Verheerende Überschwemmungen in Pakistan: Klimakrise trug zu Flut bei
Pakistan kämpft noch mit den Folgen des außergewöhnlich starken Monsuns im August. Der Starkregen war kein Zufall.
Die Tragödie ist nicht nur Schicksal – der Mensch hat durch das Aufheizen der Atmosphäre dazu beigetragen. Das ist Ergebnis einer Schnellstudie von Klimaforscher:innen, die den ungewöhnlichen Starkregen untersucht haben. Für die besonders betroffenen Provinzen Sindh und Baluchistan zeigten einige Modellrechnungen, dass die Regenmenge über einen besonders schlimmen Fünf-Tage-Zeitraum bis zu 50 Prozent höher war, als es ohne Klimawandel der Fall gewesen wäre.
Hinter der Analyse steckt das Netzwerk World Weather Attribution um die deutsche Klimawissenschaftlerin Friederike Otto vom Imperial College in London. Sie gilt als Pionierin der Attributionswissenschaft, einem Strang der Klimaforschung, der den Anteil des Klimawandels an Extremwetterereignissen ermittelt.
Das Netzwerk berechnet mit Computermodellen die Wahrscheinlichkeit von Wetterextremen vor der Industrialisierung und vergleicht sie mit heutigen Daten der um 1,2 Grad erwärmten Erde.
Müssen Industrieländer Klima-Schadensersatz leisten?
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die diesjährigen Überschwemmungen jetzt jedes Jahr wiederholen, liege bei einem Prozent, heißt es in der Studie. Allerdings gebe es erhebliche Unsicherheiten. Weil die Regenfälle in Pakistan von Natur aus sehr wechselhaft sind, sei es schwierig, den Einfluss des Klimawandels genau zu quantifizieren, berichtet das Netzwerk. „Wir können aber mit großer Sicherheit sagen: Die Chance, dass so etwas passiert, wäre ohne Klimawandel geringer gewesen“, sagte Otto.
Das passt zum Stand der Klimaforschung: Dass in Südasien der Monsun im Zuge der Erderhitzung wahrscheinlich stärker wird, hat auch der Weltklimarat IPCC prognostiziert. Der wertet in seinen Sachstandsberichten alle relevanten Forschungsarbeiten zur Klimakrise aus.
Die Autor:innen der aktuellen Schnellstudie weisen aber auch darauf hin, dass die dramatischen Auswirkungen der Regenfälle nicht nur mit deren Intensität zu tun haben – sondern auch mit der Verletzlichkeit vor Ort.
Die Sozialwissenschaftlerin Ayesha Siddiqi von der Universität Cambridge sagte, schlechtes Wassermanagement habe die Folgen der Überschwemmungen verschlimmert – das stamme noch aus der Zeit der britischen Kolonialherrschaft. Unter anderem hätten die Wassermassen nicht zügig abfließen können.
Dass die Klimakrise das Unwetter begünstigt hat, spielt für Siddiqi auch in Hinblick darauf eine Rolle, wer für den Schaden aufkommt. Schließlich sind die Industriestaaten hauptsächlich für die Treibhausgas-Emissionen seit Beginn der Industrialisierung verantwortlich, nicht arme Länder wie Pakistan. „Pakistan sollte absolut Reparationen verlangen“, sagte sie.
UN-Chef spricht von „Klima-Massaker“
Ob die reichen Länder in solchen Fällen Schadensersatz zahlen sollten, ist immer wieder Gegenstand der internationalen Klimaverhandlungen. Bislang ist Schottland das einzige Industrieland, dass Geld zur Verfügung gestellt hat, das arme Länder für den Umgang mit Schäden und Verlusten einsetzen dürfen.
Die anderen Staaten zahlen bisher nur zweckgebunden für Projekte zur Minderung der Emissionen und für Anpassung an den Klimawandel. Sie haben Angst davor, dass schon einzelne Reparationszahlungen juristisch als Schuldeingeständnis für die Klimakrise gewertet werden könnten – und eine vollumfängliche Haftung nach sich ziehen würden.
UN-Generalsekretär António Guterres brachte das Unglück in Pakistan schon bei einem Besuch am vergangenen Wochenende mit dem Klimawandel in Verbindung: „Ich habe schon viele humanitäre Desaster auf der Welt gesehen, aber ein Klima-Massaker dieser Größenordnung habe ich noch nie erlebt.“
Schon im Frühjahr hatte Pakistan zusammen mit Indien unter einem Wetterextrem gelitten, das mit der Klimakrise zu tun hatte, nämlich einer Hitzewelle. Die Erderhitzung infolge menschlicher Treibhausgasemissionen hatte die für die Jahreszeit extremen Temperaturen 30-mal wahrscheinlicher gemacht.
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