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Verhandlungen von Kosovo und SerbienDie Mühen des Albin Kurti

Verhandlungen über eine gegenseitige Anerkennung Kosovos und Serbiens stecken fest. Premierminister Albin Kurti gibt dafür Serbien die Schuld.

Kosovos Albin Kurti in der kosovarischen Hauptstadt Prishtina Foto: Visar Kryeziu/ap

PRISHTINA taz | Die Stimme des kosovarischen Premierministers Albin Kurti war bestimmt und klar. Er sei bereit gewesen, den schon lange vorbereiteten und verhandelten Vertrag zwischen Serbien und Kosovo zu unterschreiben, erklärte der wegen seiner Reise nach Brüssel keineswegs angeschlagene Kurti vor Dutzenden von Journalisten, die am Freitagabend schon gespannt auf ihn gewartet hatten.

Die EU-Vermittler wollten ihre Bemühungen zwar fortsetzen, sagte Kurti auf dem Weg in den ­Empfangsraum seines Büros, doch der serbische Präsident Aleksandar Vučič müsste endlich ein Zeichen setzen. Vučič habe schon Ja gesagt, sein Ja aber wieder zurückgezogen. Kurti dazu: „Wer einmal Ja gesagt hat, sollte zu seinem Wort stehen.“ Das gelte auch für ihn selbst.

Die Frage eines Verbundes der serbischen Gemeinden in Kosovo hatte zu langen und erbitterten Kontroversen in Kosovo selbst geführt. Denn die serbischen Gemeinden im mehrheitlich albanischstämmigen Kosovo verfügen bereits über Selbstverwaltungsrechte wie keine andere Minderheit in Europa. Mit rund 7 Prozent der Bevölkerung kontrollieren sie fast 20 Prozent des kleinen Landes. Serbien möchte einen Verbund durchsetzen, der mit noch weitergehenden Rechten ausgestattet ist und damit in der Lage wäre, Kosovo von innen her zu blockieren. Dass Kurti bereit war, den Serben so weit entgegenzukommen, hatte bei seinen Anhängern Befürchtungen ausgelöst.

Der EU-Entwurf ist dem Grundlagen­vertrag zwischen BRD und DDR nachempfunden

Kurti habe sich unter dem Druck der EU und der USA auf Kompromisse eingelassen, die zu weit gingen, hieß es aus den Reihen seiner eigenen Partei Vetevendosje (Selbstbestimmung). Vertreter der ehemaligen Regierungspartei PDK wie etwa Ex-Außenminister Enver Hoxhaj hingegen sagen, Kurti müsse nachgiebig sein, um die westlichen Mächte nicht verprellen.

Geben die europäischen Vermittler eine gute Figur ab?

Der nun vorliegende Vertragsentwurf sieht neben der Schaffung des serbischen Gemeindeverbandes vor, dass sich Serbien und Kosovo in praktischen Belangen, wenn auch nicht völkerrechtlich, wechselseitig anerkennen. Die Grundzüge des EU-Entwurfs – der dem Grundlagenvertrag zwischen der BRD und der DDR nachempfunden ist – liegen seit Februar vor. Vučič weigerte sich seitdem mehrmals, diesen auch für Kosovo schmerzhaften Kompromiss zu akzeptieren.

Um den Druck auf die beiden Staaten zu erhöhen, hatten sich am Donnerstag in die Gespräche mit dem EU-Außenkommissar Josep Borrell auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eingeschaltet, heißt es in Prishtina.

„Ich war bereit, dem EU und US Vorschlag über einen Verbund der serbischen Gemeinden im Kosovo zusammen mit dem Basis-Abkommen und dem Annex zu unterzeichnen“, sagt Kurti, er habe keinem serbischen Vorschlag zugestimmt. Kurti stellt klar, Serbien müsste andererseits dazu bereit sein, Kosovo diplomatisch entgegenzukommen, etwa die Aufnahme Kosovos in internationale Organisationen wie die UNO öffnen. Das hat Serbien aber klar zurückgewiesen.

Dass die europäischen Vermittler vielleicht in diesem Konflikt nicht die beste Figur abgeben, will Kurti nicht kommentieren. Er lächelt leicht über die Bemerkung, der wankelmütige katalanische Sozialdemokrat Josep Borrell und der Slowake Miroslav Lajčak kämen ja beide aus Staaten, die Kosovo nicht anerkannt haben. Über ihre Forderung an ihn, alle Vorbedingungen für Gespräche fallenzulassen, geht er jetzt hinweg. Deutschland habe sich aber als positiver Faktor erwiesen, sagt Kurti noch. Er meint dies auch so.

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