Verhandlung über Pussy-Riot-Mitglied: Per Video ins Gericht zugeschaltet
Ein russisches Gericht verhandelt über die vorzeitige Haftentlassung von Pussy-Riot-Mitglied Maria Alechina. Selbst teilnehmen darf sie aber nicht.
MOSKAU afp | Das Mitglied der russischen Punkband Pussy Riot Maria Alechina hat am Mittwoch vor Gericht erneut ihre vorzeitige Entlassung aus der Lagerhaft gefordert. Alechina legte Berufung gegen eine Gerichtsentscheidung ein, die ihr eine vorzeitige Freilassung verwehrt hatte. Per Video in das Gerichtsgebäude im ostrussischen Perm zugeschaltet, habe sie ihre Forderungen dargelegt, berichtete die russische Nachrichtenagentur RAPSI.
Alechina wurde in einem Straflager in Beresniki im Ural inhaftiert. Im Mai hatte es das dortige Gericht abgelehnt, die 25-jährige Mutter eines kleinen Kindes vorzeitig aus der Haft zu entlassen. Sie war daraufhin in einen elftägigen Hungerstreik getreten, mit dem sie dagegen protestierte, dass das Gericht ihr nicht die Möglichkeit gegeben hatte, persönlich an der Verhandlung ihres Antrags teilzunehmen. Vor der Verhandlung ihres Berufungsantrags wurde Alechina von Beresniki in ein Gefängnis in Perm verlegt, dennoch nahm sie nur per Videoschaltung an der Verhandlung teil.
Auch das Pussy-Riot-Mitglied Nadeschda Tolokonnikowa hatte eine vorzeitige Haftentlassung gefordert, was bereits Ende April abgelehnt wurde. Ihr Einspruch dagegen soll am Freitag verhandelt werden.
Tolokonnikowa verbüßt ihre Strafe in einem Lager in der ostrussischen Region Mordowien. Sie und Alechina waren im Februar 2012 festgenommen worden, als sie in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale aus Protest gegen den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatschef Wladimir Putin ein sogenanntes Punk-Gebet aufführten.
Protest internationaler Künstler
Im August 2012 wurden sie wegen „Anstachelung zu religiösem Hass“ und „Rowdytums“ zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt. Die mit ihnen festgenommene Aktivistin Jekaterina Samuzewitsch kam im Oktober auf Bewährung frei.
In einem am Montag veröffentlichten Brief hatten sich mehr als hundert internationale Künstler, darunter Musiker wie Madonna, Elton John, Bob Geldof und Adele, für die Freilassung von Alechina und Tolokonnikowa eingesetzt. In ihrem Brief verwiesen sie auf die Bedeutung des „schockierend unfairen“ Verfahrens für Künstler, Musiker und Bürger in aller Welt.
Zuvor war der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny am vergangenen Donnerstag wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt und nur 23 Stunden später wieder freigelassen worden. Nach Angaben des Bloggers und Anwalts hatten am Donnerstag in Moskau „mehr als 10.000 Menschen“ gegen seine Verurteilung protestiert. Für ihn gebe es keine andere Erklärung, als dass Putin „auf Druck der Menschen, die auf die Straße gegangen sind, seine Entscheidung geändert hat“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl