Verhandlungen zum Brexit: Gesetz in der Warteschleife
Das britische Unterhaus billigt das Binnenmarktgesetz, das die EU zuvor scharf kritisiert hatte. Doch damit tritt es noch lange nicht in Kraft.
29 Konservative enthielten sich, darunter Expremierministerin Theresa May, Wortführerin der Kritiker des Gesetzes, das aus ihrer Sicht das internationale Vertrauen in die Vertragstreue Großbritanniens untergräbt.
Das Gesetz ist auch von der EU scharf kritisiert worden. Nach seiner Veröffentlichung vor drei Wochen hatte die EU-Kommission Großbritannien ein Ultimatum bis Ende September gesetzt, die umstrittenen Klauseln zurückzuziehen, die der Regierung das Recht geben, gewisse Entscheidungen zu Nordirland zukünftig im Alleingang zu treffen. Ein Abbruch der laufenden Gespräche über ein Handelsabkommen für die Zeit ab 2021 stand im Raum.
Die Regierung von Premierminister Boris Johnson aber blieb hart. Sie nahm lediglich den Vorschlag aus den eigenen Reihen an, die Anwendung der umstrittenen Klauseln unter Parlamentsvorbehalt zu stellen.
Einigung bis Ende Oktober möglich
Inzwischen allerdings ist aus dem Streit der Dampf entwichen. Das hat verschiedene Gründe. Die Gespräche über ein Handelsabkommen zwischen London und Brüssel sind in den letzten Wochen offenbar schneller vorangekommen als bislang möglich schien.
Die Angst der EU-Seite vor unilateralen Handlungen der britischen Seite sowie die Angst der britischen Seite vor EU-Strafmaßnahmen scheint beide Seiten zu Kompromissen angespornt zu haben. Eine Einigung bis Ende Oktober wird für möglich gehalten. In einem solchen Fall dürfte das Binnenmarktgesetz seinen Schrecken verlieren, da die meisten Voraussetzungen für die Anwendung der umstrittenen Bestimmungen dann entfallen würden.
In Erwartung einer solchen Entwicklung hat die Regierung Johnson die weitere Behandlung des Gesetzes im Oberhaus auf die lange Bank geschoben. Es dürfte dort frühestens Mitte Oktober auf die Tagesordnung kommen. Sollten die Lords es verändern, müsste sich erneut das Unterhaus damit befassen, womit nicht vor Dezember zu rechnen wäre.
Bis dahin gibt es entweder schon ein Handelsabkommen mit der EU und das Gesetz wird weitgehend überflüssig – oder die Gespräche sind vollends zusammengebrochen und dann macht jede Seite ohnehin, was sie will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“