die Länder haften.

Aber auch hier steckt der Teufel im Detail. Zum einen verzichtete die HSH Nordbank zur Bilanzbereinigung bei einigen Großkunden auf Tilgung der Kredite. So wurden zwei Hamburger Reedern voriges Jahr mal so eben rund 1,3 Milliarden Euro erlassen. Die Schulden sind weg, das Geld aber ebenfalls. 2016 kauften Hamburg und Schleswig-Holstein der Nordbank einen weiteren Packen fauler Kredite für 2,45 Milliarden Euro ab. Jetzt wurde bekannt, dass deren Wert nur noch bei knapp 1,7 Milliarden Euro liege: Der Verlust von mindestens 700 Millionen Euro geht zu Lasten der beiden Staatskassen.

Die Zeche zahlen die Steuerzahler

Die Zeche zahlen also die Steuerzahler. Hamburg und Schleswig-Holstein werden nach dem Verkauf der HSH Nordbank mindestens 13 Milliarden Euro verlieren, die sie als Eigenkapital in die Bank gepumpt haben oder als Verlustgarantie zu tragen haben. Der Haushaltsexperte der Hamburger Linksfraktion, Norbert Hackbusch, befürchtet sogar ein Minus von bis zu 27 Milliarden Euro.

„Wir sprechen hier über den größten Finanzskandal für Hamburg und Schleswig-Holstein“, sagt Hackbusch. Gern würde er mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in der Bürgerschaft „die miesen Nordbank-Deals“ unter die Lupe nehmen. Das aber geht erst nach dem Verkauf. „Das Ganze“, sagt Hackbusch, „ist ein Blindflug.“

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