Vergütung für Ausstellungen: Brotlose Kunst
Was für Musiker normal ist, gilt für bildende Künstler nicht. Sie verdienen nur am Verkauf ihrer Arbeiten, nicht an Ausstellungen. Berlin will das ändern.
Ohne Künstler keine Kunst. Ohne Kunst keine Museen und Galerien. Trotzdem werden bei Ausstellungen häufig nur die Mitarbeiter der Institutionen bezahlt. Es gibt kein Gesetz, das die Vergütung von bildenden Künstlern regelt.
Das will die Initiative Ausstellungsvergütung ändern und lud deshalb am Dienstag ins Verdi-Haus in Berlin ein. Zuerst wurde die langjährige Kontroverse skizziert: Die Annahme, dass Künstler vor allem vom Verkauf ihrer Kunst leben, sei überholt, eine Ausstellungsvergütung muss die Arbeit der Künstler honorieren.
Gegner eines solchen Gesetzes argumentieren, dass sich kleinere Kommunen aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung zu einer Vergütung weniger Ausstellungen leisten könnten. Befürworter bringen die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst ins Spiel, die sich nach einer gesetzlichen Regelung um eine solidarische Verteilung kümmern könnte. Ausgenommen werden sollen in dem Gesetz Orte des Kunsthandels wie Galerien und Auktionshäuser, wo die Künstler tatsächlich am Verkauf ihrer Kunst verdienen.
Eine Zwischenlösung stellte Ingrid Wagner aus dem Büro des Berliner Kultursenators Klaus Lederer vor. Das Land Berlin hat einen zentralen zweckgebundenen Etat, aus dem Ausstellungshonorare an Künstler gezahlt werden. Kommunale Galerien und Kunstvereine können diese beantragen und belasten so nicht ihren eigenen Etat. Das Mindesthonorar für eine Einzelausstellung ist dabei 2.000 Euro.
Hemmt Bezahlung die Kreativität?
Bei der Diskussion mit den politischen Entscheidern befürworteten Tabea Rößner von den Grünen und Sigrid Hupach von der Linken die Ausstellungsvergütung. Durch das ungehaltene Auftreten des Bundestagsabgeordneten Philipp Lengsfeld wurde die bis dahin schöne Einigkeit gestört. Er plädierte für eine freie Marktwirtschaft, begrüße Honorare, lehnt aber, als ein Mann, der „gegen Bürokratie kämpft, wo sie ihm begegnet“, eine gesetzliche Regelung ab. Formulare würden die Kreativität hemmen.
Beiträge aus dem Publikum zeigten: Die Fronten zwischen Künstlern und Vertretern von Ausstellungsinstitutionen sind verhärtet. Doch während kontrovers über die brotlose Kunst diskutiert wird, steht klar im Raum, wie viele Menschen ohne sie brotlos wären.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag